Dann andere Bestimmungen. Die Handarbeitslehrerinnen an Bürgerschulen fallen aus der Gruppe D hinaus und werden in die Gruppe E gesteckt. So behandeln Sie die Nebenlehrer, und auf das allers chwerste, eine geradezu verbrecherische Handlung, behandeln Sie jene, die keinen Befähigungsnachweis erbringen, indem Sie in das Gesetz die Bestimmung aufnehmen, daß diese Unglückseligen nur 75 % des niedrigsten Gehaltsatzes beziehen sollen als Remuneration, u. zw. ohne Steigerung. Und wenn diese Unglückseligen ein solches Nebenamt zehn, zwölf und fünfzehn Jahre bekleidet haben, treu und ehrlich gedient haben - sie werden genau so inspiziert wie alle anderen Lehrer - dann ist es Ihnen erlaubt, diese Leute nach 4 Wochen ohne jeden Versorgungsanspruch aufs Pflaster zu werfen. Das ist eine Maßnahme, die vollständig unsozial und geradezu unmenschlich genannt werden muß. Was ersparen Sie dadurch? Sie haben alle die Denkschrift der èechischen Lehrergemeinde in der Hand, Sie haben diese aufreizenden Daten gelesen; ich will es nur an einem einzigen Beispiel, um Sie mit Ziffern nicht zu ermüden, nachweisen; die Annahmen sind die gleichen wie oben. Es handelt sich um einen Fachlehrer, beispielsweise mit 6 Kindern, das kann vorkommen. Ein Beamter bezieht in 40 Dienstjahren 1,250.436 Kc, ein Beamter der Gruppe B bezieht 1,351.752 Kè, ein Bürgerschullehrer hat nach dem Regierungsantrag in 40 Jahren einen Gesamtbezug von 1,311.000 Kè, nach dem Dezembergesetz einen solchen von 1,124.000 Kc. Das ist ein Fehlbetrag von ungefähr 200.000 Kc. Sie sparen, aber Sie sparen auf Kosten anderer. Und was Sie jetzt in der neuen Vorlage wiedergeben wollen, ein Plus von 186.832 Kc, das ist noch lange nicht die Wiederherstellung der vollen Parität. Wir sagen das ausdrücklich, damit Sie, meine Herren von der Mehrheit, nicht wieder die Entschuldigung gebrauchen können, Sie seien darauf nicht aufmerksam gemacht worden, wie seinerzeit im Dezember, als Sie sich nach der unglückseligen Abstimmung damit entschuldigt haben.
Ein anderes Kapitel, und das ist ebenso furchtbar und geradezu schwarz und düster, ist jenes, das von der Stellvertretung der Lehrer handelt. Ein solch unglücklicher Substitut kann nach dem neuen Gesetzentwurf, wenn dieser Gesetzeskraft erlangt, durch 10 bis 15 Jahre nicht eingereiht werden und er bleibt immer wieder in den Bezügen der niedrigsten Stufe der XI. Rangsklasse, während der Staatsdiener mit Volksschulbildung nach 6 Jahren selbstverständlich in die X. Rangsklasse, erste Stufe, vorrückt, und nach 12 Jahren die niedrigste Stufe der IX. Rangsklasse erreicht. Das macht einen Fehlbetrag bei den Lehrern von Tausenden und Abertausenden Kronen aus. Sie verlangen von den Lehrern tatsächlich ungeheuer viel, Sie verlangen von jedem Lehrer beinahe fanatischen Idealismus. Sie vergessen, daß die Lehrer neben Idealismus auch den Hunger im Leibe haben und daß dieser Hunger befriedigt werden muß. Die volle Parität würde auch die Rückwirkung vom 1. Jänner fordern. Das geschieht aber nicht so.
