VERTRAG
ZWISCHEN DER ÈECHOSLOVAKISCHEN REPUBLIK
UND DER REPUBLIK ÖSTERREICH
ZUR REGELUNG DER RECHTSVERHÄLTNISSE
an der im Artikel 27, Punkt 6, des Staatsvertrages von St. Germain en Laye
zwischen den Alliierten und Assoziierten Mächten und Österreich vom 10. September 1919 beschriebenen Staatsgrenze.
(GRENZSTATUT.)
Vertrag
zwischen
der Èechoslovakischen Republik
und
der Republik Österreich
zur Regelung der Rechtsverhältnisse an der im Artikel 27, Punkt 6, des Staatsvertrages von St. Genmain en Laye zwischen den Alliierten und Assoziierten Mächten und Österreich vom 10. September 1919 beschriebenen Staatsgrenze.
(Grenzstatut.)
Nachdem die èechoslovakisch-österreichische Grenzbestimmungskommission, die auf Grund des Artikels 55 des Staatsvertrages von St. Genmain en Laye vom 10. September 1919 zusammengetreten war, ihre Arbeiten beendet hat, haben der
Präsident der Èechoslovakischen Republik
einerseits
und der
Bundespräsident der Republik Österreich
andererseits
in dem Bestreben, die auf die neue Grenzziehung bezüglichen Fragen zu regeln, beschlossen, einen Vertrag zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an der im Artikel 27, Punkt 6, des Staatsvertrages von St. Genmain en Laye von 10. September 1919 beschriebenen Staatsgrenze zu schließen und haben zu diesem Zwecke ihre Bevollmächtigten ernannt und zwar:
der Präsident der Èechoslovakischen Republik:
Ingenieur Václav Roubík,
Kommissär für die Festsetzung der Staatsgrenzen,
der Bundespräsident der Republik Österreich:
Albert Mell,
Sektionschef im Bundeskanzleramt,
die, nachdem sie ihre Vollmachten sich gegenseitig mitgeteilt und sie in guter und gehöriger Forme befunden haben, über die folgenden Bestimmungen übereingekommen sind:
I. ABSCHNITT.
Festsetzung und Beurkundung der Staatsgrenze.
Artikel 1.
Die im Artikel 27, Punkt 6, des Staatsvertrages von St. Germain en Laye vom 10. September 1919 beschriebene Staatsgrenze zwischen der Èechoslovakischen Republik und der Republik Österreich ist in den Jahren 1920 bis 1923 durch die Grenzbestimmungskommission an Ort und; Stelle festgelegt, vermarkt und aufgemessen worden. Das Ergebnis der Feststellungen und Aufmessungen ist in drei übereinstimmenden Urkundenwerken niedergelegt, von denen je eine Ausfertigung der Botschafterkonferenz und den Regierungen der Vertragsstaaten zugegangen ist.
Artikel 2.
(1) Soweit nicht die Urkundenwerke (Artikel 1) den Verlauf der Grenzlinie in allen Einzelheiten festlegen, sollen die Vermessungsergebnisse maßgebend sein, die in den Feldskizzen ausgewiesen sind. Diese Vermessungsergebnisse werden ausschließlich auch in den einigen Fällen benützt werden, in welchen die Angaben der Kolonne 9 des als "Plan d'Ensemble à l'échelle 1: 2880 et Description détaillée de borne à borne avec repérage de la frontière entre l'Autriche et la Tchécoslovaquie" bezeichneten Teiles des Urkundenwerkes zur Anwendung kommen würden.
(2) Die Feldskizzen, die seinerzeit gemeinsam von beiden Arbeitsgruppenleitern ausgeführt und von denselben sowie von den Kommissären der beteiligten Staaten und von dem Präsidenten der Grenzbestimmungskommission gefertigt wurden, erliegen èechoslovakischerseits im Archiv des Ministeriums für öffentliche Arbeiten in Prag, österreichischerseits beim Bundesamte für Eich- und Vermessungswesen in Wien.
