Seit dem Jahre 1920 bemüht sich die Stadtgemeinde Troppau,
bei der Aufteilung des im Stadtgebiete liegenden Großgrundbesitzes
berücksichtigt zu werden. Die ersten Schritte wurden bereits
im April 1920 unternommen. Die im Jahre 1920 eingebrachten Eingaben
blieben unbeantwortet, da nach Mitteilung des Staatsbodenamtes
die Bewerbung um beschlagnahmten Boden erst nach jeweiliger Einleitung
des Zuteilungsverfahrens zulässig sein sollte. Anfangs 1921
erließ das Bodenamt eine Kundmachung, wonach Ansuchen um
zuteilung von beschlagnahmten boden des Lichtenstein'schen und
Hoch- und Deutschmeister'schen Besitzes eingebracht werden können.
Eine zweite Kundmachung bezeichnete die Bewerbung um zerstreut
liegende Grundstücke der beiden genannten Großgrundbesitze
als zulässig. Die vom Bürgermeisteramte aufsuche wurden
jedoch abgelehnt. Auch die im Jahre 1923 eingeleiteten Schritte,
Grund zu erwerben, führten zu keinem Erfolg. Als zu Beginn
des Jahres 1924 das Bürgermeisteramt erfuhr, daß das
Staatsbodenamt Vorbereitungen zwecks Durchführung des Zuteilungsverfahrens
hinsichtlich des Lichtenstein'schen Besitzes in Troppau treffe,
hat es neuerliche Verhandlungen angebahnt. Ebenso sprach es am
18. Feber 1924 Grundstücke an, welche zum beschlagnahmten
Grundbesitz der Troppauer Zuckerraffinerie-A. G. gehörten.
Auch diese Schritte führten nicht zum Ziele. Zwar führten
die Verhandlungen mit dem Lichtenstein'schen Forstamt in Jägerndorf
wegen Verkaufes von Grundstücken zu einem Übereinkommen,
welches die Stadtvertretung am 8. Jänner 1925 genehmigte.
Dieses Übereinkommen wurde nach Genehmigung durch die Landesverwaltungskommission
dem Bodenamt übermittelt.
Eine Erledigung ist bisher nicht erfolgt, doch teilte in einer
am 17. September 1925 stattgefundenen Besprechung über die
Richtlinien des Zuteilungsplanes betreffend die Grundstücke
des sogenannten Fürstenhofes der Leiter der Distriktsstelle
des staatlichen Bodenamtes in Olmütz, Werner, mit, daß
die an der Feldgasse gelegenen Grundstücke an Baugenossenschaften
abgegeben und 18 ha als Reserve für die Stadterweiterung
dem bisherigen Gutsinhaber belassen werden, während das Restgut
Fürstenhof vorläufig auf 10 Jahre verpachtet werden
soll. Über diese Besprechung wurde am 26. September dem Bürgermeisteramt
die Abschrift eines Protokolls übermittelt. Kurze zeit danauf
wurde tatsächlich die Verpachtung des Rstgutes Fürstenhof
ausgeschrieben. Einem Beschluß der Stadtvertretung entsprechend,
trat die Stadtgemeinde Troppau als Bewerberin auf.
Diese war am 29. November 1925. Seit dieser Zeit verlautete über
das weitere Schicksal des Fürstenhofes nichts, bis vor kurzem
bekannt wurde, daß er nicht verpachtet, sondern in das Eigentum
einer bevorzugten Persönlichkeit übertragen werden soll.
Gegen ein derantiges Vorgehen des Bodenamtes, das nicht nur den
Bestimmungen des Zuteilungsgesetzes widerspricht, sondern auch
die von den Organen des Bodenamtes anerkannte Notwendigkeit, für
die Erweiterungsmöglichkeit der Stadt zu sorgen, völlig
außeracht läßt, hat sich die Troppauer Stadtvertretung
in einer Entschließung auf das schärfste ausgesprochen.
Diese Entschliessung wurde einstimmig, also auch mit den Stimmen
der tschechischen Stadtvertreter angenommen. Schon aus diesem
Umstand ist ersichtlich, daß es sich hier tatsächlich
um ein allgemein anerkanntes öffentliches Interesse handelt.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Ministerpräsidenten
folgende Anfrage:
Ist er bereit diese Angelegenheit auf das strengste untersuchen
zu lassen, die oben gekennzeichneten Machenschaften zu verhindern
und dafür zu sorgen, daß die protokollarisch festgelegte
Verpachtung des Restgutes Fürstenhof durchgeführt wird;
Prag am 20. April 1926.