Eine dritte Gruppe von gesetzlichen Bestimmungen, die ebenso Ihre Unkenntnis in diesen Dingen beweist, ist jene Gruppe, die sich mit der Lehrverpflichtung beschäftigt. Sie setzen die Lehrverpflichtung hinauf und haben, ich sage es ganz ehrlich und offen als Lehrer, keine Ahnung vom Schulbetrieb. Denn sonst müßten Sie diese Bestimmungen ausmerzen und ausrotten. Ich wundere mich, daß Sie darüber nicht schamrot werden, daß Sie die Schule zu einer Fabrik machen. Es ist der Fluch der gegenwärtigen Zeit, ich sage es ganz ruhig, daß alles unter dem Industrialismus leidet, daß wir körperlich zugrunde gehen, und jetzt wollen Sie, daß die Kinder des Volkes auch noch geistig und sittlich verkrüppeln und verkümmern sollen. Darin liegt System. Sie haben von der Schule sehr wenig Ahnung und vielleicht mögen jene Herren, welche den Gesetzentwurf gemacht haben, ausgezeichnete Juristen sein, aber Lehrer sind sie ganz bestimmt nicht, und ich möchte die Behauptung wagen, daß auch der Unterrichtsminister die Schule aus eigener Anschauung und Praxis nicht kennt. (Výkøiky posl. Hillebranda.) Der Lehrerberuf bedeutet eine Tragödie für jeden denkenden Lehrer, denn wir Lehrer sind immer noch nicht Schulmeister in dem Sinne, daß wir bloß mit dem Bakel regieren und, nur sogenannte Schulzucht aufrecht erhalten, sondern wir sind Psychologen und wollen die Kinder als werdende Persönlichkeiten erfassen. Sie haben keine Ahnung von den tausendfachen Beziehungen, die zwischen Lehrern und Schülern bestehen und ein wunderbares, unwägbares und unmeßbares Geflecht der verschiedenartigsten seelischen Beziehungen zwischen beiden ausdrücken. Jede Lehrstunde sagt uns, daß sich die Lehrer bemühen, die Kinder zu erziehen. Sie vergessen nämlich, daß die Schule eine Erziehungsstätte sein sollte und nicht bloß eine Drillanstalt. Und da vergessen Sie auch, daß es unmöglich ist, die Kinder zu erziehen, wenn 60, 70 und 80 beisammen sitzen, zusammengepfercht sind, mit den verschiedensten Anlagen, körperlich unentwickelt, denn Sie zwingen alle zusammen in Bausch und Bogen, indem Sie das furchtbare System der Schuldrosselungen weiter fortsetzen und die Entwicklung des Schulwesens tatsächlich hindern.
Diese Frage ist mehr als ein bloße Standesfrage, sie ist eine Frage von hervorragend sozialer Bedeutung. Denn was wird die Folge dieses Gehaltsgesetzes sein? Daß erstens einmal die jungen Leute es sich überlegen werden, ob sie diesen undankbaren Beruf, der ihnen Stunde für Stunde und Tag für Tag einen neuen Fluch bringt, wählen sollen, daß sie diese Leute davon abhalten werden, eine Lehrerbildungsanstalt zu besuchen. Es wird nach Jahren ein Lehrermangel eintreten, Sie werden die Lehrerbildungsanstalten sperren und das wollen Sie wahrscheinlich. Es liegt in diesem ganzen System, von den Schuldrosselungen angefangen über das Gehaltsgesetz bis zum Entwurf des ganzen Schulgesetzes, ein fluchwürdiges System, eine ganze Kette verbrecherischer Absichten, deshalb, weil sich diese Absichten gegen die Mehrheit der Kinder des Volkes richten. Die Volks- und Bürgerschulen erziehen etwa 95 % aller Kinder und diese gehören dem Arbeiterstand, dem kleinen Bürgerstand, dem kleinen Bauernstand an. Infolgedessen ist diese Frage von eminenter sozialer Bedeutung. Sie können diese Gesetze beschließen; wir haben eine Reihe von Abänderungsanträgen gestellt und Sie werden beweisen müssen, ob es Ihnen um das Wohl Ihrer Jugend, denn auch Ihre Kinder werden geschädigt, zu tun ist. Unsere Schule wird eine Bildungsanstalt sein.