Artikel 3.
(1) Wenn die Grenzbeschreibung und die Karten des Urkundenwerkes mit den Feldskizzen nicht übereinstimmen, geben die Feldskizzen den Ausschlag.
(2) Wenn die Feldskizzen mit den örtlich ermittelten Maßen nicht übereinstimmen, ahne daß die Grenzzeichen von der Stelle gerückt worden sind oder an denselben etwas geändert wurde, so sind die; Ergebnisse der örtlichen Feststellungen maßgebend. In solchen Fällen wird, wie im Artikel 62, Absatz 3, vorgesehen, ein Protokoll aufgenommen, das mit einer Skizze belegt wird.
Artikel 4.
Die Grenzlinie auf der Erdoberfläche grenzt auch das Hoheitsgebiet unter und über der Erde ab.
II. ABSCHNITT.
Rechtsverhältnisse an öffentlichen Straßen und Wegen an der Grenze.
Artikel 5.
Die Vertragsstaaten werden dafür Sorge tragen, daß die Straßen und Wege, welche die Staatsgrenze überqueren, samt den in ihrem Zuge gelegenen Objekten von den hiezu gesetzlich oder anderweitig Verpflichteten in einem den Bedürfnissen des Verkehres entsprechenden Maße erhalten werden.
Artikel 6.
(1) Straßen- und Wegstrecken, deren Mittellinie die Staatsgrenze bildet (Grenzstraßen, Grenzwege), sind von den hiezu zufolge der im betreffenden Staate geltenden Vorschriften oder auf Grund besonderer Vereinbarungen Verpflichteten gemeinschaftlich zu erhalten, über die einheitliche Durchführung dieser Erhaltung und die Aufteilung der Kosten ist zwischen den Verpflichteten das Einvernahmen herzustellen.
(2) Erklärt einer der Vertragsstaaten, daß er an der weiteren Erhaltung einer bestimmten Grenzstraße oder eines Grenzweges kein Interesse mehr hat, so ist über die weitere Erhaltungspflicht das Einvernehmen zwischen den Vertragsstaaten herzustellen. Kommt dieses Einvernehmen binnen Jahresfrist vom Zeitpunkte der Abgabe der Erklärung nicht zustande, so erlischt die gemeinsame Erhaltungspflicht und es bleibt dem interessierten Vertragsstaate überlassen, für die weitere Erhaltung der betreffenden Grenzstraße oder des Grenzweges in der vollen Breite allein zu sorgen.
(3) Grenzstraßen und Grenzwege, die als solche in Hinkunft ihre Existenzberechtigung verlieren, werden im gegenseitigen Einvernehmen unter entsprechender Änderung der Grenzvermarkung eingezogen.
Artikel 7.
Straßenobjekte, die zum Teile in dem eilen, zum Teile in dem anderen Staatsgebiete liegen (Grenzbrücken u. dergl.), sind im Sinne des Artikels 5, eventuell 6, zu erhalten. Aus Zweckmäßigkeitsgründen kann jedoch die Durchführung der Erhaltung einem der Verpflichteten über tragen werden. Über die Art der Durchführung und die Kostenaufteilung ist zwischen den Verpflichteten das Einvernehmen herzustellen.
Artikel 8.
Hinsichtlich der Regelung des Verkehres auf Grenzstraßen, Grenzwegen und Grenzbrücken (Straßenpolizei) werden besondere Vereinbarungen zischen den Vertragsstaaten getroffen werden.
Artikel 9.
(1) Zur Benützung der Grenzstraßen und Grenzwege in ihrer ganzen Breite bedarf es nicht der zur Überschreitung der Grenze erforderlichen Ausweise.
