Úterý 23. záøí 1930

Natürlich haben die deutschen Staatsangestellten auch bei Beratung dieses Gesetzes wiederum die Behandlung von nicht vollwertigen Bürgern zweiten Grades erfahren müssen, denn ursprünglich wollte man die deutschen Beamten, die wegen angeblich mangelnder Kenntnis der Staatssprache eine schlechtere Qualifikation haben, aber sonst anerkannt vorzüglichen Dienst leisten, vom Genuß der Weihnachtszulage ausschließen. Es ist sehr charakteristisch, daß sich èechische Parteien, und zwar die èechischen Agrarier und Klerikalen gegen die Beseitigung dieser Bestimmung gewehrt haben. Der Berichterstatter wurde sogar durch einen Zwischenruf von èechischer agrarischer Seite - es war das in der letzten Sitzung der Abg. Dubický, der auch heute wiederum seiner Ansicht von der Tribüne hier Ausdruck gegeben hat veranlaßt zu betonen, daß durch die Zuerkennung der Weihnachtszulage die aus sprachlichen Gründen disqualifizierten deutschen Beamten der Verpflichtung zur Erlernung der Staatssprache nicht enthoben werden.

Wir Deutschen wissen aber sehr gut und erkennen auch an, daß deutsche Beamte im èechischen Staat die Staastsprache beherrschen müssen, wir wünschen und fordern aber auch, daß die èechischen Beamten ebenso die deutsche Sprache beherrschen müssen, damit der deutsche Bürger auch in seiner Muttersprache bei den Behörden verstanden werde. (Souhlas na levici.) Der èechische Beamte braucht nirgends und nie den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache zu erbringen, er bleibt ausgezeichnet qualifiziert, auch wenn er kein einziges deutsches Wort trifft. Der deutsche Beamte wurde direkt und ständig verdrängt oder durch Minderqualifizierung von der Vorrückung ausgeschlossen und sollte auch der Weihnachtszulage jetzt verlustig geben, nur weil er auf Grund von unerhörten Prüfungsschikanen und ungerechten Qualifikationen, die auf nationale Gehässigkeit seiner èechischen Vorgesetzten zurückzuführen sind, als sprachlich minderbefähigt hingestellt wurde und keine Möglichkeit hatte, sich gegen eine solche Behandlung zu wehren. Es handelt sich bei allen diesen Erscheinungen nicht darum, daß der deutsche Beamte die Staatssprache beherrschen soll, der èechischen Regierung kommt es vielmehr darauf an, möglichst die letzten deutschen Beamten aus dem Staatsdienst zu verdrängen und so den 3 1/2 Milionen Seelen starken sudetendeutschen Volksstamm des Rechtes auf den deutschen Arbeitsplatz im Staate zu berauben. Das beweist schon die Tatsache, daß der zum Staatsdienst sich jetzt meldende deutsche Nachwuchs die Kenntnis der Staatssprache schon vollkommen besitzt, daß aber trotzdem kein Deutscher aufgenommen wird. Das ist ein Kampf, der von èechischer Seite zum Zwecke der wirtschaftlichen Schädigung der Deutschen geführt wird. Daran wird auch die nunmehr fünfjährige Teilnahme der deutschen Parteien an der Regierung nichts ändern. Durch den Eintritt deutscher Parteien in die Regierung ist nur die Reihe jener kleiner geworden, die um das Recht auf den deutschen Arbeitsplatz im Staatsdienste kämpfen. Die Behandlung, welche die Forderungen der Staatsangestellten und Lehrer in diesem Staate erfahren haben, hat es mit sich gebracht, daß die öffentlichen Angestellten in ihrem Pflichtbewußtsein nachzulassen beginnen, daß sie zu derselben Gleichgültigkeit in ihrer Leistung gedrängt werden, welche die Regierung ihren Forderungen entgegenbringt. Damit schreitet der Auflösungsprozeß der öffentlichen Verwaltung unaufhaltsam vorwärts, der Justizkrise wird sich sehr bald eine entsetzliche Verwaltungskrise zugesellen; die Verantwortung hiefür trägt die Regierung und die Parlamentsmehrheit, auf welche sich die Regierung stützt. Weil wir dies klar erkennen, richtet sich unser Kampf gegen diese Kreise. Der demokratische Staat mit seiner Art der Behandlung der Forderungen seiner Angestellten ist die größte Enttäuschung, denn er ist der Nährboden für die größte Koruption in der staatlichen Verwaltung. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 14 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die in Verhandlung stehende Vorlage bezüglich des 13. Monatsgehaltes für die Staatsangestellten bildet eine Frucht der Kompromißpolitik, wie sie angesichts der politischen Kräftsverhältnisse derzeit nicht anders möglich ist. Das Gesetz hat recht viele Feinde, zunächst jene kapitalistischen Kreise, die fälschlicherweise glauben, die stockende Wirtschaft durch Abbau der Löhne und Gehälter, also durch Herabsetzung der Regie, beleben zu können. Dabei vergessen sie vollständig, daß die breiten Massen der Lohnempfänger als Konsumenten für die Wirtschaft die bedeutendsten ja am meisten ausschlaggebenden Faktoren sind, deren gesteigerter Verbrauch allein imstande ist, den Absatz und damit die Produktion zu beleben. Das trifft nicht zuletzt auch auf die große Zahl der Staatsangestellten zu, die mit ihren Familienangehörigen als Konsumenten eine überaus wichtige Rolle in der Volkswirtschaft spielen. In der Privatindustrie unseres Staates aber auch des benachba rten Deutschland und anderswo ist jetzt seitens der Unternehmerorganisation eine allgemeine Lohnabbauaktion eingeleitet worden, die bereits zu schweren Kämpfen geführt hat, die aber mehrfach zugunsten der Arbeiter ausgegangen sind. Ich erinnere in dieser Richtung nur an die Vorgänge in der nordböhmischen Textilindustrie in der Gegend von Rumburg und Warnsdorf. Kapitalistisch eingestellte Kreise und Parteien sind also von Haus aus grundsätzliche Gegner jeder Vorlage, welche geeignet ist, die Lage der Staatsangestellten irgendwie zu verbessern.

