Pøeklad ad VI./3966.
Antwort
des Ministers für soziale Fürsorge auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. Luschka und Genossen betreffend die Arbeitslosigkeit im Hultschiner Ländchen (Druck 3816/XI.).
Die Arbeitsverhältnisse im Hultschiner Gebiete sind eigenartig gestaltet. Industrieunternehmungen, die der heimischen Bevölkerung Arbeitsgelegenheit bieten, gibt es verhältnismäßig wenig, weshalb die Arbeiterschaft seit jeher nach Deutschland arbeiten fuhr und über die Sonntage oder in größeren Zeitabschnitten in ihre Heimatsorte zurückkehrte. Sie tat dies auch nach der Rückgabe dieses Gebietes an die Èechoslovakische Republik hauptsächlich aus Gewohnheit, sowie auch aus dem Grunde, weil im Hinblicke auf die damaligen Valuta- und Teuerungsverhältnisse ihr Verdienst im Vergleiche zu den Löhnen der in unserem Staate beschäftigten Arbeiter sehr günstig erschien. Dieses Verhältnis verschlimmerte sich aber allmählich mit dem Sinken der deutschen Mark und der dadurch eingetretenen steigenden Teuerung in Deutschland zu ihren Ungunsten, so daß in der letzten Zeit der Verdienst unserer in Deutschland beschäftigten Arbeiterschaft zum Unterhalte dieser Arbeiter und ihrer Familien nicht ausreichen würde, wenn ihnen nicht erlaubt wäre, aus Deutschland die notwendigsten Gegenstände des täglichen Bedarfes mit einzuführen.
Aus dem Hultschiner Bezirke waren im preußischen Teile Oberschlesiens mehr als 1700 Personen beschäftigt, im polnischen Teile ungefähr 700 Personen und zwar in verschiedenen Industrieunternehmungen, insbesondere in Gruben, Hüttenwerken und auf Bauten. Viele Arbeiter, welche in Oberschlesien beschäftigt sind, haben im Hultschiner Gebiete kleine Häuschen beziehungsweise Felder, welche von ihren Familien bearbeitet werden. In der letzten Zeit hat sich die Stellung dieser Arbeiter bis zu einem gewissen Grade verbessert, da die Löhne in Oberschlesien erhöht wurden und der Markkurs in seinem Sinken einhielt, so daß die Arbeiter, die ihre täglichen Bedürfnisse in Deutschland weitaus billiger als bei uns einkaufen, ihren Lohn gut verwerten.
Aus dem Angeführten ist ersichtlich, daß die witschaftliche Situation der Arbeiterschaft im Hultschiner Gebiete nicht so schlecht ist, wie dies in der Interpellation geschildert wird, da die Arbeiterschaft, wenn auch der Ertrag der in Deutschland geleisteten Arbeit nicht jene Höhe erreicht, wie zu jenen Zeiten, wo der Kurs der deutschen Mark höher war, als jener der èechoslovakischen Krone, sich ihre Arbeitsgelegenheit und Stellung in den Unternehmungen für die Zukunft währt. Aber auch für jene, welche gezwungen waren, die Arbeit in Deutschland aus wichtigen Gründen zu verlassen, bietet sich im Hultschiner Gebiet Arbeitsgelegenheit beim Baue der Bahn Troppau-Hultschin-Annaberg, beim Baue der Strasse Dielhau-Hultschin, beim Neubaue des Realgymnasiums und der Beamtenhäuser.
Soweit die aus der Arbeit entlassene Arbeiterschaft keine andere Arbeitsgelegenheit fand und soweit sie einen gesetzlichen Anspruch auf die Arbeitslosenunterstützung hatte, wurde ihr diese durch die politische Bezirksverwaltung in Hultschin auch zuerkannt. In der letzten Zeit meldeten sich um eine Arbeitsvermittlung weniger als 170 Personen, wovon 150 dem Baufache, und die übrigen anderen Arbeitszweigen angehörten. Auch für die Bauarbeiterschaft wurden im Hultschiner Bezirke die Unterstützungen flüßig gemacht, so daß in jenen Fällen, wo ein Bauarbeiter seinen Anspruch auf eine Arbeitslosenunterstützung im Sinne des § 3 der Regierungsverordnung vom 19. Jänner 1922, S. d. G. u. V. Nr. 11, noch nicht erschöpft hat, ihm eine Arbeitslosenunterstützung zuerkannt werden kann.
Ebenso kann auch jenen Familienmitgliedern, deren Oberhaupt bei einer solchen Arbeit im Auslande beschäftigt ist, deren Ertrag im Hinblicke auf die Valutadifferenz zur Sicherstellung des Unterhaltes der in unserem Staate wohnenden Familie nicht ausreicht, de Hälfte des Familienzuschusses nach Analogie des Abs. 4 des § 12 des Gesetzes vom 12. August 1921, S. d. G. u. V. Nr. 322, zuerkannt werden. Es ist also Sache der im Hultschiner Gebiet sich befindenden arbeitslosen Personen, ihren gesetzlichen Anspruch auf eine Arbeitslosenunterstützung bei der politischen Bezirksverwaltung in Hultschin gehörig geltend zu machen, damit ihnen im Falle ihrer Bedürftigkeit die Arbeitslosenunterstützung zuerkannt werden könne.
Prag, am 10. Dezember 1922.