(2) Bei Benützung der Grenzstraßen und Grenzwege in ihrer ganzen Breite dürfen Beamte und Bedienstete, die nach ihrer ordnungsmäßigen Dienstbestimmung den öffentlichen Sicherheits-, Grenzüberwachungs-, Zoll-, Post- oder Telegraphendienst versehen, Dienstkleidung, gegebenenfalls mit Einschluß des Seitengewehres, bei Ausübung ihres Dienstes gegebenenfalls auch Schußwaffen tragen.
(3) Die behördlichen Organe Können Amtshandlungen auf den Grenzstraßen und Grenzwegen in ihrer bannen Breite vornehmen. Hiebei ist bei Amtshandlungen geben Staatsangehörige des anderen Staates nach Tunlichkeit im Einvernehmen mit den Organen desselben vorzugehen. Bei einer etwa notwendig werdenden Verhaftung ist der Angehaltene, wenn er Angehöriger des anderen Staates ist, unverzüglich und ausnahmlos den zuständigen Organen dieses Staates zu übergeben. Gehört der Angehaltene keinem der beiden Vertragsstaaten an, so ist für die Kompetenz der Behörde sein Wohnsitz maßgebend, falls derselbe in einem der beiden Vertragsstaaten liegt; ansonsten sind jene Behörden zuständig, deren Organe die Amtshandlung vorgenommen haben.
(4) Die behördlichen Organe dürfen Amtshandlungen auf fremdem Staatsgebiete jenseits der Grenzstraße oder des Grenzweges nur auf Grund spezieller Vereinbarungen der Vertragsstaaten vornehmen.
Artikel 10.
(1) Abteilungen der Wehrmacht beider Staaten oder militärisch bewaffneten Personen ist die Benützung der Grenzstraßen und Grenzwege nicht gestattet. Einzelnen Militärpersonen ist die Benützung der Grenzstraßen und Grenzwege nur dann gestattet, falls sie unbewaffnet sind.
(2) Durch die Bestimmungen des Absatzes 1 werden die Bestimmungen des Artikels 9, Absatz 2, nicht berührt.
Artikel 11.
Waren, die auf Grenzstraßen und Grenzwegen zwischen verschiedenen Orten desselben Staates befördert werden, sind bei Benützung der außerhalb dieses Staates gelegenen Straßen- oder Wegehälfte so anzusehen, als ob sie innerhalb des Staates befördert würden.
Artikel 12.
Überquer en Straßen oder Wege die Staatsgrenze mehrmals, so sind sie einschließlich der Objekte von den nach Artikel 5 Verpflichteten auch dann zu erhalten, wenn der Straßenzug ausschließlich zur Verbindung zweier Ortschaften des anderen Staates dient uni der Erhaltungspflichtige sonach kein Interesse an der Straßenerhaltung hat. Diese Verpflichtung dauert jedoch nur solange, als auf dem Gebiete des interessierten Staates nicht eine Ersatzverbindung hergestellt oder von ihm der freie Verkehr auf der bisherigen Kommunikation nicht eingestellt wird.
Artikel 13.
Periodische Revisionen der Grenzbrücken nimmt jeder der beiden Staaten an den Gesamtobjekten nach seinen eigenen Vorschriften vor, wobei jedoch der andere Staat von den Ergebnissen dieser Revisionen, immer in Kenntnis gesetzt wird.
Artikel 14.
Die Einführung neuer Mautrechte, die Verlängerung oder Aufhebung bestehender Mautrechte, ferner die Einführung und Abänderung der Maut- oder sonstiger Gebühren bei Benützung von Grenzbrücken oder Grenzüberfuhren kann nur nach Abschluß eines Übereinkommens der Vertragsstaaten auf dem für jeden der beiden Staaten vorgesehenen verfassungsmäßigen Wege erfolgen.
Artikel 15.
(1) Neue Straßen und Wege, Brücken und Überfuhren aller Art über die Grenze dürfen nur im Einverständnisse der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten errichtet werden.