Im Gegensatz zu dem offensichtlichen Streben heimischer Unternehmerorganisationen auf Abbau der Löhne und Gehälter hat man anderswo, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika schon längst den Segen der guten Löhne und Gehälter für Industrie und Landwirtschaft erkannt und richtet sich danach ein. Während man in den kapitalistischen Kreisen bei uns bei den Löhnen und Gehältern mit aller Absicht spart und knausert, hat man gleichzeitig offene Hände für unproduktive Ausgaben aller Art, sofern sie nur irgendwie kapitalistischen Zwecken dienen. Da spricht man von Staatsnotwendigkeiten oder von unabwendbaren volkswirtschaftlichen Problemen, die angeblich nicht zu umgehen seien. Handelt es sich aber um sozialpolitische Ausgaben, so argumentiert man in jenen Kreisen wesentlich anders und verhält sich direkt feindselig und ablehnend.

Wenn es trotz alledem gelungen ist, rund 75% der von unserer Seite gestellten Verbesserungsanträge zu dieser Vorlage im Laufe der langwierigen monatelang währenden Verhandlungen durch zähen Kampf erfüllt zu sehen, so ist das immerhin ein Erfolg, der beachtet werden muß und beachtet werden sollte, auch in den Kreisen jener, die mit dem Endergebnis der ganzen Aktion nicht ohne Begründung unzufrieden sind. Wahrscheinlich ist es wahr, das müssen wir uns offen eingestehen, daß nur ein Bruchteil, vielleicht der kleinere Bruchteil der gesamten Staatsangestellten mit dem Gesetz auch in der vorliegenden verbesserten Form zufriedengestellt ist, weil man angesichts der meist unzureichenden Bezüge höhere Aushilfen sehr gut brauchen könnte. Das sogenannte Christkindl für die Staatsangestellten findet also keineswegs übergroßen Beifall der Beteiligten.