Der Minister für soziale Fürsoge:
Habrman, m. p.
Pøeklad ad X./3966.
Antwort
des Ministers für Schulwesen und Volkskultur und des Ministers des Innern auf die Interpellation der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. E. Feyerfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen in Angelegenheit der Beschlagnahme von Grundstücken für die èechische Minderheitsschule in Haida bei Böhm. Leipa (Druck 3785/XVI.).
Bei den kommissionellen Erhebungen, welche am 21. Jänner 1922 stattfanden, wurde sichergestellt, daß sich für den Bau der Minoritätsschulen in Haida am besten das dem Ing. Rudolf Raschel gehörige Grundstück Kat. Z. 335/2 eigne. Kurz darauf erwarb einen Teil dieses Grundstückes, die nunmehrige Kat. Z. 335/37 und 335/38 im Gesamtausmaße von ungefähr 25 a von Raschel käuflich Balduin Mechold.
Das Enteignungsverfahren fand am 18. März und infolge der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtes neuerlich am 17. Oktober 1922 statt.
Das Gutachten der betreffenden Kommission lautete in dem Sinne, daß die in der Interpellation sub. 1, 2 und 3 genannten Grundstücke nicht als gleichwertig mit den enteigneten Grundstücken angesehen werden können, da sie sich in der Nähe der Bahn befinden, so daß beim regelmäßigen Verkehre und beim Verschieben die Schule unausweichlich von dem Lärm, beziehungsweise auch vom Rauche belästigt wäre. Die sub. 4 genannten Grundstücke können ferner im Sinne der kommissionellen Erhebungen nicht in Betracht kommen, da sie für einen anderen Zweck, nämlich für den Bau von Kleinwohnungshäusern bestimmt sind.
Die Grundstücke ad 5, 6, 7 liegen in der Gemeinde Arnsdorf, also außerhalb des Sitzes der èechischen Schulen und kann daher schon aus diesem Grunde auf sie keine Rücksicht genommen werden. Außerdem wurden bei der kommissionellen Verhandlung auch noch andere als die in der Interpellation angeführten Grundstücke in Augenschein genommen, aber auch diese wurden nicht für geeignet erachtet.
Wenn Raschel einwendet, daß er selbst ein Kleinwohnungshaus auf dem zur Enteignung vorgeschlagenem Grundstücke bauen wolle, so weist dagegen die Kommission auf den Umstand hin, daß Raschel in nächster Nähe des enteigneten Grundstückes (nur ungefähr 350 m entfernt) das Grundstück Kat.-Z. 292/1 im Ausmaße von 25 a (Wiese und Garten) besitzt, welches zum Baue eines Wohnhauses geeignet und hinreichend ist.
Durch die Besichtigung des Betriebes in N. C. 206, der sich am anderen Ende der Stadt befindet, wurde ferner sichergestellt, daß der Betrieb der Unternehmungen der Brüder Mechold durch die Enteignung des in Rede stehenden Grundstückes nicht Schaden leidet, weil die Verarbeitung des Materiales (die Firma bezieht monatlich ungefähr einen Waggon Rohglas und außerdem noch Porzellan) außerhalb des Betriebes durch Heimarbeiter erfolgt, während im Betriebe selbst lediglich die Übernahme und Einlagerung des Rohglasmateriales, die Ausgabe desselben an die Heimarbeiter und die Verpackung der Fertigwaren für den Versand erfolgt.
Aus dem Angeführten ist ersichtlich, daß durch die Enteignung weder die Unterkunft, noch das Gewerbe der Eigentümer der in Rede stehenden Grundstücke bedroht ist und daß für den Neubau der èechischen Minoritätsschulen kein anderes gleichwertiges Grundstück zur Verfügung steht, welches an Stelle des enteigneten Grundstückes in Verwendung gezogen werden könnte.
Prag, am 19. Dezember 1922.
Der Minister für Schulwesen und Volkskultur:
Bechynì, m. p.
Der Minister des Innern:
Malypetr, m. p.
Pøeklad ad XI./3966.
Antwort
des Justizministers auf die Interpellation der Abgeordneten Blatny, Hillebrand und Genossen betreffend den Strafvollzug (Druck 3785/VI.).
Es ist unstreitig, daß die zweckmäßige Regelung des Strafvollzuges es erheischt, daß zum erstenmal bestrafte Personen von den rückfälligen Häftlingen abgesondert und derart vor der Möglichkeit ihres schlechten Einflußes beschützt werden. Gesetzliche Bestimmungen gibt es aber in dieser Richtung bisher nicht und es bestanden bis vor kurzer Zeit auch solche administrative Bestimmungen nicht.
Erst mit dem Erlasse des Justizministeriums vom 25. Jänner 1922, Z. 648 vìz., mit welchem unter Rücksichtnahme auf die modernen Erfordernisse der Kriminalistik die Einlieferung der Sträflinge in die Strafanstalten neu geregelt wurde, wurde in dieser Angelegenheit durch Bestimmung einer Strafanstalt für jugendliche Häftlinge, anderer bestimmter Strafanstalten für unverbesserliche Häftlinge und noch anderer für Erstbestrafte und besserungsfähige Sträflinge der erste Anlauf unternommen; den Direktionen der letzangeführten Strafanstalten wurde gleichzeitig aufgetragen, in ihren Anstalten nach Möglichkeit die Erstbestraften von den rückfälligen Sträflingen zu trennen.