(2) Die Benützungsbedingungen und Tarife sind möglichst einheitlich zu regeln; das gleiche gilt für die Verlängerung der Bewilligung bestehender Überfuhren.
Artikel 16.
Der Schotter für die Erhaltung der Straßen und Wege kann wie bisher aus den Steinbrüchen in beiden Zollgrenzzonen gewonnen werden. Für die Beförderung des Schotters und der sonst notwendigen Straßenerhaltungsmaterialien in den Zollgrenzzonen werden sich die Vertragsstaaten die weitestgehenden Erleichterungen gewähren.
Artikel 17.
Die Vertragsstaaten werden dafür Sorge tragen, daß die in den vorstehenden Bestimmungen erwähnten Erhaltungspflichtigen ihrer Verpflichtung im Sinne der Bestimmungen dieses Vertrages nachkommen.
Artikel 18.
Die mit der Erhaltung und mit den Rekonstruktionen an Grenzstraßen, Grenzwegen und Grenzbrücken sowie mit den Neubauten derselben betrauten Behörden beider Staaten können in diesen Angelegenheiten auch schriftlich unmittelbar miteinander verkehren.
III. ABSCHNITT.
Rechtsverhältnisse an Gewässern an der Grenze.
I. Teil.
Bestehende Wasserrechte und Wasseranlagen.
Artikel 19.
(1) Die rechtsgültig erworbenen Wasserrechte und die dazu gehörigen Anlagen an den Gewässern, soweit in denselben die Staatsgrenze der Länge nach verläuft (Grenzgewässer) oder an Gewässern, die von der Grenze quer durchschnitten werden (übertretende Gewässer) - an diesen soweit sie durch die Grenzführung berührt sind - werden von beiden Staaten als zu Recht bestehend anerkannt, wenn diese Rechte durch amtliche Belege nachgewiesen werden können. Ein solcher Nachweis kann gelegentlich konkreter Anlässe erbracht werden, er ist aber auch dann als erbracht anzusehen, wenn das betreffende Wasserrecht spätestens dadurch als zu Recht bestehend erwiesen wird, daß es in den gemäß Artikel 23, Absatz 1, von amtswegen zu ergänzenden Wasserbüchern und zu übermittelnden Wasserbuchabschriften enthalten ist.
(2) Die Bestimmungen des Absatzes 1 finden auf wasserrechtliche Bewilligungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages erteilt worden sind, bei denen jedoch die betreffende Wasseranlage noch nicht ausgebaut ist, nur dann Anwendung, wenn der Bau bereits begonnen wurde oder in der im Konsense vorgeschriebenen Baubeginnfrist in Angriff genommen und in beiden Fällen in entsprechender Weise fortgeführt wird.
(3) Wasserrechte der in Absatz 1 bezeichneten Art, die von den Beteiligten behauptet, aber nicht innerhalb von drei Jahren nach dem Inkraftreten dieses Vertrages nachgewiesen sind (Artikel 23, Absatz 1), werden als nicht bestehend betrachtet und bedürfen einer ausdrücklichen Verleihung. Für das Verfahren und die Zuständigkeit sind die Bestimmungen des III. Teiles dieses Abschnittes maßgebend.
Artikel 20.
(1) Was die in der Zeit zwischen dem Staatsumsturze (28. Oktober 1918) und der endgültigen Übernahme der Verwaltung durch die èechoslovakischen Behörden seitens der damals amtierenden Behörden verliehenen Wasserrechte anlangt, behält sich die Èechoslovakische Republik vor, diese Fechte anzuerkennen oder deren Anerkennung zu verweigern.
(2) Dieser Vorbehalt gilt jedoch nicht für wasserrechtliche Bewilligungen, die in den auf Grund des Staatsvertrages von St. Germain en Laye an die Èechoslovakische Republik abgetretenen ehemals, niederösterreichischen Gebieten zwar nach dem Staatsumsturze, aber vor der Übergabe dieser Gebiete (30. Juli 1920) verliehen wurden.