Die bekannte Denkschrift der beiden gewerkschaftlichen Landeszentralen behauptet charakteristischerweise mit Recht, daß die Mehrzahl der Bediensteten unerträglich verschuldet ist und ihre Schulden aus dem normalen Einkommen nicht gedeckt werden können. Daher sei eine ausreichende Aushilfe besonders für die niedrigeren Kategorien und exponierten Dienststellen dringend geboten. Aber gerade damit happert es noch sehr. Eines darf man gerade in der heutigen schweren Zeit der Krise nicht übersehen: die Zuwendung von 298 Millionen an insgesamt 329.151 Staatsangestellte erfährt Kritik auch in jenen Kreisen, die von den furchtbaren Folgen der Wirtschaftskrise, durch Senkung der Einnahmen, wie bei den Landwirten und Gewerbetreibenden, oder durch schwere Arbeitslosigkeit sehr mitgenommen werden.

Kein vernünftiger Mensch wird bestreiten können, daß jetzt der Staat z. B. zugunsten der produktiven Arbeitslosenfürsorge durch Schaffung von Arbeitsgelegenheiten sowie durch Ausbau der Arbeitslosenunterstützung zu einer weitreichenden Versicherung alles Nötige schleunigst vorkehren muß. Unsererseits sind schon längst die richtigen Wege gewiesen worden. Weitere Belastungen der arbeitenden Klassen müssen um jeden Preis hintangehalten werden. Es ist eine überaus kennzeichnende Tatsache, daß die Löhne der èechoslowakischen Arbeiter im Durchschnitt überaus niedrig sind. Denn mehr als ein Fünftel der Arbeiterschaft hat täglich weniger als 10 Kè Lohn, 20% lediglich etwas mehr als 14 Kè, 12% nur bis 18 Kè, 11% bis 22 Kè und nur 12% der Arbeiterschaft haben etwas über 3 4 Kè tägliches Einkommen. Es ist bezeichnend für die jetzigen schlimmen Verhältnisse, daß viele Menschen noch trotz alledem geradezu glücklich sind, daß sie heute noch im Dienste anderer arbeiten können, ohne befürchten zu müssen, plötzlich in das große Heer der Arbeitslosen, die kapitalistische Reservearmee, gestoßen zu werden, die jeden sozialen Aufstieg der Arbeiterklasse durch Lohndruck im Interesse des Unternehmertums unmöglich machen soll. Das muß mit aller Entschiedenheit seitens der sozialistischen Parteien verhindert werden. Ausdrücklich muß immer wieder hervorgehoben werden, daß die Staatsangestellten absolut nicht auf Rosen gebettet sind, weder die Aktiven noch die in Pension befindlichen, soferne es sich um die niedrigen Kategorien handelt. Daß die pensionierten Staatsbeamten den Privatangestellten nicht selten den Arbeitsplatz streitig machen müssen und seitens der übrigen Angestellten förmlich als Lohndrücker behandelt werden, ist eine gewiß traurige Erscheinung. Auch aus diesem Grunde muß in ausreichender Weise zugunsten Privatangestellten und Arbeiter Remedur geschaffen werden.

