Pùvodní znìní ad XVI./4443.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Lodgman und Genossen

an den Minister des Innern und den Eisenbahnminister

in Angelegenheit des Bohumil Desenský.

Ende November 1923 wurde ein Eipel Bohumil Desenský der Müller Zeifel aus Podratsch, der Landwirt Bild und der Milchhändler Bradatsch aus Raatsch wegen Verdachtes der Brandstiftung, Erpressung und des Betruges verhaftet.

Es handelt sich um demselben Desenský, welcher bei der politischen Bezirksverwaltung Trautenau unter Ministerialrat Dr. Tauer seit dem Umsturze wiederholt die èechische Minderheit von Trautenau vertreten und auf die Entscheidungen dieser Behörde massgebenden Einfluss genommen hatte. Dies wurde zwar seinerzeit in Abrede gestellt, wird aber nunmehr von den èechischen Zeitungen selbst bestätigt.

Bohumil Desenský ist 1884 geboren, lernte das Kellnerhandwerk und wurde bereits vor dem Kriege wegen Erpressung verurteilt. Nach verbüsster Strafe rückte er zu Militär ein und kam weil verwundet nach Trautenau ins Spital. Nach dem Umsturze wunde er Eisenbahnbeamter und zur Zeit des Ministerialrates Tauer in Trautenau wiederholt Vertreter der èechischen Minderheit im Trautenau. Es ist selbstverständlich, dass Desenský jetzt nach seiner Verhaftung von den verschiedenen èechischen Parteien verleugnet wird allein dies ändert nichts an der Tatsache, dass er seinerzeit als Vertreter derselben èechischen Parteien bei dem Behörden vorgesprochen hat und von ihnen angenommen wurde. Zum Beweise für diese Behauptungen führen wir folgende èechische Blätterstimmen an:

1. Podkrkonošské rozhledy (sozialdemokratisch) vom 30. November 1923:

Für die Minderheit und für die èechische nationalsozialistische Partei, die zu Desenskýs Tun Lange schwieg und ihn in ihren Reihen duldete, ist diese Affäre eine bittere Lehre und eine Warnung für die Zukunft. Solche Erscheinungen müssen an dem Pranger gestellt und dürfen nicht verschwiegen werden.

2. Lidové proudy (nationalsozialistisch):

Da vielfach vermutet wird, dass Desenský Mitglied der politischen Organisation der èechischen Nationalsozialisten sei, stellen wir fest, dass er vor einem Jahre aus der Organisation ausgeschlossen wurde.

3. Podkrkonošské rozhledy:

Die Zeit nach dem Umsturze war für Desenský Wasser auf die Mühle. Er hatte damals, wie wir wissen, in einflussreichen Prager Kreisen Vertrauenspersonen und wurde bald der Schrekken der Oeffentlichkeit und der Aemter. Er masste sich das Recht an, die Minderheiten zu repräsentieren und schritt oft in ihren Namen beider politischen Bezirksverwaltung ein, obwohl er dazu nicht bevollmächtigt war. Einmal schreckte er dem Chef der politischen Bezirksverwaltung von Trautenau Dr. Tauer durch eine lügenhafte Behauptung über eine Gärung in der èechischen Minderheft und trieb die Drohung damit so weit, dass eine starke Gendarmerieabteilung lange Stunden in anstrengendem Bereitschaftsdienst stand - für nichts und wieder nichts...

Zur Aufklärung über diese letztere Mitteilung sei Folgendes bemerkt:

Am 6. April 1922 fanden sich Desenský, ein gewisser Vojíø und ein gewisser Vala bei der politischen Bezirksverwaltung in Trautenau ein, liessen den damaligem Amtsleiter Ministerialrat Tauen der sich zu seiner Erholung in Johannisbad befand, aigens nach Trautenau kommen und bewogen ihn noch am selben Tage, an Bürgermeister Siegel dem Erlass herauszugeben, die damals teilweise bereits eingebrachten amerikanischen Strassentafeln (mit Ziffern) binnen 24 Stunden zu entfernen, indem sie auf die Empörung der èechischen Minderheit hinwiesen. Wie es um diese Empörung stand, beweist am besten die jetzige Mitteilung der Podkrkonošské Rozhledy, allein es ist kennzeichnend, dass die Behörden, statt das vorbestrafte Subjekt tatkräftig abzuweisen, im Gegenteil auf seine Wünsche bereitwillig eingegangen sind und sie zum Anlasse genommen haben, um gegen die Stadtvertretung vom Trautenau vorzugehen.