Artikel 21.
Die bisherigen privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Eigentümern von Wasseranlagen und anderen Beteiligten über die Wasserbenützung bleiben, soweit sie mit den gesetzlichen Bestimmungen eines der beiden Staaten nicht im Widerspruch stehen, weiterhin auch dann aufrecht, wenn infolge der Grenzziehung ein Wechsel in der Staatsangehörigkeit einer der beteiligten Personen eingetreten ist.
Artikel 22.
Erhaltungsverpflichtungen, Dienstbarkeiten und sonstige Verbindlichkeiten, die aus den in Artikel 19 erwähnten Wasserrechten herrühren, bleiben auch fernerhin ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der verpflichteten oder berechtigten Personen sowie ohne Rücksicht darauf aufrecht, ob sich die Wasseranlage, an die das Wasserrecht gebunden ist, auf dem Gebiete des einen oder des anderen Staates befindet.
Artikel 23.
(1) Die Vertragsstaaten werden Maßnahmen treffen, damit innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages die Wasserbücher nach Maßgabe der Bestimmungen der Wasserrechtsgesetze durch Eintragung der im Artikel I9 bezeichneten Wasserrechte und Wasseranlagen ordnungsmäßig ergänzt und beglaubigte Abschriften dieser Eintragungen der Wasserrechtsbehörde des anderen Staates übermittelt werden.
(2) Die Aktenübergabe im Sinne der Bestimmungen des Staatsvertrages von St. Germain en Laye wird hiedurch nicht berührt.
Artikel 24.
Kommen in der wasserrechtlichen Bewilligung für eine Wasserbenützungsanlage, die durch ihre Wirkung in beide Staaten übergreift, Verpflichtungen vor, die in Geldbeträgen der vor dem Kriege bestandenen Währung ausgedrückt sind, so werden über Ansuchen eines der Interessenten die Zahlungen durch die zuständigen Wasserrechtsbehörden beider Staaten einvernehmlich überprüft und bemessen, und zwar immer in der Währung jenes Staates, in welchem sich die Wasseranlage befindet. In dieser Währung werden auch sämtliche Zahlungen geleistet.
Artikel 25.
Unbeschadet der für den Grenzverkehr im übrigen geltenden Vorschriften sind den Besitzern der in Artikel 19 erwähnten Anlagen nach näherer Verständigung der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten beim überschreiten der Staatsgrenze zwecks Bedienung und Instandhaltung der Anlagen tunlichst Erleichterungen zu gewähren.
Artikel 26.
(1) Die Vertragsstaaten werden dafür vorsorgen, daß die Wasseranlagen an den Grenzgewässern und in den nächst der Grenze gelegenen Strecken der übertretenden Gewässer nach Maßgabe der bestehenden Verpflichtungen erhalten und betrieb en werden und daß keine Störungen des Betriebes solcher auf fremdem Staatsgebiete gelegenen Anlagen durch auf eigenem Gebiete vorgenommene eigenmächtige Maßnahmen erfolgen. Vorübergehende unvermeidliche Störungen, z. B. anläßlich von Reparaturen, Räumungsarbeiten u. dgl. müssen jedoch geduldet werden.
(2) Beim Betriebe von Teichanlagen in der Zollgrenzzone sollen die Interessen der Unterliegen im anderen Staatsgebiete tunlichst berücksichtigt werden; insbesondere soll - soferne nicht konsensmäßige oder als alter Bestand erwiesene Rechte der Teichbesitzer entgegenstehen - das Spannen von Teichen zur Zeit von Hochwässern oder starken Mittelwässern, das Ablassen der Teiche mit mäßiger Geschwindigkeit, ferner erst nach der Grummeternte und nach rechtzeitiger vorheriger Verständigung des Gemeindeamtes der Grenzgemeinde des anderen Staatsgebietes erfolgen.