Nun eine persönliche Bemerkung.
Mir liegt noch heute der 24. Jänner 1922 im Gedächtnis, wo zum
erstenmal hier von der Schule gesprochen worden ist. Ich habe
von einer èechischen Lehrerin eine haßerfüllte, vom Vernichtungswillen
gegen das deutsche Schulwesen beseelte Rede gehört und auf anderer
Seite trat ein deutscher Kollege auf, der seine Rede schloß: "Wenn
wir einmal wieder da sein werden, dann werden wir Vergeltung üben!"
Nein, wenn dieser Geist der Ranküne, der kleinlichen Vergeltungsabsicht
in die Schule verpflanzt werden soll, dann tun wir ganz bestimmt
nicht mit, dann dürfen wir nicht mittun, weil es sich um das Menschliche
handelt und um das handelt, was uns das Wertvollste ist, nämlich
daß wir Geschlechter heranziehen, die befähigt sein werden, den
großen geschichtlichen Kampf des Proletariats auszufechten, den
größten geschichtlichen Kampf, den wir als die Lösung der sozialen
Frage bezeichnen. Wir wissen ganz genau, daß Not nicht nur beten
lehrt, Not lehrt auch denken. Und wenn Sie die Lehrer noch tiefer
in die Not hinabstürzen, Sie können versichert sein, daß Sie nicht
imstande sein werden, das geistige Wesen in diesen Lehrern zu
ertöten. Sie werden zum Bewußtsein ihrer Lage erwachen und dann
werden sie zu uns kommen und mit uns kämpfen um die Befreiung
des Proletariats und um die Neuaufrichtung einer besseren, edleren
Gesellschaft, der sozialistischen Gesellschaft. (Potlesk na
levici.)
Hohes Haus! Eines der wichtigsten Gesetze kommt heute zur Beratung, das Bruderladengesetz. Es ist bezeichnend für die Methode der Arbeit in diesem Hause, daß man mit diesem Gesetz in der Geisterstunde kommt, so schnell soll die Geschichte noch durchgebürstet werden. Ich muß ehrlich gestehen - aus egoistischen Gründen, nämlich für die Gruppe, die ich hier zu vertreten habe - ist es mir ganz angenehm, daß wir fertig werden; aber immerhin zeigt sich der Unernst, mit dem hier gearbeitet wird, wenn man bedenkt, daß ein solches Gesetz in 1 1/2 Stunden im Ausschuß fertig war und daß man jetzt wahrscheinlich in 20 oder 40 Minuten mit der ganzen Geschichte komplet fertig sein wird. Es ist unmöglich, daß der geistreichste Mensch, der genialste Jurist, der genialste Sozialpolitiker, der genialste Versicherungstechniker, daß alle diese Genialitäten in einer Person vereinigt, imstande wären, mit dieser Geschwindigkeit die Sache überhaupt nur zu begreifen, geschweige denn durchzudenken. Aber immerhin, die Bergarbeiter haben, wenn wir dieses Gesetz hier beschließ en, einen Fortschritt zu verzeichnen. Es bedeutet dies nicht nur einen Fortschritt in der Entwicklung der Bergarbeiterversicherung, sondern ist ganz bestimmt auch ein Fortschritt auf dem Wege zur allgemeinen Sozialversicherung.