Eine weitere eingehendere Teilung der Häftlinge und insbesondere auch die Errichtung der sehr notwendigen besonderen größeren Abteilung für schwerkranke Sträflinge (tuberkulöse, epileptische, schwer syphilitische) ist vorläufig leider dadurch unmöglich gemacht, daß die Strafanstalt in Leopoldau in der Slovakei seit November 1919 provisorisch für den technischen Militärbedarf beschlagnahmt ist. Die Justizverwaltung trägt diesen Verlust sehr schwer, denn die Strafanstalt von Leopoldau ist die größte (für 1.200 Sträflinge) und die am zweckmäßigsten eingerichtete von allen unseren Strafanstalten und es ist unmöglich im Sträflingswesen befriedigende normale Verhältnisse zu erzielen, solange die Strafanstalt von Leopoldau der Justizverwaltung nicht zurückgegeben werden wird. Diese Rückstellung ist grundsätzlich bereits gesichert, es werden aber für die Militärverwaltung Ersatzobjekte eingerichtet werden müssen.
Bezüglich der Strafanstalten der Gerichtshöfe wurde durch die bisherigen Vorschiften nur die Trennung der Untersuchungshäftlinge von den Sträflingen und der jugendlichen von den älteren Sträflingen angeordnet. Diese Vorschriften werden eingehalten, soferne die ständige Überfüllung fast aller Strafanstalten der Gerichtshöfe dies zuläßt. Die strenge Durchführung jener Vorschiften aber und die Einrichtung einer weiteren wünschenswerten Abteilung für Ersatzbestrafte wird in den Strafanstalten der Gerichtshöfe erst dann durchführbar sein, bis es gelingt, ihre Überfüllung zu verhindern, welche ihre Hauptursache einerseits in der großen Zahl und oft auch in der langen Dauer der Untersuchungshaftfälle, andererseits auch in die schlechten Bauzustände vieler Strafanstalten hat. Das Justizministerium sieht möglichst darauf, daß die Untersuchungshaft nach Zahl und Dauer auf den niedrigsten notwendigen Bedarf eingeschränkt werde und bemüht sich mit allem Eifer, daß auch die anderen Mängel hinsichtlich der Einrichtung und der Räumlichkeiten bei den Gerichtshofgefängnissen nach und nach beseitigt werden.
Prag, am 26. Oktober 1922.
Der Justizminister:
Dr. Dolanský, m. p.
Pøeklad ad XII./3966.
Antwort
des Vorsitzenden der Regierung auf die Interpellation des Abgeordneten Køepek und Genossen betreffend die gewaltigen Ausschreitungen in Leitmeritz am 25. Juni 1922 (Druck 3785/IV.).
Am 25. Juni 1922 veranstaltete der Deutsche Turnverein in Leitmeritz die Feier seines 60jährigen Bestandes.
Am Nachmittage dieses Tages begab sich der Zug aus der Turnhalle auf den Übungsplatz auf der Schützeninsel. An der Spitze des Zuges wurde die Vereinsfahne in schwarzrotgoldenen Farben getragen.
An der Kreuzung der Ohorn- und Lippertgasse drangen 4 junge Leute zum Fahnenträger vor, rissen ihm die Fahne von der Fahnenstange und wollten damit davonlaufen. Die einschreitende Gendarmerie führte 3 Personen, welche sich der Fahne bemächtigen wollten, auf die städtische Wachstube ab.
Die Fahne wurde hierauf neuerlich auf der Fahnenstange befestigt und der Zug zog auf dem Wege zur Schützeninsel am Elbeflusse weiter, wo die Übungen begonnen wurden.
Bald darauf begann man zu hören, daß jene Personen, welche nach dem Zusammenstoße mit den Turnern auf die städtische Wachstube abgeführt und nach der Sicherstellung entlassen worden waren, sich mit noch anderen nach Theresienstadt um Hilfe begeben hätten.
Nach kurzer Zeit - ungefähr nach 4 Uhr Nachmittag - zeigten sich auch tatsächlich Ansammlungen von Leuten, unter denen sich auch eine Anzahl von Soldaten und demobilisierten Legionären befanden, am Elbeufer und versuchten auf die Insel zu gelangen, woran sie aber durch die Gendarmerie und das Militär, welche die auf die Insel führende Brücke besetzt hatten, verhindert wurden. Es fand sich auch an Ort und Stelle der mit der provisorischen Leitung der politischen Bezirksverwaltung in Leitmeritz betraute politische Konzeptsbeamte und der Kommandant der 3. Inf.-Division ein; dieser forderte die einzelnen Gruppen von Soldaten zur Rückkehr in die Kaserne auf, worauf sich die Soldaten entfernten.
Gegen 8 Uhr abends begannen auch die Teilnehmer an der Übung auseinanderzugehen. Sie verließen in der Mehrzahl die Insel beim zweiten Ausgange, durch einen Umweg über die Bahnhofstraße in die Stadt. Davon, daß der Nachhauseweg in dieser Richtung genommen werde, war der intervenierende politische Beamte nicht verständigt worden. Die heimkehrenden Teilnehmer stießen mit einer Ansammlung von Zivilisten und Soldaten zusammen, wobei mit Steinen geworfen wurde. Hiebei wurden einzelne Personen an die zur Strecke der Nordwestbahn führende Böschung gedrückt und einzelne von ihnen leicht verwundet. Die rasch herbeigerufene Gendarmerie stellte in kurzer Zeit unter der Führung zweier politischer Beamten die Ordnung wieder her und zerstreute die angesammelten Leute. Fast zur selben Zeit wurde das Militär durch Signale augenblicklich in die Kaserne gerufen. Dieser Aufforderung leistete das Militär Folge.