(3) Wenn die Erhaltung irgend einer dem öffentlichen Interesse dienenden Anlage (zum Beispiel Brücken oder durchgeführte Wasserlaufregulierungen) nicht gehörig gesichert ist oder mit. Rücksicht auf die Grenzführung nach dem ursprünglichen Konsense nicht mehr zweckmäßig durchführbar erscheint, wird die Erhaltung auf Einschreiten der Interessenten in jedem Einzelfalle gemäß den Bestimmungen des III. Teiles dieses Abschnittes geregelt werden.
Artikel 27.
(1) Die Vertragsstaaten werden dafür Sorge tragen, daß die an den übertretenden Gewässern ausgeführten und durch die Grenze berührten Wasseranlagen so betrieben und erhalten werden, daß der aus der Wasseranlage im Sinne des Konsenses herrührende Nutzen auch für die Interessenten im nunmehr fremden Staatsgebiete unverkürzt aufrecht, bezw. jede Schädigung solcher Interessenten vermieden bleibt. Die Zugehörigkeit zum fremden Staatsgebiet enthebt aber die betreffenden Interessenten nicht von den ihnen aus dem Titel der Wasseranlage und aus deren Erhaltung obliegenden Verpflichtungen.
(2) Die Vertragsstaaten werden ferner für die den bestehenden Verpflichtungen entsprechende Erhaltung der auf eigenem Gebiete befindlichen künstlichen Gerinne und Teiche Sorge tragen, soweit diese konsensgemäß als Zu- oder Ablauf für die wasserrechtlich bewilligten, im Gebiete des Nachbarstaates errichteten Wasseranlagen dienen und falls die Erhaltung der letzteren in gutem Zustande durch den betreffenden wasserrechtlichen Konsens gesichert ist.
II. Teil.
Verleihung neuer Wasserrechte und Errichtung neuer Wasseranlagen.
Artikel 28.
(1) Jeder der beiden Staaten ist grundsätzlich berechtigt, in den Grenzgewässern über die Hälfte des durchfließenden Wassers zu verfügen. Wird die Niederwasserführung in den Grenzstrecken der Thaya oder der March durch Errichtung von Akkumulationsanlagen erhöht, so kommt der nachweisbare Wasserzuwachs - soferne durch besondere Übereinkommen nichts anderes vereinbart wird jenem Staate zugute, auf dessen Kosten die Anlage gebaut wurde. Bei Ausübung der nach Vor stehendem den Vertragsstaaten zustehenden Befugnisse bleiben bereits erworbene Wasserrechte gewahrt.
(2) Für die Ausnützung der Wasserkräfte des Thayaflusses in der Grenzstrecke von Èížov (Zaisa) bis Podmolí (Baumöhl) gelten die Bestimmungen des am 10. März 1921 in Prag unterzeichneten Übereinkommens zwischen der èechoslovakischen Republik und der Republik Österreich, betreffend die Führung der èechoslovakisch-österreichischen Grenze und verschiedene damit zusammenhängende Fragen.
(3) Wenn durch eine Anlage eine bedeutendere oder dauernde Hinderung der Abflußverhältnisse eines Grenzgewässers oder eines übertretenden Gewässers verursacht werden könnte, werden die Vertragsstaaten nach Möglichkeit auf die gerechtfertigten Interessen der Bewohner des anderen Staates Rücksicht nehmen.
Artikel 29.
(1) Die Vertragsstaaten werden solche Bauten fördern, die die Sicherung des Grenzgewässers und des anliegenden Inundationsgebietes gegen Hochwasserschäden, weiters die Entwässerung und Bewässerung des anliegenden Gebietes, bezw. die Schaffung der Vorhut, die Versorgung von Grenzgemeinden mit Wasser und endlich die Ausnützung der Wasserkraft der Grenzgewässer zum Zwecke haben.