Vor den Osterfeiertagen erschien in der Stadt Jauernig in Schlesien
der Gendarmeriewachmeister Johann Futera - dienstlich adjustiert
zumeinst -in den Wohnungen deutscher Eltern und forderte sie auf,
ihre schulpflichtigen Kinder im Alter von 6 bis 8 Jahren in die
in Jauernig neuzuerrichtende Schule mit tschechischer Unterrichtssprache
einschreiben zu lassen. Dabei ließ er sich die Geburtsdaten
der Kinder angeben und schrieb sie in ein Verzeichnis ein. Durch
Vorstellungen, daß der Schulbesuch ganz kostenlos sei, daß
die Kinder unterstüzt und beschenkt werden, daß talentierte
Kinder unentgeltlich weiterstudieren können, daß sie
binnen drei Jahren die tschechische Sprache, die zu ihrem Fortkommen
unbedingt notwendig sei, perekt erlernen und daß das Tschechische,
welches in den hiesigen Schulen gelehrt werde, nicht das richtige
sei, suchte er die Eltern für die Einschreibung in die Minderheitsschule
zu gewinnen. Obwohl die Eltern keine schriftliche Zustimmungserklärung
abgaben und auch nicht gewillt sind, ihre Kinder die tschechische
Schule besuchen zu lassen, betrachtete der Wachtmeister die gemachten
Angaben über die Daten der Kinder als bindend. Die Richtigkeit
des Gesagten kann bestätigt werden.
Nach der letzten Volkszählung gehören in Jauernig 99,8%
der Bevölkerung zur deutschen nation und soll der Ort nur
2 schulpflichtige Kinder besitzen. In den hiesigen deutschen Volks-
und Bürgerschulen ist der unobligate tschechische Unterricht
seit drei Jahren, vom 3. Schuljahre angefangen, eingeführt.
Die Gefertigten stellen an den Herrn Minister des Innern und an
den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur die Anfrage:
1.) Ist den Herren Ministern diese Agitation, welche auf eine
neuerliche Schädigung unseres deutschen Schulwesens hinarbeitet,
bekannt, bezw. ist diese Agitation im Auftrage staatlicher Behörden
erfolgt;
2.) Wenn dies nicht der Fall ist, was gedenken die Herren Minister
zu tun, daß dergleichen gesetzwidrige, die Bevölkerung
beunruhigende Agitationen in Hinkunft unterbleiben und die schuldigen
Organe zur Verantwortung gezogen werden?
Prag, am 21. April 1926.
Bei der Durchführung des Abbaues von Staatsbeamten und Abgestellten
wurden auch Hunderte von Handarbeitslehrerinnen zwangsweise pensioniert
oder entlassen.
Dadurch ruht in vielen Schulgemeinden der handarbeitsunterricht
für Mädchen vollständig, obwohl das Gesetz vom
13. Juli 1922 Slg. Nr. 226 den Unterricht in weiblichen Handarbeiten
nach § 1 für Volksschulen und § 3 für Bürgerschulen
ausdrücklich als Pflichlehrgegenstand festgesetzt.
Es ist somit durch den schablonenhaften Abbau der Handarbeitslehrerinnen
offenkundig das angeführte Gesetz vom 13. Juli 1922 Nr. 226,
verletzt worden und wirken sich die Folgeerscheinungen dieser
Gesetzesverletzung mit besonderer Härte an den wirtschatlich
schwächsten Schichten des Volkes aus.
In den Städten und großen Industrieorten besteht trotz
des Abbaues immer noch die Möglichkeit, durch Zusammenziehung
von Schulklassen den Mädchen einen wenn auch weniger individuellen
Unterricht in weiblichen Handarbeiten zu geben. In den von Arbeitern
und Kleinlandwirten bewohnten Gebirgsdörfern mit ihren meist
einklassigen Schulen ist diese Möglichkeit nicht gegeben
und wachsen die Mädchen nun ohne Unterricht in dem für
sie mit am wichtigsten Fach auf.