Seitens der politischen Landesverwaltung in Prag wurde ein höherer politischer Beamte nach Leitmeritz entsendet, um die Vorfälle zu untersuchen und hierüber Bericht zu erstatten. Ebenso wurde seitens des Ministeriums für nationale Verteidigung eine genaue Untersuchung angeordnet und durchgeführt.
Es ist bedauernswert, daß sich die Demonstranten zu Gesetzwidrigkeiten verleiten ließen, es - wird aber bemerkt, daß es zu den Ruhestörungen am Rückwege von der Insel nicht hätte kommen können, wenn die Veranstalter von der beabsichtigten Rückkehr den diensthabenden anwesenden politischen Beamten verständigt hätten, welcher Verfügungen zur Hintanhaltung eines Zusammenstoßes getroffen hätte.
Wegen der angeführten Vorfälle wurde das Strafverfahren gegen eine Reihe von Zivilpersonen eingeleitet. In einzelnen Fällen wurde das administrative Strafverfahren eingeleitet. Ebenso wurden gegen einige Soldaten Vorerhebungen eingeleitet. beziehungsweise die Anzeige an den Funktionär der Militärprokuratur erstattet.
Prag, am 7. Dezember 1922.
Der Vorsitzende der Regierung:
I. V. Habrman, m. p.
Pøeklad ad XIII./3966.
Antwort
des Ministers für Schulwesen und Volkskultur auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. Schollich und Genossen in Angelegenheit der Beschlagnahme des Kindergartens in Grätz-Podol (Druck 3780/X.).
Um die Unterbringung der deutschen Minderheitsschule in Grätz-Podol und die Wohnung für ihren Leiter zu sichern, hat das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur mit Erlaß vom 15. November 1921, Z. 95.201 mittels Zwangspacht das Gebäude in der Revoluèní tøída Nr. 4 in Podol beschlagnahmt, mit Ausnahme des Nebengebäudes, das über den Hof dem Hauptgebäude gegenüber liegt. Diese Räumlichkeiten hat früher der vom Verein Nordmark erhaltene Kindergarten benützt.
Die vom Kurator des aufgelösten Vereines Nordmark und vom Verein Deutscher Kulturverband in Prag gegen diese Entscheidung eingebrachte Beschwerde wurde vom Obersten Verwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. (Erkenntnis vom 8. Juni 1922, Z. 7975/22).
Die Einwendung der Herren Interpellanten, daß der Kindergarten nach Aufhebung, beziehungsweise Auflösung des Vereines Nordamrk rechtlich bestanden hat, weil der Wechsel in der Person des Erhalters den Schulbehörden angezeigt worden war, ist nicht richtig. Im Sinne des § 4 der Ministerialverordnung vom 22. Juni 1872, R. G. Bl. Nr. 108 kann die Errichtung von privaten Kindergärten in jedem einzelnen Falle nur bestimmten Vereinen oder Privatpersonnen bewilligt werden, und es ist daher offenbar, daß durch das Aufhören des Vereines, dem eine solche Bewilligung erteilt worden war, die Gültigkeit der erteilten Bewilligung zu Ende ging und damit die Fortdauer des Kindergartens jede rechtliche Grundlage verloren hat.
Der Kindergarten der Nordmark hat durch die Auflösung dieses Vereines in rechtlicher Hinsicht zu bestehen aufgehört, und die rechtliche Existenz des Kindergartens des Vereines Kulturverband konnte nicht früher beginnen, als bis diesem Vereine die Bewilligung zur Eröffnung eines Kindergartens nach dem eben zitierten § 4 der Ministerialverordnung Nr. 108 aus dem Jahre 1872 erteilt wurde.
Da nach § 7 des Gesetzes vom 22. Oktober 1875, R. G. Bl. Nr. 36 aus dem Jahre 1876 die Verwaltungsbehörden durch die Rechtsansicht des Obersten Verwaltungsgerichtshofs gebunden sind, kann ohne Verletzung des Gesetzes und dem Stande der Dinge nichts geändert werden. Umsoweniger bin ich freilich dazu berufen, ein Erkenntnis des Obersten Verwaltungsgerichtes der Kritik zu unterziehen und darüber zu polemisieren.
Die Räumung des Lichnovskyschen Waschhauses ist derzeit nicht möglich denn das Militär braucht diese Räumlichkeiten dringend, da sie hiefür keinen Ersatz besitzt.
Die Verfügung des Ministeriums, die in dieser Sache erflossen ist, wurde durch das Erkenntnis des Obersten Verwaltungsgerichtes als richtig und dem Gesetze in keiner Weise widersprechend erklärt. Andere Räumlichkeiten in dem beschlagnahmten Gebäude dem Kindergraten zu überlassen, ist einfach deshalb nicht möglich, weil dort freie Räumlichkeiten nicht vorhanden sind. Das erkennt auch der Verein Kulturverband an, der der Absicht ist, zu dem Beschlagnahmten Gebäude einen neuen Zubau zu errichten, in welchem Raum für den Kindergarten sein soll.