In einer an die beiden Häuser der Nationalversammlung gerichteten Denkschrift zur Novellierung der Besoldungsgesetze 103 und 104 ex 1926 wird darauf verwiesen, daß die berechtigten Forderungen der Staatsangestellten zum großen Teil noch der Erfüllung harren. Das ist richtig. Wörtlich heißt es in dieser Denkschrift: "Das Gros der Staatsangestellten muß sich bis zum heutigen Tage mit Bezügen begnügen, die in ihrem Realwert nicht einmal die Hälfte der Friedensbezüge erreichen und tief unter dem Valutakoeffizienten stehen." Das ist unzweifelhaft richtig, gilt aber auch für die in Privatbetrieben befindlichen Arbeiter und Angestellten. Aus diesem Grunde gehen ebenfalls die Interessen der beiden großen Gruppen der arbeitenden Menschen konform. Nur die unbedingte Solidarität vermag beiden Teilen das wohlverdiente Recht auf eine menschenwürdige Existenz zu sichern. In einem Artikel, der durch die Fachpresse und durch die politischen Blätter ging, ist berechnet worden, daß allein in den Jahren 1926 einschließlich 1928 die Staatsangestellten infolge der Unausgeglichenheit zwischen Friedensbezügen und der jetzigen Valuta, sowie infolge von Verminderungen der Gehälter um mehr als 3 1/2 Milliarden Kè zu kurz kamen. Dasselbe trifft im gleichen Maße natürlich auf die in Privatbetrieben befindlichen Arbeiter und Angestellten zu. Immer wieder sehen wir die Gleichartigkeit der Bestrebungen aller arbeitenden Menschen. Der Staat, der längst über seine ursprüngliche Funktion als Nachtwächter der kapitalistisch reaktionären Klasse hinausgewachsen ist, weil er immer mehr ein ausschlaggebender Wirtschaftsfaktor und Warenproduzent wurde und sich in dieser Richtung immer deutlicher entwickelt, ist der größte Arbeitsgeber, aber nicht immer der beste. Die rund 750.000 Personen, die im Staatsdienste stehen, haben das unverbrüchliche Recht, möglichst günstige Arbeitsbedingungen zu erstreben resp. zu erkämpfen, ein Recht, das ihnen aber gewisse kapitalistische Parteien gerne streitig machen wollten. Unbestritten ist, daß das jetzige Gehaltssystem und die Systemisierung der Dienststellen zu durchaus berechtigten Beschwerden Anlaß geben und die Rückkehr zum Zeitavancement zwingend erscheint. Die Frage der Resystemisierung, die Wiedergutmachung verübter Härten, wird immer brennender.

Wir stehen auf dem selbstverständliche Standpunkt, daß der Staat im Bezug auf die seinen Angestellten zu gewährenden Arbeitsbedingungen unter allen Umständen vorbildlich sein muß. Er darf dem Privatkapital nicht das Signal zur Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der breiten Massen geben, wie es in den bürgerlich regierten Staaten, zuletzt in Deutschland, in der letzten Zeit der Fall ist und wie wir es auch hierzulande schon erlebt haben.

Die verhängnisvollen Wirkungen der Dezembergesetze 1921/22 auf die Lage der Staatsangestellten und Ihre Rückwirkungen auf das Lohnniveau in der Privatwirtschaft liegen uns und der Volkswirtschaft noch immer in den Knochen. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir uns mit voller Kraft zugunsten der Verbesserung dieser Vorlage eingesetzt haben und auch für die noch ausstehenden Forderungen der Staatsangestellten eintreten.

Nun einige Worte zu den Ausführungen des Herrn Dr Mayr-Harting. Wenn Herr Koll. Dr Mayr-Harting lebhafte Klage führt über unproduktive staatliche Ausgaben, wie er es vor kurzem getan hat, so muß doch in aller Höflichkeit, aber auch mit allem Nachdruck hervorgehoben werden, daß gerade er und seine Partei doch mit dabei waren, als der Rüstungsfonds von 3 1/2 Milliarden Kè beschlossen wurde, welche Summe seit damals alljährlich mit 315 Millionen Kè im Budget in Erscheinung tritt. Wenn Herr Abg. Dr Mayr-Harting die Krokodilstränen darüber verliert, daß die Landes-, Bezirks- und Gemeindebeamten kein Christkindl bekommen, so darf nicht verschwiegen werden, daß wiederum er und seine Partei die Verschlechterung der Finanzen der autonomen Körperschaften mit auf dem Gewissen haben. Ob die Bürgerkoalition bezüglich der Staatsangestellten weitherziger vorgegangen wäre als die jetzige Koalition, muß Herrn Abg. Dr Mayr-Harting gegenüber doch ganz ernstlich bestritten werden. Die Arbeiter- und Angestelltenfeindlichkeit der Herren vom Bürgerblock, die eine ganz eigenartige gewesen ist, ist sicherlich nicht vergessen worden, und wenn Herr Abg. Dr Mayr-Harting jetzt, wo er in der Opposition steht, für eine Erhöhung der Löhne und Gehälter eintritt, wird niemand darüber sich einer Täuschung hingeben, daß dies nicht allzu ernst und tragisch genommen werden darf, denn er und seine Partei können unmöglich als Vertreter der Arbeiter- und Angestelltenschaft betrachtet werden, weil sie doch rein kapitalistisch orientiert sind.