Es ist bekannt, daß die Bergarbeiter die erste Berufskategorie waren, welche eine Invaliden-, Witwen- und Waisenversicherung hatten. Sie war zunächst nicht besonders gut ausgebaut, beruhte auf der mehr oder minder privaten Knappschaftskassenversicherung, welche später im Jahre 1889 in die Bruderladenversicherung umgewandelt wurden. Die Bruderladen waren zweifellos ein großer Fortschritt, hatten aber doch sehr große Mängel, von denen ich im Hause bei dem letzten Entwurf, betreffend die Bergarbeiterversicherung schon einmal selbst zu sprechen Gelegenheit hatte. Der Hauptmangel lag neben der Niedrigkeit der Leistungen in der Organisation. Die Leistungen waren zwar jetzt sehr niedrig, zu jener Zeit aber, als das Gesetz geschaffen wurde, waren sie relativ gesprochen - höher, als sie heute hier in dem Gesetz beschlossen werden sollen. Denn bezüglich der Leistungen war im Jahre 1889 im Motivenbericht ausdrücklich festgestellt, daß die Mindestleistungen an Invalidenpension ein Drittel des Durchschnittsarbeitsverdienstes des Hauers betragen sollen. Wir können heute, wenn wir mit 900 Kronen anfangen, natürlich von einem Drittel der Jahresbezüge bei weitem nicht sprechen. Der größte Mangel, den wir in der Bruderlade hatten, war die Organisation, welche den richtunggebenden Einfluß den Unternehmern sicherte, ferner die nahezu völlige Untergrabung der Freizügigkeit der Bergarbeiter und schließlich im Zusammenhang mit dem Werksb uderladensystem, welches das ganze Unheil der Bruderladen war, auch noch der Mangel des Riskenausgleiches und daher auch die Unmöglichkeitt, mit den Leistungen in die Höhe zu gehen, zumal das Werkbruderladensystem die Notwendig eit mit sich brachte, das ungemein teuere Prämiendeckungsverfahren einzuführen. Die Bruderladen waren absolut nicht in der Lage, soweit es sich um die Versorgungsversicherung handelte, etwas zu leisten. Es wurden schon während des Krieges Versuche gemacht, diese größten Mängel der Bergarbeiterversicherung zu beseitigen. Es ist aber während des Krieges nur gelungen, einen einzigen Punkt zu reformieren. Es bestand nämlich die Ungerechð tigkeitt, daß derjenige Bergarbeiter, der zum Kriegsdienste eingerückt war, nach seiner Rück ehr die Möglichkeit hatte, alle Beiträge nachzuzahlen, samt Zins- und Zinseszinsen, u. zw. seine eigenen und die Beiträge des Unternehmers, wenn er sich seine Versorgungsansprüche, seine Anwartschaften, die er sich bis zur Einrückung er worben hatte, erhalten wollte. Das wurde beseitigt, u. zw. durch das Gesetz vom 24. Mai 1918. Alles andere blieb beim alten, und wir hatten noch im Jahre 1919 eine Durchschnittspension in der Èechoslovakischen Republik, wie früher in Österreiich, von 257·50 K jährlich. (Hört! Hört!) Das war die Pension eines Bergarbeiters im Durchschnitt. Im Jahre 1919 versuchte man dem abzuhe fen, ndem man Teuerun gszulagen einführte; diese wurden im Jahre 1921 erhöht, aber sonst blieb, insbesondere in der Organisation, alles beim Alten, vor allem konnte man nicht, solange eben die Organisation nicht verändert wurde, nichtts tun, um die Bedeckungsfrage zu lösen. Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht natürlich nicht den berechtigten Forderungen der Bergarbeiterschaft, ist aber, wie ich bereits vorhin gesagt habe, trotzdem ein Fortschritt, der in gewissen Belangen die Forderungen der koalierten Berrgarb eiter annerkennt. Er hat allerdings, wie das schon immer so geht, noch wesentlich viel heruntergehandelt, aber es ist immerhin einn wichtiger Schritt, ein wichtiger Markstein auf dem Wege der Entwicklung. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)