Prag, am 18. Dezember 1922.
Der Minister für Schulwesen und Volkskultur:
Rud. Bechynì, m. p.
Pøeklad ad XIV./3966.
Antwort
des Ministers des Innern auf die Interpellation des Abgeordneten Kreibich und Genossen wegen der Vorträge des Generals Liman von Sanders in Reichenberg und Gablonz (Druck 3929/V.).
Der Verein Deutscher Verein für Gablonz a. N. und Umg., Ortsgruppe Gablonz a. N. meldete für den 13. Dezember 1922 und die deutschnationale Partei in Reichenberg meldete für den 15. Dezember 1922 bei der kompetenten Behörde an, daß sie einen Vortrag veranstalten werden, bei welchem Marschall Liman v. Sanders aus Berlin über die Ereignisse aus der Zeit seiner mehr als fünfjährigen Tätigkeit als Armeekommandant in der Türkei sprechen werde. Bei dem Vortrage sollten Lichtbilder projiziert werden.
Diese Vorträge wurden von den kompetenten Behörden gemäß § 6 des Versammlungsgesetzes noch früher verboten als die obangeführte Interpellation zur Kenntnis des Mnisteriums des Innern gelangt war, und fanden nicht statt.
Prag, am 12. Jänner 1923.
Der Minister des Innern:
Malypetr, m. p.
Pøeklad ad XVII./3966.
Antwort
der Regierung
auf die Interpellation der Abgeordneten Kostka, Dr. Kafka und Genossen in Angelegenheit der Kohlenbewirtschaftung (Druck 3700/IV).
Zu Punkt 1:
Der Kohlenrat, welcher lediglich eine beratende Körperschaft in den Kohlenfragen ist, hat einen Antrag auf Freigabe der Kohlenwirtschaft eingebracht. Die Regierung, deren Sorge es ist, daß die Staatsinteressen darunter nicht leiden, wird sofort an die völlige Freigabe der gebundenen Wirtschaft, die übrigens bereits bedeutend gemildert ist, schreiten, sobald alle Voraussetzungen, auf welche die Staatsverwaltung achten muß, erfüllt sein werden. Der Staat beschränkt sich derzeit schon nur mehr auf die Aufsicht, und der Kohlenhandel ist praktisch beinahe frei.
Zu Punkt 2:
Der Verkauf der Kohle aus den staatlichen Gruben sowohl im Inlande als auch in das Ausland ist seit Juli 1921 der Zentralverkaufsstelle für Kohle aus den staatlichen Gruben anvertraut. Vorher war der Verkauf der Kohle, die per Eisenbahn nach Deutschland transportiert wurde, der Firma E. Friedländer u. Comp. in Berlin vergeben gewesen. Dieser Verkaufsstelle war der Verkauf deshalb anvertraut gewesen, weil sie die Verhältnisse in Deutschland sehr gut kennt und Einfluß auf den dortigen Markt hat. Die Firma zahlte die Kohlenpreise ohne Rabatt zu vollen Preisen und der Gewinn der Firma ging auf Kosten der deutschen Konsumenten.
Zu Punkt 3:
Der Zentralverkaufsstelle ist eine Provision von 2% zuerkannt, die den Ersatz für die von der Verkaufsstelle festgesetzten Verrechnungstätigkeit bildet und von welcher die Verkaufsstelle ihren Mitgliedern nicht einen solchen Anteil geben kann, daß sie zu den vom Staate festgesetzten Preisen verkaufen könnten, da sie das Verkaufsrisiko tragen.
Deshalb schlagen die Mitglieder der Verkaufsstelle genau so wie andere Kohlenhändler zu den amtlich festgesetzten Preisen ihren Handelsgewinn hinzu und zwar in dem vom Ministerium für öffentliche Arbeiten bewilligten Maximalbetrage. Die Mitglieder erzielen aber nicht einmal diesen ganzen Gewinn, weil sie aus Konkurrenzgründen gezwungen sind, vielen Konsumenten mit einem ganz geringfügigen Gewinne vu verkaufen, wie z. B. der Stadt Prag für die Industriebetriebe der Gemeinde, der Großeinkaufsstelle der Arbeitergenossenschaften, den Škodawerken, vielen Elektrizitätswerken usw.
Das Verhältnis der Verkaufsstelle ist dasselbe wie das der Kommissionäre, welche gleichfalls den kleinen Abnehmern die Kohle durch Vermittlung der Händler liefern, welche ebenfalls die Kohle unter Zuschlag eines erlaubten Gewinnes berechnen.