Die deutsche Oeffentlichkeit ist freilich ein solches Verhalten der Staatsbehörden gewöhnt und der hier geschilderte Fall ist ja nur ein Merkzeichen dafür, das die berüchtigten Národní výbory, deren Bestand allerdings immer geleugnet wurde, den grössten Einfluss auf die staatlichen Behörden auszuüben vermochten und noch immer ausüben, mögen ihre Vertreter auch oftmals höchst berüchtigte Personen sein. Jedenfalls ist das Verhalten der politischen Bezirksverwaltung im Trautenau für die staatlichen Verhältnisse so kennzeichnend, dass eis von der Ministerbank aufgeklärt werden müsste und wir fragen daher den Herrn Minister des Innern.

1. Ist ihm der Fall Desenský bekannt? Ist es richtig, dass dieser Desenský bei Ministerialrat Tauer im Namen der èechischen Minderheit vorgesprochen und die Entfernung der amerikanischen Strassentafeln erzwungen hat?

2. Womit vermag die Regierung das Verhalten des Ministerialrates Trauer zu rechtfertigen, der es für richtig befunden hat, den Wüschen eines vorbestraften Subjektes die Gewalt des Staates zur Verfügung zu stellen?

3. Sind die Vermutungen der Zeitungen richtig, dass Desenský ein Spitzel war und hat er als solcher irgendwelche Entlohnungen erhalten?

Weiters fragen wir den Herrn Eisenbahnminister:

Ist es wahr, dass Desenský Eisenbahnbeamter war? Auf Grund welcher Kenntnisse wurde er aufgenommen und was war die Ursache, dass er den Eisenbahndienst wieder verlassen hat? War dem Eisenbahnministerium oder der aufnehmenden Behörde bekannt, dass Desenský bereits in Oesterreich wegen Eispressung vorbestraft war?

Prag, den 6. März 1924.

Dr. Lodgman,

Ing. Kallina, Dr. Brunar, Dr. E. Feyerfeil, Kraus, Matzner, Dr. Keibl, Dr. W. Feierfeil, Dr. Schollich, J. Mayer, J. Fischer, Böllmann, Heller, Knirsch, Patzel, Simm, Bobek, Bahr, Zierhut, Kaiser, Schubert, Dr. Radda, Dr. Lehnert.

Pùvodní znìní ad XVII./4443.

Interpellation

des Abgeordneten Hugo Simm und Gen.

an den Minister für Finanzen

in Angelegenheit der rücksichtslosen Exekutionsführung gegen Steuerpflichtige wie in Angelegenheit der ungerechtfertigten grundbücherlichen Sicherstellung fiktiver Steuerrückstände auf den Besitzständen der Steuerrückständigen.