(2) Um eine zweckmäßige und fachmännisch vollkommene Ausführung solcher Bauten zu ermöglichen, kommen die Vertragsstaaten in folgenden Grundsätzen überein:
a) Einseitige Uferbauten kommen insbesondere dort in Betracht, wo sie zur Sicherung der Ufer, zur Beseitigung der Durchrisse und zum Schutze der Grundstücke gegen Überschwemmungen, eventuell zu Meliorationszwecken nötig sind.
b) Bei systematischer Regulierung eines Grenzgewässers (Regulierung des Flußbettes) wird darauf geachtet, daß in den freien Strecken nach Möglichkeit eine unschädliche Ableitung der mittleren Hochwässer (Sommerhochwässer) und in verbauten Gebieten die Ableitung der größten Hochwässer erzielt werde. Bei Regulierungen ist weiters darauf zu achten, daß eine übermäßige Trockenlegung der an der einen oder anderen Seite gelegenen Grundstücke vermieden und daß ihre Bewässerung durch Schlammwässer und Berieselung zur Trockenzeit ermöglicht werde.
c) Bei Bewilligung neuer Wasserrechte wird darauf zu achten sein, daß nicht auch jene Wassermenge vergeben werde, die für die düngende Bewässerung der anliegenden Grundstücke und zur Sommerberieselung erforderlich erscheint.
III. Teil.
Behörden und Verfahren.
Artikel 30.
Alle Vdasserrechtsangeiegenheiten, welche Grenzgewässer oder übertretende Gewässer betreffen, sind ausschließlich nach den Gesetzen des Staates zu beurteilen, auf dessen Gebiete die Anlage liegt oder errichtet werden soll.
Artikel 31.
(1) Wasserrechtsangelegenheiten, welche Grenzgewässer betreffen, mit Ausnahme der Strafsachen, sind grundsätzlich nur im Einverständnisse der Wasserrechtsbehörden beider Staaten auszutragen ohne Rücksicht darauf, so hiedurch beide Staatsgebiete berührt werden oder nicht. Bei Gefahr im Verzuge können einseitige Schutzmaßnahmen noch vor der Erzielung des erwähnten Einverständnisses in Angriff genommen werden. Gleichzeitig ist jedoch behufs nachträglicher Herstellung des Einverständnisses die zuständige Wasserrechtsbehörde des anderen Staates hievon in Kenntnis zu setzen.
(2) Zur Entscheidung in Wasserrechtsangelegenheiten, welche übertretende Gewässer betreffen, ist nur die Behörde des eigenem Staates berufen.
(3) Handelt es sich in den Fällen der Absätze 1 und 2 um Bauten, die auf beide Staatsgebiete zu liegen kommen, so hat jede der Wasserrechtsbehörden für den auf eigenem Staatsgebiete zu errichtenden Teil der Anlage die Bewilligung zu erteilen, wobei nach Möglichkeit und Zweckmäßigkeit auf eine gleichzeitige oder doch zusammenhängende Durchführung des Verfahrens Bedacht zu nehmen und behufs Vermeidung von Widersprüchen im Inhalte der beiderseitigen Bewilligungserkenntnisse das Einvernehmen zwischen den beiden Behörden herzustellen ist.
(4) überfuhren und Brücken aller Art über Grenzgewässer dürfen nur im Einverständnisse der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten errichtet werden. Die für den Betrieb der überfuhren und für die Benützung von Brücken vorzuschreibenden Bedingungen und die Tarife sind möglichst einheitlich festzusetzen. Der gleiche Vorgang hat auch bei Verlängerung bestehender Bewilligungen von Überfuhren Platz zu greifen.