Wir deutschen Sozialdemokraten haben im Gegensatz dazu uns immer als bewußte Vertreter der arbeitenden Klassen betätigt und waren überall sichtbar bestrebt, die Interessen der geistigen und manuellen Arbeiter zu fördern, gleichviel ob sie sich im Staats- oder Privatbetrieb befinden. Es ist dem Wirken unserer Partei mit zu verdanken, daß es gelungen ist, den bezugsberechtigten Staatsangestellten einen Mindestbetrag von 450 Kè zu sichern und daß es weiter gelungen ist, die bösartigen Qualifikationsbedingungen zu Fall zu bringen. Doch hat die Mehrheit die Landes-, Bezirks- und Gemeindeangestellten des Vorteils des 13. Monatsgehaltes nicht teilhaftig werden lassen. Auch die Vertragsarbeiter wurden nicht entsprechend berücksichtigt. Diese wurden dem Zufall oder der Gnade bei der Durchführung der administrativen Regelung des Gesetzes in den einzelnen Ressorts überlassen. Ich brauche wohl nicht erst besonders zu betonen, daß hiebei unsererseits alles getan wird, um die Interessen der wirtschaftlich so schlecht gestellten Vertragsarbeiter zu wahren.

Den Wünschen der Ehegatten, die beide im Staatsdienst stehen, nach gleichzeitiger Bezugsberechtigung wurde nur etwas Rechnung getragen. Daß die außerordentlichen Remunerationen, von denen auch Koll. Horpynka sprach, die bei den sogenannten Goldkragen, den hohen Beamten, öfters über 100.000 Kè pro Jahr betragen, nicht beseitigt werden, gefällt uns ebenso wenig wie den niederen Kategorien, die bei der Verteilung solcher Riesenbeträge das Nachsehen haben, obwohl ihnen das eigentliche Verdienst zukommt, wenn die Betriebe auf der Höhe stehen, und nicht irgend einem einzelnen Abteilungsvorstand oder Amtschef, die nicht selten politische Protektionskinder sind. Diese direkt aufreizenden Verhältnisse zu beseitigen, das Los der Staatsangestellten, speziell der niederen Kategorien, ausreichend zu bessern, wird auch weiterhin eine unserer ersten Aufgaben sein und bleiben, die wir mit gesammelter Kraft zu erfüllen trachten, und zw. getreu unserem Ziele, den Staat aus einem Machtinstrument der Besitzenden immer mehr zu einem Werkzeug der sozialen Befreiung zu machen und dem gesamten arbeitenden Volk im Staat und Land ein menschenwürdiges Dasein zu verbürgen.

Noch ist das letztere nicht gelungen, weil das arbeitende Volk politisch zerklüftet ist und teilweise zur Erfassung seiner historischen Aufgabe, der Wegbereiter einer besseren Zukunft zu sein, herangebildet werden muß. Vielfach stehen leider noch Proletarier und Halbproletarier in arger und verhängnisvoller Verkennung ihrer eigenen Interessen auf der anderen Seite der Barikade; bewußt oder unbewußt, aus Not und Verzweiflung heraus, oder verführt durch hohle Schlagworte und unerfüllbare Zusagen stehen sie im Dienste der Kapitalistenklasse, wie es sich in Deutschland nun wieder einmal mit aller Klarheit gezeigt hat. Wir kennen die sozialen Ursachen dieser aufsehenerregenden Erscheinung sehr wohl. Dieselben werden aber nicht durch hochtrabende nationalistische Phrasen beseitigt, sondern durch den von uns geführten systematischen Klassenkampf. Niemals darf allerdings von allen arbeitenden Menschen gleich viel welcher Abstammung und welchen Berufe übersehen werden, daß man im hin- und herwogenden Klassenkampf um die Interessen des arbeitenden Volkes in Stadt und Land nur jenes Maß von Erfolg erzielen kann, daß der eigenen Kraft entspricht. Da wir nicht über die gesamte Kraft der Arbeiterklasse verfügen können, sind auch ganze, alle Teile befriedigende Erfolge selbstverständlich zur Zeit nicht erreichbar.