In der Antwort vom 2. August 1923 wurde mir vom Herrn Finanzminister versichert, dass die Finanzbehörden angewiesen wurden, den Steuerpflichtigen in liberalster Weise entgegenzukommen, besonders aber die Erlässe vom 29. Mai 1921, Zahl 51702-5810-21-3/7 B und vom 24. Mai 1922, Zahl 55154-6714-22-3/9 A zu respektieren. Entgegengesetzt diesen Versicherungen verhalten sich die Tatsächlichkeiten. In einer Reihe von Steuerbezirken, darunter dem Gablonzer, praktizieren die Steuerämter gegen die wirtschaftlich ausserordentlich bedrückten Steuerzahler augenblicklich wiederum harte Massnahmen. So wurden an die Steuerträger Zahlungsaufträge erlassen für die Gesamtheit der bisher aufgelaufenen Steuerrückstände. Man wählt hiezu die Form, dass man die Steuerrückstände in Anziehung des Gesetzes vom 16. März 1921 Slg. 116 auf Grundlage der letzten Steuervorschreibungen (Personaleinkommensteuer 1919, Erwerbsteuer 1921) auch für die Jahre 1920/23 provisorisch bemisst und vorschreibt. Diese provisorischen Vorschreibungen benützt man für rücksichtslose Exekutionsführungen und zur Vornahme grundbücherlicher Einverleibungen für Fälle der Nichtleistung der Zahlungen. Die Unterzeichneten legten dem Herrn Finanzminister schon wiederholt dar, dass diese Praxis eine ungehörige Härte insofern im sich birgt, als die provisorischen approximativen Vorschreibungen fast in allen Fällen höhere sind als die zu erwartenden definitiven Vorschreibungen. Trotzdem die Steuerbehörden hievon in Kenntnis sind, forcieren sie die grundbücherliche Einverleibung der Beträge der provisorischen Vorschreibungen. Angenommen die letzte definitive Vorschreibung an Personaleinkommensteuer 1919 und Erwerbsteuer 1921 betrüge 50.000 K und wäre geleistet worden, die Summe dieser Steuern aber wäre in den Jahren 1920/23 jährlich nur 30.000 Kè, so würde bei ausgebliebenen á conto Zahlungen nach den provisorischen Vorschreibungen 1920/23 ein Betrag von 4mal 50.000 K d. i. 200.000 Kè nunmehr grundbücherlich festgestellt, wobei der Steuerpflichtige die Lasten dieser Sicherstellung zu tragen hat, obwohl nur eine tatsächliche Schuldigkeit von 120.000 Kè durch die definitiven Vorschreibungen festgestellt werden wird. Die Korrektur einer solchen grundbücherlichen Sicherstellung geht wieder zu Lasten des Steuerträgers. Hiezu kommt, dass durch die Belastung des Besitzstandes des Steuerpflichtigen dessen Kredit in äusserster Weise unterbunden wird. Derselbe basierte oftmals nur auf dem unbelasteten Besitzstande. Wir begreifen einen solchen Vorgang umsoweniger, als er auch gepflogen wird bei gewährten Steuererleichterungen im Sinne der obzitierten Erlässe des Herrn Finanzministers. Diese Methoden sind geeignet, die an und für seich erschütterten wirtschaftlichen Existenzen vollends umzulegen.

Ohne Wissen, ob diese Praktiken im Einverständnis des Herrn Ministers geschehen, fragen die Unterzeichneten an:

1. Sind dem Herrn Minister diese Methoden bekannt und geschehen sie mit seinem Einverständnis?

2. Ist der Herr Minister bereit, die Verfügung zu treffen, dass die ordnungsgemässen Vorschreibungen beschleunigt erlassen werden und dass bei denselben die Steuerträger schonend behandelt werden?

3. Ist der Herr Minister bereit, die grundbücherlichen Einverleibungen provisorischer, nichtfeststehender Stauerbeträge besonders bei Bewilligung von Steuererleichterungen zu verheertem?

Prag, am 6. März 1924.

Simm,

Stenzl, Bobek, Windirsch, Dr. Lelley, Dr. Luschka, Palkovich, Ing. Jung, Knirsch, Dr. W. Feierfeil, Patzel, Dr. Jabloniczky, Zierhut, Dr. Körmendy-Ékes, Schubert, Heller, Schälzky, Böhr, Budig, Wenzel, Füssy.

Pùvodní znìní ad XVIII./4443.

Interpellation

der Abgeordneten Wittich, Dr. Czech und Genossen

an die Regierung

betreffend den Willkürakt des Obernotärs Josef Bellai gelegentlich der Wahl eines Oberbuchhalters bei der Stadt Bratislava.

In der ordentlichen Generalversammlung im Monate Februar 1. J hatte die Gemeindevertretung der Stadt Bratislava die Wahl eines städtischen Oberbuchhalters vorzunehmen. Aus diesem Anlass hat der von der Regierung ernannte Obernotär, Ministerialrat Josef Bellai, unter Berufung auf ein altes ungarisches Gesetz während des Wahlaktes den Vorsitz übernommen, in dieser Eigenschaft die Hälfte der Kandidationsmitglieder ernannt und dann mit seiner die Kandidationskommission majorisierenden Stimme die Aufstellung nur eines einzigen Bewerbes durchgesetzt.