Zu Punkt 4:
Die Lieferungen deutscher Kohle in die Èechoslovakische Republik hat die Kohlenabteilung des Ministeriums für öffentliche Arbeiten über Ansuchen hiesiger Interessenten bewilligt. Die amtliche Bewilligung, die regelmäßig bereits auch die Bezeichnung jener deutscher Kommissionäre enthielt, durch deren Vermittlung die Kohle zu bekommen war, wurde dem reichsdeutschen Kommissär für Kohlendistribution übermittelt, und dieser verfügte im Rahmen seiner Wirksamkeit die Freigabe der Kohle für den Export. Die deutschen Kommissionäre lieferten die Kohle den Konsumenten in die Èechoslovakische Republik entweder direkt oder durch Vermittlung deutscher oder èechischer Subkommissionäre. Zum großen Teile wurde aber die eingeführte Kohle durch die ausländischen Firmen berechnet. Die Subkommissionäre rechneten sich außer dem aus der Differenz der deutschen einheimischen Preise und der Preise für das Ausland erwachsenden Gewinne noch einen Gewinn von 40-80 Kè für 10 Tonnen, der beim Kohlengroßhandel in der Èechoslovakischen Republik im Hinblicke auf die Auslagen der Geschäftsmanipulation und des Handelsrisikos anerkannt wurde.
In Verfolgung des Zieles, daß die aus dem Auslande eingeführte Kohle durch Vermittlung einheimischer Firmen geliefert und fakturiert werde, entschloß sich das Ministerium für öffentliche Arbeiten die Angelegenheit derart zu lösen, daß die Einfuhr Oberschlesischer Kohle von der Gesellschaft der Interessenten am Handel mit dieser Kohle besorgt werde. Da diese Gesellschaft sich aber überhaupt nicht konstituierte, wurde die generelle Bewilligung zur Einfuhr Oberschlesischer Kohle in die Èechoslovakische Republik aus dem polnischen Teile Oberschlesiens aufgehoben.
Die Frage der Einfuhr Oberschlesischer Kohle wurde vom Gesichtspunkte der volkswirtschaftlichen Notwendigkeit derart geregelt daß die Kohlenlieferungen durch die Oberschlesische Kohlenkonvention und die Staatsgruben garantiert wurden und daß die Regierung auf alle mit der Einfuhr zusammenhängenden Fragen einen unstreitigen Einfluß besitze. Das Einfuhrkontingent wird allmonatlich vom Ministerium für öffenliche Arbeiten festgesetzt und dieses stellt den Kommissionären die Einfuhrnachweise zu, wornach die Sendungen von allen Seiten kontrollierbar werden und welche gleichzeitig für die Sendung der Nachweis zur Grenzüberschreitung sind. Die Kohlenlieferungen erfolgen durch Vermittlung der Bevollmächtigten der Oberschlesischen Kohlenkonvention und des Fiskus in der Èechoslovakischen Republik. Die Einfuhrausweise werden von den Zollbehörden überprüft und zur weiteren Kontrolle dem Ministerium für öffentliche Arbeiten eingeschickt. Im Hinblick auf die Bedingungen, welche für die Einfuhr Oberschlesischer Kohle festgesetzt sind, kann die zweckmäßige wirtschaftliche Wirksamkeit der Reglementieren der Einfuhr vorausgesetzt werden. Lieferungen Oberschlesischer Kohle sind lediglich in die normalen Absatzgebiete zulässig, das sind solche, welche bereits zur Vorkriegszeit bestanden, die Kohlenpreise werden in amtlicher Evidenz geführt und werden so geregelt werden, daß die Möglichkeit für die Entwicklung der Konkurrenzfähigkeit nach den normalen Vorkriegsverhältnissen gegeben werde und daß der Grubenbetrieb in unserem Staate nicht gefährdet werde. Die Festsetzung des Kontingentes ist von den wirtschaftlichen Verhältnissen bei der Kohlenproduktion und beim Kohlenhandel abhängig, und es wird die Einfuhr nur von sortierter Kohle guter Marken lediglich durch Vermittlung inländischer Firmen gestattet. Die Überschreitung des bewilligten Einfuhrkontingentes ist unzulässig, die auf das bewilligte Monatskontingent nicht gelieferten Mengen verfallen und können nicht auf den nächsten Monat übertragen werden. Bei dieser Regelung der Kohleneinfuhr wird erzielt werden können daß wir jene Absatzgebiete wiederum erlangen, welche wir in der Vorkriegszeit mit unserer Kohle versorgt haben.
Zu Punkt 5:
Das èechoslovakisch-deutsche Übereinkommen vom 29. Juni 1920 wurde gelegentlich der èechoslovakischen und deutschen Wirtschaftsverhandlungen gepflogen, in den Tagen vom 21. März bis 10. April 1922 in Berlin, durch ein am 29. März 1922 zwischen den Vertretern der èechoslovakischen und deutschen Regierung erzieltes Einvernehmen unter unveränderten Bedingungen bis 31. Oktober 1922 mit der Einschränkung verlängert, daß es für Lieferungen von Kohle und Koks aus Oberschlesien nur bis 30. April 1922 gilt. Für den Fall, daß die Entscheidung über Oberschlesien in Genf Bestimmungen des Inhaltes beinhalten sollte, daß die Kohlen- und Kokslieferungen aus Oberschlesien ganz oder zum Teile auch in Zukunft von Deutschland zu erfolgen haben, haben beide Teile ihre Bereitwilligkeit erklärt, neuerlich zu verhandeln.
Das Verhältnis der beiderseitigen Lieferungen nach dem 31. Oktober d. J. wurde von den kompetenten Vertretern durch ein eigenes Protokoll geregelt.