(5) Bei Wasserrechtsangelegenheiten, durch welche die Rechte oder Interessen von Parteien des anderen Staatsgebietes berührt werden, und zwar auch dann, wenn es sich um andere wasserrechtlich geschützte Rechte handelt als die im Artikel 19, Absatz 1, angeführten, haben diese Parteien sowohl hinsichtlich des materiellen als auch des prozessualen Rechtes dieselbe Stellung wie die Parteien desjenigen Staates, auf dessen Gebiete die Anlage liegt oder errichtet werden soll. Diese Beteiligten hat die zur Amtshandlung berufene Behörde im Wege der zuständigen Behörde des anderen Staates dem wasserrechtlichen Verfahren in gleicher Weise beizuziehen wie die Beteiligten auf dem Gebiete des eigenen Staates.
(6) Wenn zwischen den Wasserrechtsbehörden beider Staaten in erster Instanz keine Einigung in Angelegenheiten des III. Abschnittes erzielt wird, so wird die Angelegenheit an die zuständigen höheren Behörden beider Staaten geleitet. Falls sich auch die obersten Behörden nicht einigen sollten, so tritt gegebenenfalls das im Artikel 70 vorgesehene schiedsgerichtliche Verfahren bei dem dort bezeichneten Schiedsgericht ein.
(7) Haben die geplanten Wasseranlagen oder sonstige mit diesen zusammenhängende Vorkehrungen eine Änderung der Staatsgrenze zur Folge, so können die im Absatze 6 erwähnten Behörden oder das Schiedsgericht erst dann entscheiden, wenn die Grenzänderung von beiden Staaten in verfassungsmäßiger Weise genehmigt wurde.
(8) Die Bestimmungen des Absatzes 1, erster Satz und des Absatzes 5 finden keine Anwendung bei Wasseranlagen, über deren Ausführung zwischen den Vertragsstaaten bereits ein Einvernehmen erzielt wurde.
Artikel 32.
Die Eintragung aller Wasserrechte, die sich auf Anlagen in den Grenzgewässern oder auf solche Anlagen beziehen, die das Gebiet beider Staaten berühren, in die Wasserbücher der Vertragsstaaten erfolgt auf Grund der Entscheidung der Wasserrechtsbehörden oder auf Grund des durch sie in Vollzug gesetzten Schiedsspruches des im Artikel 70 vorgesehenen Schiedsgerichtes.
Artikel 33.
Als Wasserrechtsbehörde im Sinne dieses Vertrages wird jene Behörde angesehen, die zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nach den geltenden Vorschriften ihres Staates berufen ist.
Artikel 34.
Die Wasserrechtsbehörden der Vertragsstaaten können in den durch diesen Vertrag geregelten Wasserrechtsangelegenheiten miteinander auch schriftlich unmittelbar verkehren.
Artikel 35.
Falls in der Zeit zwischen dem Staatsumsturze und dem Inkrafttreten dieses Vertrages wasserbauliche Maßnahmen getroffen oder wasserrechtliche Bewilligungen erteilt worden sein sollten, bei denen die Grundsätze dieses Vertrages nicht zur Geltung gelangt sind, bleibt es den Vertragsstaaten vorbehalten, fallweise in Verhandlungen über die Möglichkeit einer Behebung oder Einschränkung hiedurch entstandener Nachteile, jedoch unbeschadet der etwa eingetretenen Rechtskraft von Entscheidungen, einzutreten.
IV. Teil.
Besondere Bestimmungen.
Artikel 36.
Den Wasserpolizeidienst versieht jeder Staat auf seinem Gebiete. In den Grenzgewässern begangene Wasserfrevel sind gegenseitig den zuständigen Verwaltungsbehörden anzuzeigen.
Artikel 37.
Die Bestimmungen dieses Vertrages hinsichtlich der Wasserbenützung überhaupt finden auf die Benützung der Gewässer zur Holztrift sinngemäß Anwendung.
Artikel 38.
Die Bestimmungen dieses Abschnittes finden auch auf die Donau, March und Thaya insoweit Anwendung, als durch die über diese Wasserläufe zu treffenden Sonderübereinkommen nichts anderes bestimmt wird.