Je mehr sich die gesamte Arbeiterschaft und die Angestellten zusammenschließen, desto erfolgreicher wird der kommende Kampf sein. Es ist uns eine Genugtuung, meine Damen und Herren, die in Rede stehende Vorlage durch unser Eingreifen verbessert zu haben. Wenn nicht alle Wünsche erfüllt wurden, so ist das wahrlich nicht unsere Schuld, sondern es liegt dies einfach an den ungleichen Machtverhältnissen im Staate.

Nochmals sei betont, daß wir diese Vorlage nur als eine Abschlagszahlung auf die berechtigten Forderungen aller Staatsangestellten betrachten und behandeln, daß sie aber auch ein Beweis dafür ist, wie selbst in schwerer Zeit etwas erreichbar ist im Gegensatz zu anderen rein bürgerlich regierten Ländern, wenn die Staatsangestellten im Verein mit der Arbeiterschaft und ihren Vertretern kämpfen und ringen. An die Mehrheit der Regierungsparteien des Hauses aber richten wir zugleich die Aufforderung, nicht nur bei zutragen, daß der Staat in vorbildlicher Weise seine Pflicht als Arbeitgeber voll und ganz erfüllt, sondern auch alles zu tun, um das gräßliche Los der Arbeitslosen zu erleichtern.

Gerade in den letzten Monaten der wachsenden Wirtschaftskrise ist ein unbedingter Zwang vorhanden, einerseits die staatlichen Reserven für soziale Zwecke flüssig zu machen, andererseits an unnötigen Ausgaben zu sparen.

Meine Herren und Damen! Die Not in zahllosen Arbeiterfamilien ist oft gräßlich. In der Zentralkommission für Heimarbeiter, die gestern in Haida tagte, wurde über die schreckliche Krise in der nordböhmischen Glasindustrie eingehend berichtet. Im Haida-Steinschönauer Gebiet z. B. sind zwei Drittel der Arbeiter seit Wochen, ja oft seit Monaten ohne jeden Verdienst. Hunderte Familien leben buchstäblich nur von Brot und Kartoffeln. Ein schrecklicher Winter steht bevor. Da muß alles aufgeboten werden, um Elendskatastrophen hintanzuhalten. Es geht um die Gesundheit, um die Existenz von Hunderttausenden wertvollster Menschen in diesem Staate. Wir erinnern den Staat also nochmals nachdrücklichst an seine Pflicht, mit allen Machtmitteln hier einzugreifen. Selbst der letzte Proletarier hat ein unverbrüchliches Recht zum Leben. Die Zeit ist vorüber, wo die herrschenden bürgerlichen Klassen glaubten , mit Brosamen das notleidende Volk zu befriedigen und der so dringend notwendigen sozialen Neuordnung der Dinge damit zu entgehen. Die sozialen Funktionen des Staates auszugestalten, die kapitalistische Gesellschaft grundlegend umzuformen, Not und Elend dauernd zu beseitigen ist und bleibt unser Ziel. Hierfür wirken wir innerhalb und außerhalb der Regierung. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Simma (viz str. 17 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich habe ein Interesse daran, meinen gegenständlichen Ausführungen vorangehend eine persönliche Erklärung abzugeben. Sie betrifft eine Äußerung meiner vorwöchigen Rede, welche in anderer als der von mir gewollten Weise interpretiert wurde, sowohl in den Zeitungen als auch durch die Rede des Koll. Abg. Schäfer. Ich stelle aus persönlichem Interesse fest, daß die kritisierte Äußerung weder die sozialdemokratische, noch eine andere Partei berühren wollte, sondern daß sie lediglich eine aus der Situation heraus begreifliche Abwehr der Parole: "Nieder mit den Faszisten!" war, die in dem Gedanken gipfelte, daß von dieser Parole die verantwortlichen Arbeiter sich immer mehr abwenden werden.