Ich möchte hier wegen der Kürze der Zeit, die mir zu Gebote steht, nur einige Punkte, welche strrittig waren, erörtern. Das Gesetz hält den berufsgenossenschaftlichen Charakteer der Bergarbeiterversicherung aufrecht. Es traten dabei sofort Gruppen auf, die noch eine Extratour tanzen wolllten; das waren die Bergbaubediensteten und Bergbaubeamten. Sie wollten in die Bergarbeiterversicherung nicht eingereiht werden, aber auch nicht in die Bezirkskrankenkasse, sondern sie wollten eine separate Beamtenkrankenversicherung haben. Das war ein schwerer Kampf, es wurde sogar durch dieese Forderung der Bergbaubediensteten und Bergbaubeamten einige Zeit die Gesetzwerdung des vorliegenden Entwurfes gefährdet und es blieb nun als Ausweg nichts anderes übrig, um das Gesetz überhaupt flott zu machen, als daß man zum alten österreichischen System des § 12 des Bruderladengesetzes vom Jahre 1889 zurückkehrte, das der Berghauptmannschaft das Recht gibt, die Beamten von der Versicherung spflicht zu befreien. Es wurde dadurch die Frage der besoonderen Beamtenversicherung nicht gelöst, sondern man hat es der Einsicht der Behörde überlassen, ob sie die Bergbeamten der Gefahr aussetzen will, der Vorteile, die ihnen die Bruderladen in der Krankenversicherung bieten, verlustig zu werden. Diese Vorteile und dies richte ich an die Adresse der Bergbaubeamten - bestehen namlich darin, daß die Krankenversicherung in den Bruderladen auch den Provisionisten der Bruderladen und den Pensionisten, welche in der Krankenkasse der Bruderladen versichert waren, gewährt wird. Die Pensionisten sollen nämlich nach dem neuen Bruderladengesetz - dies wurde in einigen Revieren auch früher schon so gehandhabt - weiter auf die Naturalleistungen der Krankenkassen versichert bleiben.
Nun einige Worte zur Organisation, welche der umstrittenste Punkt war. Es ist dies ein Punkt, bei welchem man die Loyalität sehr häufig hat vermissen lassen. - Es war zunächst, meine verehrten Damen und Herren, vereinbart, daß wir bei dem bisherigen System der Bruderladenversicherung bleiben, daß nämlich von einer und derselben Korporation sämtliche Versicherungszweige gepflegt werden, die Krankenversicherung, die Invaliden-, Alters-, Witwen- und Waisenversicherung. Wir wollten diese Organisation deshalb so haben, um der Organisation der Sozialversicherung nicht vorzugreifen. Es sollten 4 Bruderladen geschaffen werden - das war eine fixe Vereinbarung - und zwar eine Bruderlade mit dem Sitze in Prag, eine Bruderlade mit dem Sitze in Brüx, eine Bruderlade mit dem Sitze in Mähr. Ostrau und eine mit dem Sitze in Bratislava-Preßburg. Auf dem Wege aus dem Ministerium für öffentliche Arbeiten über den Ministerrat in das Haus ist eine Bruderlade verloren gegangen (Hört! Hört!) und merkwürdigerweise gerade die Brüxer, ist auf dem Wege spurlos verschwunden und ging auf in die Bruderlade mit dem Sitze in Prag. (Posl. Grünzner: Gefunden wurde sie?) Gefunden wurde sie, sie wurde nur aufgesogen. Nun standen wir vor einer Situation, die absolut nicht gesund war, die versicherungstechnisch und auch organisatorisch absolut nicht zu rechtfertigen war, und wir mußten uns helfen, wie wir konnten. Wir hatten ursprünglich beabsichtigt, in der Versorgungsversicherung über den Bruderladen einen Oberbau zu schaffen u. zwar einen Rückversicherungsverband. Jetzt mußte man zu dem Hilfsmittel greifen, die Versicherung zu teilen, und zwar als Träger für die Versorgungsversicherung eine Zentralbruderlade, und als Träger für die Krankenversicherung eine Revierbruderlade, und zwar eine autonome Revierbruderlade zu schaffen, welche gleichzeitig als Geschäftsstellen der Zentralbruderlade zur Durchführung der Versorgungsversicherung fungieren sollen. Und da setzten wiederum, obwohl dieser Ausweg neuerlich vereinbart wurde, Kräfte ein, die in diesem Hause so häufig einsetzen, und haben wieder aus absolut unsachlichen Gründen versucht - und es ist