Trotz des Protestes der Gemeindevertretung gegen diese gesetzwidrige Kandidierung nahm der präsidierende Obernotär die Abstimmung vor. Von den anwesenden 48 stimmberechtigten Gemeindevertretern erhoben sich nur 14 Mitglieder für den Kandidaten des Herrn Obernotär Josef Bellai, während 34 Gemeindevertreter mit der Absicht sitzen geblieben sind, bei Stellung der Gegenprobe, sich zu erheben, also gegen den vorgeschlagenem Kandidaten zu stimmen. Aber Obernotär Josef Bellai erklärte den Kandidaten mit den Stimmen der qualifizierten Minorität als rechtsgiltig gewählt, ahne die Gegenprobe zu steilem.

Diese flagranfe Verletzung der Demokratie und des Majoritätsprinzipes hat die Gemeindevertretung veranlasst, den vom Obernotär Josef Bellai enunzierten Beschluss betreffend die Wahl des Oberbuchhalters die Durchführung zu verweigern, die Vornahme eines zweiten Wahlganges zu fordern und nachdem diesem Beschlusse durch die höheren Verwaltungsinstanzen nicht entsprochen wurde, bis zu dessen Erfüllung, keine Gemeinderatsitzungen abzuhalten.

Auf Grund dieses Tatbestandes richten wir die Anfrage:

1. Ist die Regierung bereit, den vom Herrn Obernotär Josef Bellai verübten Willkürakt ausser Kraft zu setzen und den Verstoss gegen die gesetzlich verbrieften Rechte des Selbstverwaltungskörpers der Stadt Bratislava zu sühnen?

2. Welche Massnahmen ist der Herr Minister zu ergreifen bereit um zu verhüten, dass die Rechte der Gemeindevertretung durch vorn Staate ermannte Organe gebührend respektiert werden?

Prag, am 6. März 1924.

Wittich, Dr. Czech,

Dietl, S. Mayer, Uhl, Leibl; Schuster, Borovszky, Dr. Holitscher, Häusler, Hoffmann, Dr. Haas, Taub, Hausmann, Kirpal, Hackenberg, Kaufmann, Beutel, Deutsch, Jokl, Palme, Schäfer, Koscher.

Pùvodní znìní ad XIX./4443.

Interpellation

der Abgeordneten Rascher, Hoffmann, Häusler und Genossen

an den Minister für soziale Fürsorge und an den Minister des Innern wegen der Aussperrung von 3000 Textilarbeitern im Tannwalder Gebiete, Bezirk Gablonz.

Seit 4 Wochen sind annähernd 3000 Textilarbeiter im Tannwalder Gebiet von den dortigen Textilindustriellen ausgesperrt. Die Unternehmer wollten von der Arbeiterschaft eine ungesetzliche Handlung erzwingen und die Arbeiter verhalfen, Statt der im Gesetze festgelegtem 48 ständigen wöchentlichen Arbeitszeit dauernd 49 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Die Arbeiterschaft lehnte mit Recht, in dem Bewusstsein, dass ihre Weigerung dem Schutze des Gesetzes über dem 8 Stundentag gilt, das Ansinnen der Unternehmer ab. Die Arbeiterschaft wollte durch ihre Weigerung die Unternehmer zur Achtung vor dem Gesetze über den 8 Stundentag zwingen. Die rechtliche Handlung der Arbeiterschaft zum Schutze eines bestehenden Gesetzes beantworteten die Unternehmer damit, dass sie die Arbeiterschaft aus den Betrieben aussperrten. Die Unternehmer begehen durch ihr Verhalten eine Missachtung des Gesetzes und haben sich offenkundig einer Uebertretung des Gesetzes über den 8 Stundentag schuldig gemacht. Die Arbeiterschaft war ernstlich bemüht und hat nichts unversucht gelassen, den Konflikt beizulegen, jedoch sind alle Bemühungen die Unternehmer zur Einhaltung des Gesetzes zu zwingen, an den Starrsinn und die Unnachgiebigkeit der Unternehmer gescheitert.

Wir fragen deshalb den Herrn Minister für soziale Fürsorge sowie den Herrn Minister des Innern, ob sie bereit send sofort zu veranlassen, die Arbeiter gegen dieses brutale, ungesetzliche Vorgehen von Seite der Unternehmer zu schützen und ob, sie weiter beredt sind, de Unternehmer zu zwingen, dass sie das Gesetz über den Achtstundentag strikte einhalten.

Prag, den 6. März 1924.

Koscher, Hoffmann, Häusler,

Leibl, Uhl, Beutel, Dietl, Dr. Haas, Dr. Czech, Deutsch, Wittich, Hirsch, Kirpal, Schäfer; Palme, R. Fischer, Taub, Hackenberg, Hausmann, Schuster, Dr. Holitscher.

