Die Notwendigkeit der ehesten Beseitigung der Todesstrafe kann
heute von niemanden mehr mit ernstlichen Argumenten bestritten
werden. Schon die bloße Tatsache, daß ein Justizirrtum
nach vollzogener Todesstrafe nie wieder gutgemacht werden kann,
müßte hinreichen, um die Beseitigung dieser Strafart
zu begründen, während für ihre Aufrechterhaltung
kein stichhältiges Argument besteht. Insbesondere versagt
der Hinweis auf die Abschreckungstheorie, - ganz abgesehen davon,
daß diese Theorie von der modernen Strafrechtswissenschaft
längst überwunden wurde - weil die Erfahrung gelehrt
hat, daß die Morde in den Ländern mit Todesstrafe keineswegs
seltener sind, als dort, wo diese barbarische Institution nicht
mehr besteht. Das Anwendungsgebiet der Todesstrafe wird denn auch
durch die Entwicklung des Strafrechtes mehr und mehr eingeschränkt.
In Holland ist sie bereits seit dem Jahre 1870, in Belgien seit
1877 abgeschafft, in Norwegen wurde sie 1905 aufgehoben, in Dänemark
besteht sie zwar noch auf dem Papier, wurde aber seit d em Jahre
1892 nicht mehr angewendet. In Österreich wurde sie 1918
beseitigt, ebenso ist sie abgeschafft in 15 von den 25 Kantonen
der Schweiz, in 8 Staaten der Vereinigten Staaten von Amerika,
in Finnland, Litauen, Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Honduras,
Peru, Uruguay, Venezuela, Queensland. In Deutschland, wo die Todesstrafe
noch besteht, wird die Bewegung gegen sie immer stärker und
der Eindruck der in jüngster Zeit bekanntgewordenen Justizirrtümer
wird diese Bewegung sicher wesentlich beschleunigen.
Diese Entwicklung in der ganzen Welt beweist, daß die moderne
Strafjustiz sehr wohl ohne dieses mittelalterliche Institut auskommen
kann, ohne daß die Kriminalität deshalb wüchse.
Es wäre daher hoch an der Zeit, daß auch die Èechoslovakei
in die Reihe der Staaten mit modernem Strafrecht eintritt, in
denen die Todesstrafe abgeschafft ist. Leider sind in der Èechoslovakei
in dieser Richtung k einerlei Fortschritte zu verzeichnen. Es
sind seit Gründung des Staates über 100 Personen zum
Tode verurteilt worden und wenn auch nur wenige tatsächlich
hingerichtet wurden, so beweist doch gerade dieser Umstand, daß
die Todesstrafe überflüssig ist. Wohl hat der Herr Justizminister
in einem Interview, das er im September 1927 gegeben hat, mitgeteilt,
daß die Todesstrafe in dem in Vorbereitung befindlichen
neuen Strafgesetz sehr eingeschränkt werden soll und er hat
in ein er Rede, die er im Mai dieses Jahres in Bratislava hielt,
sogar erklärt, daß sie nur im standrechtlichen Verfahren
beibehalten werden soll. Aber bis zur Neuregelung des Strafrechtes
ist noch ein weit er Weg, dessen Dauer sich heute gar nicht abschätzen
läßt, und die Erklärung, mit welcher der Minister
für Gesundheitswesen im Gesundheitsausschuß des Abgeordnetenhauses
anläßlich der Beratung der Anträge zur Aufhebung
des § 144 selbst von der unwesentlichen Milderung, welche
die bisher veröffentlichte Studie des Strafgesetzentwurfes
vorsah, schroff abgerückt ist, beweist, daß die Aufnahme
einer fortschrittlichen Bestimmung in den Strafgesetzentwurf noch
lange nicht die Verwirklichung dieses Fortschrittes bedeutet.
Dabei wäre die Abschaffung der Todesstrafe durch ein Gesetz
von zwei Paragraphen binnen wenigen Tagen durchzuführen.
Es ist daher bedauerlich, daß die Justizverwaltung die von
den Abgeordneten Hillebrand und Genossen sowohl in der ersten,
als auch in der zweiten Legislaturperiode eingebrachten Anträge
(Druck Nr I 1989 und II 52, einfach unbeachtet gelassen und nichts
dazu getan hat, um sie zur Beratung und Beschlußfassung
zu bringen.
Wir fragen daher den Herrn Minister:
Ist er bereit, ehestens einen Gesetzentwurf einzubringen, durch
welchen die Todesstrafe abgeschafft wird?
Prag, am 10. Juli 1928.