Und nun zu dem Gegenstande des vorliegenden Antrages der Regierung bezüglich der Schaffung einer Weihnachtsremuneration für staatliche Angestellte und Lehrer im aktiven Dienste, einer Gesetzesvorlage, die seit Wochen und Monaten - ich darf das hier wohl unwidersprochen behaupten - in Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gestanden ist, eine Vorlage, die schwere Enttäuschungen in den Interessentenkreisen schuf, nicht nur deshalb, weil ihr Inhalt ein durchaus unbefriedigender ist, sondern auch deshalb, weil die Arbeit an ihr eine außerordentlich saumselige war, so daß der Effekt, tatsächlich eine Weihnachtsremuneration zu verschaffen, in Frage gestellt ist.

Meine Herren! Als wir im Jahre 1926 die Besoldungsgesetze für die staatlichen Angestellten und Lehrer im aktiven Dienst beschlossen, da fehlte es nicht an warnenden Stimmen bezüglich des meritorischen Inhaltes derselben und ich darf, ohne der Unbescheidenheit geziehen zu werden, sagen, daß gerade meine Partei, bezw. die Vertreter meiner Partei in den Fachausschüssen des Parlaments und bei den parlamentarischen Beratungen des Besoldungsgesetzes des Jahres 1926 es gewesen sind, die diese warnenden Stimmen erhoben. Die Ansätze der Einkommen der Beamten und Angestellten waren nach diesem Gesetzen, besonders was die breiten Massen der Angestellten und Lehrer anbelangt, so niedrig gehalten, daß sie einen Ausgleich gegenüber den Lebensverhältnissen, wie sie damals bestanden, nicht zulassen konnten. Aber es waren diesen Meinungen, die im besonderen wir vertraten, andere Meinungen entgegengetreten, daß das karge Maß materieller Zugeständnisse immer mehr genügen würde, wenn sich die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Staate konsolidieren würden, und es waren diese Meinungen schießlich bestimmend für den Entschluß zur Annahme der heute noch geltenden Gesetze.

Die Meinungen, die über einen Beruhigungsprozeß in sozialer und wirtschaftlicher Beziehung damals geäußert wurden und die dann - ich habe das auch schon aufgezeigt - die Ursache der endgültigen Beschlußfassung über die Gesetze vom Jahre 1926 gewesen sind, bestätigten sich dann später nicht. Man durfte nunmehr annehmen, daß das Ausbleiben der Kalkulation auf eine Konsolidierung der Verhältnisse jene zu einer Korrektur der Gesetze des Jahres 1926 bringen würde, die diese Gesetze eben unter der Voraussetzung angenommen hatten, daß der Konsolidierungsprozeß in wirtschaftlicher - und sozialer Beziehung tatsächlich eintrete. Es ist für mich und meine Partei deshalb eine ernste Pflicht, darauf aufmerksam zu machen, und bei der Beschlußfassung des Gesetzes bezüglich einer Weihnachtsremuneration an die Staatsangestellten und Lehrer im aktiven Dienste erneut die Berücksichtigung zu verlangen, die nur in einer grundsätzlichen Regelung des Beamten- und Lehrerbesoldungsproblems bestehen kann.