Es zeugt von unsozialer Härte, daß man den Mädchen
der ärmeren Kreise, welche fast ausnahmslos sofort nach zurückgelegter
Schulzeit ihren Unterhalt, ob innerhalb oder außerhalb der
Familie, in angestrengter Arbeit verdienen müssen, die Möglichkeit
nimmt, sich in weiblichen Handarbeiten auszubilden.
Für die Frau des Arbeiters, des Gewerbetreibenden und Landwirtes
ist die Kenntnis des Strickens, Stopfens, Nähens usw. ungleich
wichtiger als Geographie- und Geschichtsstunden, da das Wohlergehen
der Familie von ihrer Sorgfältigkeit und Tchtigkeit im Haushalt
abhängig ist.
Die Gefertigten fragen deshalb an:
1.) Sind dem Herrn Minister diese durch die Verletzung des Gesetzes
vom 13. Juli 1922 Nr. 226 entstandenen unsozialen Härten
bekannt?
2.) Ist der Herr Minister gewillt, diese Härten zu beseitigen,
in dem der obligatorische Unterricht in weiblichen Handarbeiten
für Mädchen, an allen Volksschulen dem Gesetz entsprechend
sofort wieder eingeführt wird?
Prag, am 8. April 1926.
Die Gemeinden des Bezirkes Bensen sowie der Bezirk selbst bauen
ihren Haushalt auf die Steuervorschreibungen auf und beschließen
nach diesem die Umlagenprozente. Sie bekommen die Umlagen trotz
dieses Vorganges nicht ausbezahlt. Im Bezirke Bensen erhalten
für das Jahr 1925 laut beiliegenden Ausweise 23 Gemeinden
nicht weniger als 241.732 Kronen Gemeindeumlage, der Bezirk als
solcher für das Jahr 1924 und 1925 265.020 Kronen auf Grund
des steuerämtlichen Ausweises über die Zinssteuer und
den übrigen Steuern.
Der vom Steueramte angefertigte Verteilungsplan, nach welchem
die Umlagen aufgeteilt werden, ist für die Gemeinden und
den Bezirk insofern ungünstig, weil in diesem auch die Einkommensteuer
enthalten ist. Im Verteile sind nur die Vorschreibungen enthalten
und gerade bei der Einkommensteuer sind sehr viele uneinbringliche
Posten, auf welche keine Rücksicht genommen wird, deshalb
der Staat auf Grund dieses Verteilungsplanes von den Umlagen
einen großen Teil für sich behält. Ein gleiches
Verhältnis besteht auch bei den Gemeinden und erhalten diese
seit 5 Monaten keine Gemeindeumlagen, weil sie der Staat an sich
zieht. Der Bezirk Bensen sollte im Jahre 1926 für die Monate
Jänner und Feber 100.000 Kè Umlagen erhalten, doch
erhielt er nur 22.000 Kè, von welchem Betrage nur die Gehälter
und kleinere Auslagen bezahlt werden können, sodaß
alle übrigen Verpflich tungen unerfüllt bleiben. Die
Vorstellungen des Bezirkes und der Gemeinden bleiben unerledigt
und finden keine Berücksichtigung.
Unter solchen Umständen ist eine geregelte Geschäftsführung
in den Gemeinden und dem Bezirke unmöglich und die Gefertigten
fragen deshalb:
Sind die Herrn Minister geneigt, im Interesse der Ordnung und
klaglosen Wieterführung der Gemeindegeschäfte diese
unhaltbaren Zustände in den Gemeinden des Bezirkes Bensen
sowie im Bezirke selbst durch geeignete Maßnahmen abzustellen?
Ausweis über die Umlagenwirtschaft im Bezirke Bensen im Jahre
1925:
Algersdorf | |||
Altschokau | |||
Bensen | |||
Biebersdorf | |||
Franzenthal | |||
Großbocken | |||
Gorßwöhlen | |||
Güntersdorf | |||
Habendorf | |||
Hochdobern | |||
Karlsthal | |||
Kleinschockau | |||
Kleinwöhlen | |||
Mertendorf | |||
Niederebersdorf | |||
Oberebersdorf | |||
Parlosa | |||
Reichen | |||
Schönau | |||
Tschiaschel | |||
Voitsdorf | |||
Wernstadt |
Prag, am 12. April 1926.