Das Tagblatt "Deutsche Post" in Troppau berichtet in
der Nummer vom 3. Juli 1928, daß der Gendarmeriewachtmeister
Brodecký von der Gendarmeriestation Groß-Hoschütz
beim Landwirt Robert Lusar in Klein-Hoschütz 13 Stück
der Broschüre "Parlaments- und Pressestimmne über
das Hultschiner Ländchen" beschlagnahmte, obgleich er
weder von der Staatsanwaltschaft, noch von einer anderen Behörde
dazu schriftlich ermächtigt war.
Da diese Broschüre die Zensur passiert hat und darin nichts
Anstößiges und gegen das Gesetz Verstossendes gefunden
wurde, ist das eigenmächtige Vorgehen des Gendarmeriewachtmeisters
jedenfalls ungesetzlich, unzulässig und ein arger Übergriff,
abgesehen von dem Schaden, der durch die Beschlagnahme der Broschüren
verursacht wurde.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister:
Sind Sie gewillt, diesen Vorfall sofort untersuchen zu lassen
und den Wachtmeister Brodecký für seinen Übergriff
der strengsten Bestrafung zuzuführen?
Sind Sie bereit, die Gendarmerieposten im Hultschiner Ländchen
anzuweisen, daß sie sich im Verkehre mit der Bevölkerung
im Hinkunft der größten Zuvorkommenheit bedienen?
Prag, am 9 Juli 1928.
Nach Zeitungsmeldungen erhielt in einer Ortschaft des Zwickauer
Bezirkes ein Kleingewerbetreibender eine Aufforderung des Zwickauer
Steueramtes, an Steuerrückständen sofort 1200 Kè
zu erlegen. Gegen diese Aufforderung brachte der Steuerpflichtige
eine Berufung ein, worauf er folgendes Schreiben erhielt:
"Aufforderung!
Unter Berufung auf die Bestimmungen des Par. 301 des Gesetzes,
betr. die direkten Steuern, werden Sie aufgefordert, die Rubrik
"Antwort" auf der Rückseite deutlich auszufüllen,
zu unterschreiben und die Antwort innerhalb 8 Tagen der Steueradministration
in Deutsch-Gabel einzusenden. Wenn Sie dieser Aufforderung nicht
nachkommen würden, könnte Ihnen eine Ordnungsstrafe
von 200 Kè auferlegt werden. Wissentlich unwahre Angab
en werden nach § 198 zit. Ges. bestraft."
Die Fragen lauten:
"1.) Wer hat Ihnen das hieramts eingereichte Gesuch betr.
Steuernachlaß verfaßt, bezw. geschrieben? Die genaue
Adresse ist anzugeben.
2.) Welches Entgelt haben Sie für die Abfassung der Eingabe
gegebeu, in Geld, Waren oder in anderer Form?
3.) Haben Sie mit der betreffenden Person sonstige Abmachungen
über die Entlohnung für diese Leistung getroffen? Haben
Sie z. B. vereinbart, daß Sie erst nach Erledigung der Eingabe
zu zahlen haben oder daß das Entgelt in bestimmten Prozenten
vom Nachlaß besteht?
4.) Sie werden aufmerksam gemacht, daß Sie eventuell verhalten
werden können, die Wahrheit Ihrer Angaben bei Gericht zu
beeiden.
Der Amtsvorstand: Unterschrift."
Diese Aufforderung ist jedenfalls gesetzlich nicht begründet,
unzulässig und ein arger Übergriff des Steueramtes,
da die gestellten Fragen mit der Steuerbemessung nichts zu tun
haben. Das Steueramt hat kein Recht, Nachforschungen darüber
anzustellen, durch wen die verschiedenen Eingaben verfaßt
werden, zumal es wohl heute den meisten Steuerzahlern bei der
Schwierigkeit der Steuergesetze unmöglich ist, die gesetzlichen
Bestimmungen genau zu kennen und in Anwendung zu bringen. Die
einzelnen Körperschaften und Standesorganisationen sind vielfach
sogar daran gegangen, eigene Steuerberatungsstellen einzurichten,
um den schwierigen Steuergesetzen entsprechen und richtig lautende
Eingaben vorlegen zu können. Dieses Beginnen sollte sogar
seitens der Steuerbehörden wärmstens unterstützt
werden, da dadurch viele unnütze Arbeit auch bei den Ämtern
erspart wird.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Finanzminister:
Sind Sie bereit, die merkwürdige steueramtliche Praxis in
Zwickau untersuchen zu lassen und den Beamten, welcher unter Mißbrauch
der Amtsgewalt vorliegenden Erlaß herausgegeben hat, der
strengsten Bestrafung zuzuführen?
Halten Sie es nicht für notwendig, die Beamten des Steuerreferates
eingehend darüber zu belehren, daß sie sich bei Ausübung
ihres Amtes von dem größten Wohlwollen der Steuerzahler
gegenüber leiten lassen?
Prag, den 8. Juli 1928.