ihnen auch zum großen Teil gelungen die Autonomie der Revierbruderlade auch in der Krankenversicherung wesentlich einzuschränken. (Posl. Taub: Zum Schaden der Krankenversicherung!) Es ist sehr schwer, das hier zu erörtern, weil man nur 20 Minuten Zeit hat. In 20 Minuten kann man die Probleme aller Versicherungszweige nicht erörtern; jeder Mensch, der in der Krankenversicherung bewandert ist, weiß, daß die Einschränkung der Autonomie dieser auf kleinere Territorien beschränkten Krankenkassen sehr zum Schaden der Krankenkassenversicherung sein muß. Und ich glaube, wir werden, wenn die Zentralbruderlade ihre Zentralisierungsgewalt ausüben sollte, sehr bald zur Überzeugung kommen, daß entweder das Gesetz in diesem Punkte von der Zentralbruderlade nicht gehandhabt werden kann, oder daß die Krankenversicherung schweren Schaden leiden wird. Was die Leistungen anbelangt, sind die Leistungen der Krankenversicherung im wesentlichen die gleichen wie in der allgemeinen Krankenversicherung, nur mit der kleinen Abweichung, daß die Pensionisten, die in der Krankenkassa versichert waren, auf die Naturalleistung der Krankenkassa weiter versichert bleiben sollen. In der Versorgungsversicherung ist die Regierungsvorlage etwas abweichend von dem Antrag, der heute vorliegt. Es entspricht der Antrag auch längst nicht den Forderungen der Bergarbeiter, aber es ist immerhin von durchschnittlich 257 Kronen nach aufwärts ein ziemlicher Sprung zu verzeichnen. Es ist uns ferner gelungen, allerdings auch nicht so weit, als wir es gewünscht haben, die Teuerungszulagen als obligatorische, als Pflichtleistungen in das Gesetz einzufügen. Diese Kombination ist aus dem Grunde notwendig, weil man heute in ein Versicherungsgesetz die Leistungen allein als fixe Leistungen ohne Teuerungszulage schwer aufnehmen kann, weil eben die Kaufkraft des Geldes ununterbrochen wechselt und man in der Lage sein muß, die Leistungen der Versicherung an die schwankenden Geldwerte anzupassen. Eines ist allerdings nicht gelungen, und das war die Fixierung des Mindestausmaßes der Gesamtsumme der Regelleistungen und der pflichtgemäßen Teuerungszulagen. Das hat das Ministerium unter keinen Umständen durchlassen wollen, obwohl der Antrag dahinging, daß nach 30 Dienstjahren 35 % des Durchschnittsverdienstes im Momente der Zahlung der Pension gezahlt werden solle. Während wir in Österreich beim alten Gesetz als Mindestbetrag 33 1/3 % nach 5 Dienstjahren hatten, haben wir hier nach 30 Dienstjahren nur 35 %, und nach 5 bis 10 Dienstjahren nur 15 % verlangt. Das Ministerium hat energischen Widerstand entgegengesetzt und es ist daher sozusagen in das Belieben der Kassa und der Regierung gesetzt worden, die Höhe der als Pflichtleistung angesehenen Teuerungszulage zu bestimmen. In der Witwen- und Waisenversicherung wurde das Prinzip, welches im Gesetze des Jahres 1919 zum Ausdrucke kam, aufrecht erhalten, indem nämlich die Witwenrente von 1/3 der Invalidenrente nach dem alten Gesetze auf die Hälfte, und die Pension der Waisen von 1/6 auf 1/4 der Invalidenrente erhöht wurde. Es war noch ein großer Streit, der aber nicht ausgetragen wurde, nämlich über die Bedeckungsfrage. Diese Bedeckungsfrage ist nach dem Muster des preußischen Knappschaftsgesetzes in der Vorlage nicht gelöst, sondern es heißt nur ganz allgemein, daß die Versorgungskassa für die dauernde Erfüllung ihrer Verpflichtung zu sorgen habe, und es wird nunmehr Sache der Regierung, insbesondere der Ministerien für öffentliche Arbeiten und für soziale Fürsoge sein, das Bedeckungssystem vorläufig mindestens solange die Geldverhältnisse unsicher sind, entsprechend beweglich zu machen, wahrscheinlich durch eine Kombination des Versicherungssystems, des Kapitaldeckungsverfahrens und des Umlagenverfahrens.