Pùvodní znìní ad XX./4443.

Interpellation

der Abgeordneten Jokl, Heeger und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur und den Minister des Innern in der Angelegenheit des Vorgehens des bevollmächtigten Kommissars für das Hultschiner Gebiet gegen den deutschen häuslichen Privatunterricht und die Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes in Deutsch-Krawarn.

Der Obmann des deutschen Kulturverbandes in Deutsch-Krwarn (Hultschiner Gebiet) wurde am 8. Feber 1924 vor das Amt des bevollmächtigten Kommissärs für Hultschin in Troppau geladen, wo mit ihm nachstehendes Protokoll aufgenommen wurde:

Sepsaný dne 8. února u zemské pol. správy v Opavì s Vincencem Vilaškem, pøedsedou spolku Ortsgruppe Krawarn des deutschen Kulturverbandes, sídlem v Kravaøích.

Pøedmìt: Èinnost jmenovaného spolku v Kravaøích.

Zufolge eines Bemfchtes der pol. Bez. Verwaltung in Hultschin an den Herrn bevollmächtigten Kommissär der. S. R. für das Rat. Geb. hat in Krawarn der dort nicht politische Verein Ortsgruppe des deutschen Kulturverbandes systematisch und planmässig nicht nur die Kinder deutscher Nationalität, sondern in erster Linie und hauptsächlich für die mährischen Kinder Krawarns den Privatunterricht in deutscher Sprache organisiert.

Der genannte unpolitische Verein hat in Krawarn diesen Privatunterricht als Ersatz für den obligaten Besuch der öffentlichen Schule bei den in der Beilage genannten Kindern, deren mährische Nationalität und mährische Muttersprache auf Grund amtlicher Erhebungen zweifellos festgestellt wurde, eingerichtet und unterhält denselben mit Hilfe privater Lehrkräfte.

Der Herr bevollmächtigte Kommissär der ÈSR. für das Rat. Geb. kann nach Prüfung der Statuten des Vereines Ortsgruppe des deutscher Kulturverbandes mit dem Sitze in Krawarn der Tätigkeit, die dieser Verein in der angedeuteten Richtung entfaltete und noch entfaltet nur insoweit den Charakter einer erzieherisch kulturellen Tätigkeit im Sinne vier behördlichen genehmigter Statuten zubilligen, als sich dieselbe auf den häuslichen Unterricht von Kindern ausgesprochen deutscher Nationalität erstreckt.

Die Tätigkeit des genannten Vereines ist jedoch, wie vorerwähnt in erster Linie und hauptsächlich darauf gerichtet, immer systematisch und zielbewusst in Krawarn unzweifelhaft Kinder mährischer Nationalität vom obligaten Besuche der öffentlichen Schule abzuhalten und sie dem häuslichen Unterrichte im deutscher Sprache zuzuführen. In dieser Aktion eines unpolitischen Vereines, die ganz offen auf die Entnationalisierung und Germanisierung der Kinder von mährischer Abstammung hinzielt, muss abgesehen davon, dass eine solche Tätigkeit im Widerspreche steht mit grundlegenden Bestimmungen der Verfassungsurkunde der. S. R. die für einen nichtpolitischen Verein unzulässige Bekundung und Betätigung von national politischen Tendenzen erblickt werden.

Der Verein Ortsgruppe Krawarn des deutschen Kulturverbandes hat somit dadurch, dass er eine politische Tätigkeit in der angeführten Richtung entfaltete, den in seinen Statuten festgesetzten Wirkungskreis übertreten hat, die öffentliche Ordnung verletzt und sollte somit im Sinne des § 118 der Verfassungsurkunde und des § 24 des Vereinsgesetzes vorm Jahre 1867 aufgelöst werden.

Der Herr bev. Kommissär der ÈSR. f. d. Rat Geb. sieht jedoch für diesen Fall ausnahmsweise von der Anwendung des Gesetzes ab, macht aber den Verein aufmerksam und gibt ihm zu wissen, dass er unverzüglich mit der Auflösung im Sinne des Vereinsgesetzes vorgehen wird, falls der Verein binnen 8 Tagen seine unzulässige politische Tätigkeit in Krawarn nicht einstellt.