Das Komotauer "Deutsche Volksblatt" schrieb dieser Tage:
"Der ehemalige Görkauer Strafrichter Janaušek,
der seinerzeit nächtlicherweise in Komotau einen argen Exzeß
provozierte, so daß er in polizeilichen Gewahrsam genommen
werden mußte, ist damals nach dem skandalösen Vorfall
vom Dienste suspendiert worden. Gleichzeitig hieß es, es
werde gegen ihn, wegen seiner Ausschreitungen - u. a. gebrauchte
er bekanntlich auch den Ausdruck "Deutsche Schweine"
- die Untersuchung geführt. Wir hatten damals dem Wunsche
Ausdruck gegeben, der mit Recht empörtenbeleidigten deutschen
Bevölkerung möge Genugtuung und das Ergebnis der Untersuchung
gegen diesen Richter möge bekanntgegeben werden. Wie das
skandalöse Verhalten des Herrn Bezirksrichters geahndet wurde,
ist uns bis heute nicht bekannt, wir sind aber in der Lage mitzuteilen,
daß Herr Bezirksrichter Janaušek zum Landesgerichtsrat
ernannt und dem Gerichte in Laun zugeteilt worden ist. Jedenfalls
wird die vorstehende Mitteilung von der deutschen Bevölkerung
mit großem Interesse aufgenommen werden." Die deutsche
Bevölkerung, welche durch den Richter Janaušek auf das
schwerste beleidigt wordenist, hat jedenfalls ein Interesse daran
zu erfahren, wie dieses skandalöse Vorgehen dieses Richters
gesühnt und bestraft wurde. Sie muß wohl mit Recht
verlangen, daß ein Mann mit solcher Gesinnung aus dem Richterstande
entfernt wird, da er die nötige Objektivität für
die Ausübung seines Amtes vermissen läßt. Engherzige
tschechische Chauvinisten sind als Richter über deutsche
Volksangehörige unmöglich und muß mit allem Nachdruck
darauf gesehen werden, daß sich der Richterstand von allen
Einflüssen, von welcher Seite immer, vollständig fern
halt.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister:
Sind Sie bereit bekanntzugeben, in welcher Weise der Richter Janaušek
für sein skandalöses Vorgehen bestraft wurde und wieso
es kommt, daß er trotz dieser Vorfälle sogar zum Landesgerichtsrat
befördert wurde?
Prag, den 9. Juli 1928.
Das Gehaltsgesetz reiht die literarischen Lehrerinnen an Fachschulen
für Frauenberufe in die III. Vorbildungsstufe ein. Auf Grund
dieser Einreihung beträgt der Anfangsgehalt dieser Lehrerinnen
9.000 Kè, der höchste erreichbare Gehalt 25.000 Kè.
Damit sind die literarischen Lehrerinnen an Fachschulen für
Frauenberufe gegenüber den Lehrern an Volks- und Bürgerschulen
materiell empfindlich geschädigt, da ein Volksschullehrer
zwar mit demselben Anfangsgehalt beginnt, aber einen Höchstgehalt
von 27.600 Kè erreichen kann. Ein Bürgerschullehrer
bezieht zu diesem Gehalt noch Zulagen von 780 Kè bis 4680
Kè.
Wenn man nun erwägt, daß eine Fachlehrerin an einer
Familienschule, wo 14-17jährige Mädchen unterrichtet
werden, eine weit größere Verantwortung trägt,
als ein Bürgerschullehrer und wenn man weiter erwägt,
daß für diese fachlich geschulten Lehrkräfte die
Ablegung einer Fachprüfung, die der Bürgerschullehrerprüfung
gleichkommt, zwingend vorgeschrieben ist, bedeutet es zweifellos
eine Unbilligkeit, daß eine derart qualifizierte Lehrkraft
mit ihren Bezügen hinter dem gewiß nicht hohen Gehalt
eines Bürgerschullehrer um mehrere Tausende Kronen jährlich,
im extremen Fall um nicht weniger als 6780 Kè zurückbleibt,
ja unter Umständen sogar bis zu 2100 Kè weniger bezieht
als ein Volksschullehrer.
Es ist zwar in der Praxis möglich, durch Einreihung in die
II. Vorbildungsstufe die Gehaltsdifferenz auszugleichen, doch
wird durch diese Beförderung nur ein Teil der in Betracht
kommenden Lehrkräfte erfaßt und das Unrecht damit nicht
beseitigt.
Wir fragen daher den Herrn Minister:
Ist er bereit, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen,
damit alle literarischen Lehrerinnen an Fachschulen für Frauenberufe,
welche die Fachprüfung abgelegt haben, mit den Bürgerschullehrern
gleichgestellt werden?
Prag, den 10. Juli 1928.