Es wurde von den koalierten Bergarbeiterverbänden besonders Wert darauf gelegt, daß die Freizügigkeit der Bergarbeiter in jeder Beziehung gewährleistet ist. Der erste Vorstoß, den wir in dieser Richtung gemacht haben, ist niedergelegt im Gesetz Nr. 61 vom heurigen Jahre; dieses Gesetz wurde durch die ungeheure Krise im Bergbau sozusagen erzwungen, welche es dazu gebracht hat, daß viele Bergarbeiter in Gefahr kamen, ihre durch jahrzehntelange Arbeit erworbenen Anwartschaften in der Versicherung zu verlieren. Das Prinzip, welches in diesem Gesetze Nr. 61 aus dem Jahre 1922 festg elegt worden ist, bestimmt, daß derjenige Arbeiter, welcher aus irgend einem Grunde die Bergarbeit verlassen muß, imstande ist, sich durch einen ganz geringfügigen Anerkennungsbeitrag, der zum Beispiel momentan in Mähr. Ostrau 50 h pro Monat beträgt, die Anwartschaften, welche er bis zum Tage des Austrittes erworben hatte, sich zu erhalten. Es ist auch weiter festgesetzt, daß die Militärdienstzeit als Mitgliedszeit anzusehen ist, auch wenn der Mann während dieser Zeit die Beiträge nicht bezahlt, während er nach dem bisherigen Gesetze die eigenen und die Unternehmerbeiträge nachzahlen mußte. In dieser Beziehung ist gegen den bisherigen Zustand ein wesentlicher Fortschritt zu erblicken.
Es ist weiter entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen und dem Umstande, daß die Versicherung, eine Versicherung der Bergarbeiter und nicht der Unternehmer ist, bestimmt, daß die Arbeiter im Vorstand der Bruderlade einen ausschlaggebenden Einfluß haben, während die Unternehmer nur im Überwachungsausschuß ihren Einfluß in ausreichendem Maße ausüben können.
Ein weiterer Übelstand, den wir in der früheren Versicherung hatten, bestand darin, daß die Rechtssprechung zersplittert war. Jedes Revier hat die Rechtssprechung nach seiner eigenen Facon geübt. Das war zum Beispiel in der Frage der Bestimmung des Begriffes der Invalidität besonders deutlich zu sehen. Die einen Gerichte haben "Invalidität" im engsten Sinne des Wortes ausgelegt, das heißt, invalid ist nur derjenige, der zu jeder Arbeit untauglich ist; andere Gerichte hingegen wieder haben sich an den Erlaß des österreichischen Ackerbauministeriums aus dem Jahre 1905 gehalten und haben erklärt: Invalid ist im Sinne des Bruderladengesetzes schon derjenige, welcher zur Berufsarbeit des Bergarbeiters untauglich ist. Diesem Übelstande in der Rechtsspprechung soll dadurch abgeholfen werden, daß ein Bruderladen-Oberschiedsgericht mit dem Sitze in Prag geschaffen wird, an welches man gegen ein Erkenntnis des Schiedsgerichtes erster Instanz aus jenen Gründen appellieren kann, aus denen man nach der Zivilprozeßordnung die Revision einbringen darf.