Der Verein hat somit die in der Beilage angeführten Kinder mährischer Abstammung und mährischer Muttersprache binnen der festgesetzten Zeit aus dein Privatunterrichte zu entlassen, damit dieselben die im Orte bestehende öffentliche Schule besuchen.

Das in Befolgung des Gesagten die in Frage kommenden Eltern und Kinder verständigt wurden, ist dem Herrn bevollmächtigten Kommissär für das Rat. Gebiet von Seite des Vereines bis 16. Feber 1924 schriftlich anzuzeigen. Ich bestätige hiermit, dass ich in meiner Eigenschaft als Obmann des Vereines Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes in Krawarn vom Vorstehenden Kenntnis genommen habe und dass mir eine Abschrift des Prototrolles sowie ein Verzeichnis der in Betracht kommenden Kinder eingehändigt wurde.

Die Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes in Deutsch-Krawarn hat gegen diese Verfügung naturgemäss sofort die Beschwerde bei der politischen Landesverwaltung in Troppau eingebracht. Es ist erstaunlich, wie eine Behörde, die doch zur Wahrung der den Staatsbürgern ohne Unterschied der Nationalität gewährleisteten Rechte geschaffen ist, sich über diese Rechte, soweit es sich um deutsche Staatsangehörige handelt, mit den unbegründetsten Mitteln hinwegzusetzen vermag, um eine ihr aus nationalen Gründen unangenehme Einrichtung zu unterbinden.

Der Herr bevollmächtigte Kommissär geht vom der Voranssetzung aus, dass die Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes in D.-Krawarn als unpolitischer Verein den Privatunterricht eingerichtet habe und derselben mit Hilfe privater Lehrkräfte unterhalte. Er könne der Tätigkeit dieser Ortsgruppe in der genannten Hinsicht nur insoweit den Charakter einer erziehlichen, kulturellen Tätigkeit nm Sinne der behördlich genehmigten Statuten zu bulligen, als sich dieselben auf den häuslichen Unterricht vom Kindern ausgesprochen deutscher Nationalität erstreckt. Da aber die von dieser Ortsgruppe ausgeübte Tätigkeit ganz öffentlich auf die Entnationalisierung und Germanisierung von Kindern (mährischer Abstammung) hinziele, muss er darin eine für einen nicht politischen Verein u. zulässige Bekundung und Betätigung vom national politischen Tendenzen erblicken.

Diese Auffassung und Folgerung des bevollmächtigten Kommissärs sind vollständig unstichhältig und aus der Luft gegriffen. Der Deutsche Kulturverband hat im Sinne des § 1, Abs. 1, lit. b) seiner vom Ministerrum des Innern vom 23. Feber 1920 unter Z. 10387 genehmigten Statuten Lehrer angestellt, um dem in D.-Krawarn bestehenden Bedürfnis nach einem Volksschulunterrichte in deutscher Sprache abzuhelfen, da die Möglichkeit des öffentlichen deutschen Unterrichtes in dieser Gemeinde und dem andren benachbarten. Gemeinden des Hultschiner Gebietes nicht besteht. Er hat somit in dieser Hinsicht vollständig im Sinne seiner Statuten gehandelt. Der Privatunterricht selbst ist eine renne Privatangelegenheit der in Betracht kommenden Eltern, für welche die Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes selbstverständlich nicht haftbar gemacht werden kann, da sie mit dem Privatunterrichte überhaupt nichts zu tun hat, weder Kinder für den Privatunterricht nimmt noch wirbt, weil die Eltern den zum Unterrichte bestimmten Lehrkräften ihre Kinder freiwillig und ungezwungen zum Unterrichte übergeben. Die Lehrer selbst entfalten keine andere Tätigkeit, als den gemäss § 204 der def. S. u. U. O. für allgemeine Volksschulen vorgeschriebenen Unterricht ohne Rücksicht auf die ihnen zugeteilten Kinder zu vermitteln. In dieser Tätigkeit eine politische, den Satzungen des Deutschen Kulturverbandes widerstreitende Handlung zu erblicken, ist wohl auch auf die vom bevollmächtigten Kommissär in Hultschin versuchte Art nicht zu beweisen.