Zu Punkt 6:
Mit dem Gesetze vom 12. August 1921, Slg. d. G. u. V. Nr. 321, wurde die Umsatzsteuer mit Gültigkeit vom 1. Oktober 1921 von 1% auf 2% erhöht. Aus diesem Grunde bemühten sich die Kohlenhändler noch vor Wirksamkeitsbeginn des Gesetzes darum, daß die Umsatzsteuer bei Kohle und Koks pauschaliert werde. Zu dieser Pauschalierung kam es schließlich nach mehrmonatlichen Verhandlungen, als sich das Finanzministerium mit einem geringfügigen Pauschale zufrieden gab, welches in Wirklichkeit nur ungefähr 2 1/2 % des von den Gruben für Kohle und Koks fakturierten Preises bedeutet und die Pauschalierungsverordnung wurde am 8. Jänner 1922 unter G. Z. 129.512 ex 1921 publiziert. Wenn man erwägt, daß die Finanzverwaltung, falls es zur Pauschalierung nicht gekommen wäre, gleich von den Gruben 2% Steuer, von dem Großhändler 2% und vom Händler ebenfalls 2%, also eine Steuer von 6% bekommen hätte, und daß sie sich mit einem weitaus geringerem Pauschale zufrieden gab, so ist daraus zu ersehen, daß sich die Finanzverwaltung zur Pauschalierung nur unter großen Opfern entschlossen hat; wenn aber die Finanzverwaltung auf ein so niedriges Pauschal eingegangen ist, so konnte sie allerdings die aus dem Auslande eingeführte Kohle nicht unbesteuert lassen, denn in diesem Falle wäre diese Kohle bei den weiteren inländischen Lieferungen frei von der Umsatzsteuer gewesen, während die Kohle einheimischen Ursprunges besteuert gewesen wäre. Es war notwendig, das Pauschal mit rückwirkender (3monatlicher) Gültigkeit vom 1. Oktober 1921 bis zum Zeitpunkte der Publizierung der Verordnung deshalb einzuführen, weil die Finanzverwaltung andernfalls gezwungen gewesen wäre, nach dem Gesetze vorzugehen, weil sie also von den Kohlenhändlern hätte verlangen müssen, daß sie sich nachträglich die Steuervormerke über die Einnahmen für die aus dem Auslande eingeführte Kohle und Koks beschaffen, hinsichtlich dieser Einnahmen Steuerbekenntnisse einbringen und der Finanzverwaltung mitteilen, wem, wann und welche Menge an Kohle und Koks aus dem Auslande sie weiterverkauft haben, damit die Finanzverwaltung von ihren Abnehmern die gesetzliche Umsatzsteuer verlangen könne. Daraus ist ersichtlich, daß bei der strikten Durchführung des Gesetzes sowohl die Kohlenhändler als auch deren Abnehmer einer Reihe von Unannehmlichkeiten ausgesetzt gewesen wären, denen sie dadurch ausgewichen sind, daß sie für die Dauer von drei Monaten ein nur um wenig höheres Pauschal gezahlt haben, als die gesetzliche 2%ige Steuer ausmacht, die sie in jedem Falle hätten zahlen müssen in Erwägung dieser Umstände haben sowohl die maßgebenden Organisationen der Kohlenhändler als auch der Zentralverband der èechoslovakischen Industriellen in Prag ihre Zustimmung zur nachträglichen Einhebung des Steuerpauschales für die nach dem 30. September 1921 eingeführte Kohle gegeben.
Prag, am 3. Jänner 1923.
Für den Vorsitzenden der Regierung:
Habrman, m. p.
Der Minister für öffentliche Arbeiten:
Srba, m. p.
Pøeklad ad XVIII./3966.
Antwort
des Justizministers auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. E. Schollich und Genossen betreffend den Sprachgebrauch beim Bezirksgerichte in Hultschin (Druck 3909/III).
Das Vorgehen des Bezirksgerichtes in Hultschin in der Sprachenfrage war schon Gegenstand der Interpellation Druck 3442/XIV. In der unter Zahl Druck 3794/XXI abgedruckten Antwort berührte ich die Frage, welche die heutige Interpellation wieder zur Diskussion stellt, ob das Sprachenrecht der Angehörigen einer sprachlichen Minderheit auch jenen Personen zuerkannt werden kann, die nicht èechoslovakische Staatsangehörige sind Ich verweise auf die angeführte Antwort und betone abermals, daß ich keinen Anlaß habe, gegen das Bezirksgericht in Hultschin deshalb einzuschreiten, weil es sich in seinen Entscheidungen nicht nach einer Ansicht richtet, die ein anderes Gericht in anderen Angelegenheiten ausgesprochen hat.
Prag, am 8. Jänner 1923.
Der Justizminister:
Dr. Dolanský, m. p.
Pøeklad ad XIX./3966.
Antwort
des Ministers des Innern auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. Rudolf Lodgman und Genossen in Angelegenheit der Kinolizenz der Stadtgemeinde Podersam (Druck 3853/XV).
Die Bedingung in der der Gemeinde Podersam erteilten Lizenz, daß der èechoslovakischen Sokolgemeinde in Prag das Recht der Kontrolle über die kinematographische Unternehmung der Gemeinde Podersam vorbehalten sei, gelangte in die Lizenzurkunde nur aus Versehen. Die politische Landesverwaltung in Prag benützt nämlich bei Erteilung von Kinolizenzen ein gedrucktes Formular, das die Bedingungen für die verschiedenen Arten von Kinolizenzen enthält und unterließ irrtümlich, in dem gegebenen Falle die für die Sokolbiographen bestimmte Bedingung im Konzepte auszustreichen. Die Podersamer Gemeinde wurde von diesem Irrtum durch die politische Bezirksverwaltung in Podersam noch vor Überreichung der Interpellation am 19. Oktober 1922 verständigt und die Lizenzurkunde der Podersamer Gemeinde noch an demselben Tage in diesem Sinne richtiggestellt.