Es ist auch festgelegt worden - was uns gerade in der Rechtssprechung große Schwierigkeiten gemacht hat, - daß "Invalidität" im Sinne des Bruderladengesetzes identisch ist mit dem Begriffe der Berufsunfähigkeit.
Große Schwierigkeiten machten
auch die ÜÜbergangsbestimmungen, nämlich die Behandlung der alten
Mitglieder und der alten Provisionisten. Es wurde der von den
koalierten Bergarbeiterverbänden verlangten Gleichstellung der
alten Mitglieder und Altprovisionisten mit den Mitgliedern nach
dem neuen Gesetz von den Unternehmern der schärfste Widerstand
entgegengesetzt. Es ist nunmehr im Ausschuß gelungen, diese Gleichstellung
tatsächlich zu vollziehen und dabei Vorsorge zu treffen, daß die
Unternehmungen jenen Sonderbeitrag noch weiter zahlen werden,
welcher bisher von ihnen nach den Gesetzen aus den Jahren 1919
und 1921 für diejenigen Provisionisten gezahlt wurde, welche bis
zum 1. Juli 1919 in Pension getreten sind. Es wurrde nun auch
der Gesetzentwurf, kaum daß er noch das Licht der Welt erblickt
hatte, zu einer Zeit, da noch die ersten Beratungen beim Ministerium
und die ersten Enqu@eten stattfanden, von den Feinden der Sozialversicherung
zu der Erklärung benützt, daß die Bergarbeiter ihre Spezialversicherung,
ihre Sonderversicherung machen und daß das, was den Bergarbeitern
Recht ist, auch andern Berufen billig sein muß. Nun, meine Herren,
dem ist nicht so. Die Bergarbeiter wollen absolut nicht Feinde
der Sozialversicherung sein, im Gegentei, die koalierten Bergarbeiterverbände
sind der Überzeugung, und haben dem auch am 3. Mai in ihrer Resolution
Ausdruck verliehen, daß die Bergarbiter Vorkämpfer der Sozialversicherung
sind. Die koalierten Arbeiterverbände haben audrücklich erklärt,
daß sie einig sind mit den Arrbeitern der anderen Berufe im Kampfe
um die Sozialversicherung und daß sie nur wenn sie in die Sozialversicherung
eingegliedert werden, verlangen und das muß jeder zubilligen -
daß jene materiellen und ideellen Rechte, welche sie sich in bitterem
langem Ringen erworben haben, aufrecht bleiben. Ich bitte Sie
daher, neben dem Gezetzentwurf auch noch die Resolution Pohl,
Johannis, Laube, welche diesen Gedanken Ausdruck
gibt, anzunehmen. Unser Klub hat, obwohl er der Überzeugung ist,
daß an dem Gesetzentwurf noch somanches zu feilen wäre, daß somanche
Leistung zu erhöhen wäre, keine Abänderungsvorschläge in dieser
Richtung eingebracht. Nur nach einer Richtung glaubten wir einen
Abänderungsvorschlag einbringen zu müssen aus dem Grunde, weil
wir der vollen Überzeugung sind, daß in dies em einen Punkte die
Loyalität in der Verhandlung uns gegenüber gebrochen wurde, und
zwar nicht nur einmal, sondern zweimal, nämlich in der Frage der
Organisation. Wir haben daher um diese Angelegenheit zu untersteichen,
nur einen einzigen bänderungsantrag eingebracht, welcher dahin
geht, daß, wenn Sie uns schon gezwungen haben, diese neue Organisation
an Stelle der vier selbständigen Bruderladen mit einem gemeinsamen
Rückversicherungsverband zu schaffen, wir wenigstens die autonomen
Revierbruderladen in der Krankenversicherung behalten und daß
Absatz 3 § 28 des Gesetzentwurfes gestrichen werde, welcher dieser
Autonomie wesentlich drosselt. (Souhlas a potlesk na levici.)