Laut des § 204 der S. u. U. O. steht das Recht der Eltern, ihren Kindern häuslichen Privatunterricht erteilen zu lassen, unangefochten fest. Auch in oder Interpellationsbeantwortung des Herrn Ministers für Schulwesen und Volkskultur (Druck Nr. 4231/VIII) ist neuerlich anerkannt, dass die gesetzlichen Vorschriften dem Eltern Grundsätzlich das Recht auf den häuslichen Unterricht gewährleisten. Es steht somit den Eltern, welcher Nationalität und Abstammung immer, frei, zu bestimmen, in welcher Sprache ihre Kinder zu hause provisorisch unterrichtet werden können. Dieses Recht ist im Schlesien und im Hultschiner Gebiete durch keine ihm entgegenstehende gesetzliche Bestimmung beschränkt. Eine solche Beschränkung wäre aber auch mit diesem gewährleisteten Rechte nicht vereinbarlich. Eltern, die ihre Kinder freiwillig und ungezwungen für den deutschen häuslichen Privatunterricht bestimmen, handeln daher vollständig im Sinne der ihnen gesetzlich gewährleisteten Rechte. Der Herr bevollmächtigte Kommissär sprach von Kindern mährischer Abstammung. Abgesehen davon, dass die Abstammung laut des immer wieder betonten Standpunktes in den Erkenntnissen des Obersten Verwaltungsgerichtes für den Besuch von Schulen und der Erteilung des Unterrichtes von gar keiner Bedeutung ist, muss angenommen werden, dass auch durch die Befolgung des seitens des bevollmächtigten Kommissärs erteilten Auftrages, die Kinder mährischer Abstammung und Muttersprache aus dem häuslichen Privatunterrichte zu entlassen, damit sie die im Orte befindlichen öffentlichen (èechischen) Schulen besuchen, die nach der Verfassungsurkunde verbotene Entnationalisierung geradezu herbeiführen wände. Denn erstens wänden Kinder (mährischer Abstammung) von der èechischen. Schule genau so entnationalisiert werden, wie beim häuslichen deutschen Privatunterricht und zweitens würde gerade erst dadurch der Tatbestand der gewaltsamen Entnationalisierung geschaffen, weil ein behördlicher Auftrag dazu vorliegt, während die Erteilung des häuslichen deutschen Privatunterrichtes vollständig freiwillig von den Eltern in Anspruch genommen wurde.

Im übrigen muss darauf hingewiesen wenden, dass die Behauptung des bevollmächtigten Kommissärs bezüglich des Unterrichtes von Kindern mährischer Abstammung durch keine wie immer geartete Beweismittel erhärtet erscheint und eine so allgemeine Behauptung einen Ersatz für einen solchen Beweis nicht zu erbringen vermag, umso weniger, als das Ergebnis der vorjährigen Gemeindewahlen in D.-Krawarn gezeigt hat, dass die deutschbewusste Bevölkerung in diesem Orte die Mehrheit hast, ohne dass ihnen die Möglichkeit des Unterrichtes im ihrer Muttersprache gewährleistet wurde wie eis gerade die Verfassungsunkunde in ihrem § 131 vorsieht. Es muss somit geradezu von der vom bevollmächtigten Kommissär verlangten Einstellung des häuslichen Privatunterrichtes eine schwere Verletzung des der Staatsbürgerschaft deutscher Zunge gewährleisteten Rechte erblickt werden.

Wir fragen den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur und den Herrn Minister des Innern, ob ihm das geschilderte Vorgehen des bevollmächtigten Kommissärs in Hultschin gegen Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes in Deutsch-Krawarn bekannt ist und ob er bereit ist, diese durch keine gesetzliche Vorschrift zu rechtfertigende, im Gegenteil reit den verfassungsmässig gewährleisteten Rechten in Widerspruch stehende Verfügung sofort ausser Kraft zu setzen und die in jeder Hinsicht gerechtfertigte Erteilung des häuslichen deutschen Privatunterrichtes im Hultschiner Gebiete weiterhin unbeanständet zu lassen?

Prag, am 8. März 1924.

Jokl, Heeger,

Taub, Hackenberg, Dietl, Pohl, Palme, Koscher, Schäfer, Schuster, Leibl, Dr. Czech, Dr. Haas, Hausmann, Deutsch, Kirpal, Kaufmann, Hoffmann, Èermak, R. Fischer, Grünzner.

 

 

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