Prag am 20. Jänner 1923.
Der Minister des Innern:
J. Malypetr, m. p.
Pøeklad ad XX./3966.
Antwort
des Eisenbahnministers auf die Interpellation des Abgeordneten H. Simm und Genossen in Angelegenheit der umfangreichen Versetzungen deutscher Eisenbahner auf den Strecken R. G. T. E. (Druck 3887/XVI).
Auf diese Interpellation erlaube ich mir Nachstehendes zu antworten:
Die staatliche Eisenbahnverwaltung ist in erster Linie im Interesse der Sicherheit des Betriebes auf den Eisenbahnen genötigt, darauf zu bestehen, daß alles Eisenbahnpersonal die Dienstsprache wenigstens in dem Maße beherrsche, daß der ungestörte Dienstvollzug gesichert sei und die gegenseitige Verständigung des Personals untereinander und im Verkehre mit dem Publikum nicht auf unüberwindliche Hindernisse stoße. Der Eisenbahnverwaltung liegt es fern, aus bloßer Willkür umfangreiche Versetzungen des Personales vorzunehmen, sie ist sich auch des wirtschaftlichen Hintergrundes bewußt, der mit jeder Versetzung verbunden ist, und hat schon von Beginn ihrer Tätigkeit an auf diese Art der Personaldispositionen besondere Rücksicht genommen. Um den festgestellten auffälligen Mangel der Kenntnis der Dienstsprache abzuhelfen, hat sie fast in jeder größeren Station Sprachkurse eingerichtet, damit sich die Eisenbahnangestellten deutscher Nationalität wenigstens die allernötigste Kenntnis der èechischen Sprache aneignen. Die Hoffnung die auf das Ergebnis dieser Kurse gesetzt wurde hat sich jedoch nicht in dem erwarteten Ausmaße erfüllt. Vielfach begegneten die Veranstalter derselben absoluten Unverständnis, das sich in einer äußerst geringen Teilnahme an den Kursen und daher auch in einem schlechten Erfolge der in den Kursen veranstalteten Schlußprüfungen aussprach. Daß die Eisenbahnstaatsverwaltung den Angestellten der deutschen Natiolität in der Sprachenfrage mehr als genug entgegenkam, ist schon daraus zu ersehen, daß sie noch im Jahre 1922 zugestand, daß die Dienstprüfungen derselben als mit Erfolg abgelegt auch dann anzusehen seien wenn der Kandidat in sprachlicher Hinsicht durchaus nicht entsprochen hatte, wenn nur die sachlichen Anforderungen erfüllt worden waren. An dieser Praxis, die im vollen Maße den Verhältnissen entsprach, wie sie sich unmittelbar nach dem staatlichen Umsturz herausgebildet hatten, konnte jedoch aus wichtigen Gründen nicht festgehalten werden, und es mußte zur gegenseitigen Versetzung der Angestellten geschritten werden einerseits zu dem Zwecke, den deutschen Angestellten in den reinèechischen Gebieten größere Gelegenheit zur Aneignung der èechischen Sprache zu geben, andererseits deshalb, weil die Dienstrücksichten verlangen, daß wenigstens ein Teil des Personales nach der sprachlichen Seite hin eine tadellose und rasche Verständigung untereinander und im äußeren Verkehre verbürge.
Es muß bemerkt werden, daß häufig in rein èechischen Gegenden die Eisenbahnbeamten genötigt waren, die Dienstaufträge den ihnen unterstellten Personen deutsch zu erteilen wenn ihnen daran lag, daß eine solche, die Dienstsprache nicht beherrschende Person den erteilten Auftrag wenigstens verstehen könne Eine Verständigung dieser Art rief begreiflicher Weise nicht selten Beschwerden der èechischen Öffentlichkeit hervor. Daher war die èechoslovakische Eisenbahnverwaltung auch aus diesen Gründen genötigt, ein entsprechendes Mittel zur Remedur ins Auge zu fassen, da ihr daran liegen muß, daß die Frage der Verständigung der Angestellten untereinander bei Ausübung des Dienstes nicht wiederholten und ständigen Anlaß zu Beschwerden gebe. Was die Verhältnisse auf der Strecke der R. G. T. E. betrifft, so geschieht die Versetzung des Personals namentlich aus Ersparungsrücksichten und es wird auf der Strecke der R. G. T. E. an die Stelle des teueren Personals billigeres gesetzt; solche Dispositionen geschehen auch nur im Interesse der Lokalbahngesellschaft selbst, da die finanziellen Verhältnisse dieser Lokalbahn sehr unerfreuliche sind. Nur für das Jahr 1921 wies sie ein Betriebsdefizit von mehr als 3,000.000 Kè aus, und schon am Ende des Jahres 1920 schuldete sie der Staatsverwaltung mehr als 1,000.000 Kè für vorgestreckte Betriebsauslagen.
Prag, am 16. Jänner 1923.
Der Eisenbahnminister:
Støíbrný, m. p.