Die Soziallage der staatlichen Angestellten und Lehrer ist eine überaus traurige. Es wäre in der Tat notwendig, daß die Regierung dem Verlangen des Herrn Berichterstatters des heutigen Regierungsantrages, des Referenten des Finanzausschusses, des Koll. Bergmann, nachkäme, eine Statistik der Verschuldung der staatlichen Angestellten und Lehrer zu beschaffen. Dieselbe würde, wenn sie die Regierung einwandfrei durchführte, die dringliche Seite des Staatsbeamtenproblems so dartun, daß sich ihr unserer Meinung nach auch die heute noch einer solchen Regelung widerstrebenden verantwortlichen Faktoren des Staates nicht entziehen würden und sich von ihrer Wichtigkeit mit überzeugen ließen. Die Soziallage der staatlichen Angestellten und Lehrer würde sich nach dieser Statistik geradezu als eine Katastrophe des Staates erweisen, deren Folgen unabsehrbar sind. Eine solche Statistik würde hinter die Kulissen leuchten, die heute aus falscher Scham oder anderen Motiven Staatsangestellte und Lehrer vor sich gerückt halten, um nicht in ihre eigentlichen Verhältnisse sehen zu lassen. Eine solche Statistik, wie sie Koll. Bergmann als Berichterstatter des Finanzausschusses über die Verschuldung der Staatsbeamten und Lehrer verlangt, würde die tatsächliche Sozial- und Wirtschaftslage hunderttausender Familien dieser Menschen in einem so katastrophalen Lichte aufzeigen, daß es in diesem Hause niemanden, der nur einigermaßen Verantwortungsbewußtsein in sich fühlt, geben könnte, der sich einer grundsätzlichen Regelung des ganzen Staatsbeamtenproblems in der Form anderer Gehaltssätze zwecks Erhöhung des Lebensniveaus der Staatsangestellten und Lehrer entgegenstellen würde.

Es bedarf keines weiteren Beweises, es ist jedermann, der nur einigermaßen in die Dinge Einblick hat, bekannt, daß die Soziallage des Beamtentums und der Lehrerschaft heute längst die Proletarisierung mit allen üblen Folgewirkungen ist. Es ist ganz klar und es braucht nicht weiter bewiesen zu werden, es ist für jeden, der hinter die Dinge zu sehen vermag, eine Tatsache, daß die Proletarisierung des Beamtentums als Folge der schlechten Besoldungsverhältnisse Dienst und Arbeit sehr wesentlich beeinflußt. Ich glaube, in diesem Hause hier sagen zu dürfen, daß als Folgewirkung der Wirtschafts- und Soziallage des Beamten- und Lehrertums die Demoralisation der Verwaltung kommen kann, die in ihren Wirkungen wiederum für den Staat unübersehbar sein kann. Dagegen gibt es nach unserer Meinung keine andere Korrektur, und das drücken wir mit aller Deutlichkeit aus, als eine Besoldungsreform, die auf den Forderungen und Wünschen der Organisationen der staatlichen Angestellten und Lehrer aufgebaut ist. Diese Forderungen sind nicht hoch gespannt, sind nicht unbescheiden, sie halten sich im Rahmen des finanziellen Könnens des Staates, sie sind als seriös zu werten und es wäre schon möglich, ihnen nachzukommen.

Es ist unmöglich, daß man mit legislativen Maßnahmen wie der vorliegenden über die Weihnachtsremuneration das Auslangen finden kann, zumal neue Verschärfungen der sozialen Lage durch kommende Entwicklungen erstehen werden. Ich mache hier nur aufmerksam auf die kommenden Erschwernisse der Wirtschafts- und Soziallage der an der heutigen Vorlage interessierten Stände durch die Novellierung des Miete- und Wohngesetzes. Es ist die Korrektur aller dieser Dinge in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung nur durch einen großen legislatorischen Wurf, nicht durch ein Flickwerk wie diese Vorlage möglich. Auch wir wissen, wie eine weitgehende finanzielle Frage der große legislatorische Wurf ist, eben die Besoldungsreform, da nach dem Berichterstatter des sozialpolitischen Ausschusses Koll. Ježek wir im Staate 102.074 Beamte der Staatsverwaltung, 177.664 Angestellte der staatlichen Betriebe und 49.413 Volksschullehrer haben, also insgesamt 329.151 staatliche Angestellte und Lehrer zählen. Hievon ist nur eine Oberschicht nach den Wirkungen des Gesetzes von 1926 in der Lebensführung sichergestellt, die breite Masse ist notleidend, also ist ihre wirtschaftliche und soziale Lage durch ein neues Gesetz zu korrigieren. Ob nun so oder so, das Problem muß gelöst werden. Was ich vorhin aufgezeigt habe an katastrophalen Auswirkungen der heutigen sozialen und wirtschaftlichen Lage der Staatsangestellten und Lehrer im aktiven Dienste, ist für den Staat nicht anders zu vermeiden.


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