Geehrte Herren! Den vorliegenden Gesetzentwurf möchte ich nicht vom Standpunkt des Mieters, aber auch nicht vom Standpunkt des Hausbesitzers beleuchten, sondern mich bei der Betrachtung des Gegenstandes lediglich vom Billigkeits- und Gerechtigkeitsstandpunkt leiten lassen. Manche Parteien des Hauses vertreten allerdings den Standpunkt, keine Erhöhung über die bereits zugebilligten 20 % des Mietzinses zuzugestehen. Ich glaube, daß bei der Betrachtung des Gesetzentwurfes ganz davon abgesehen wird daß die Verhältnisse in den verschiedenen Städten, besonders wenn ich Prag und Pilsen auf der einen Seite und die Verhältnisse in den Landstädten andererseits betrachte, doch wesentlich verschiedene sind. Und es fiel mir besonders ein, daß ich vor wenigen Tagen Gelegenheit hatte, der Sitzung eines Mietamtes beizuwohnen. Es war dort ein Hausbesitzer über Klage der betreffenden Mietpartei erschienen; die Mietspartei beschwerte sich deswegen, weil der Hausbesitzer über den Rahmen der 20 %igen Erhöhung hinaus von der Partei eine um 10 Kronen monatlich höhere Miete haben wollte. Da möchte ich besonders hervorheben, daß die betreffende Mietspartei bis zu dem Zeitpunkt, wo sie die Klage erhob, einen Monatszins von 35 Kronen zahlte, das sind jährlich 420 Kronen. Nun hat das Mietamt trotzdem, weil es sich auf den gesetzlichen Standpunkt stellte, der Klage der Mietspartei stattgegeben und die Erhöhung von 10 Kronen monatlich oder 120 Kronen jährlich nicht gebilligt. Diese Verhältnisse sind um so bezeichnender, als die betreffende Mietspartei den ganzen ersten Stock des Hauses für diese 420 Kronen in Miete hat. Und wenn ich noch einen anderen und ebenso bezeichnenden Fall, ob die Erhöhung des Mietzinses eine wirtschaftliche und soziale Berechtigung hat, herausgreife, so möchte ich noch die Verhältnisse in einer Stadt schildern, wo drei städtische Gebäude an den Staat vermietet sind, u. zw. um den Gesamtmietzins von etwas über 11.000 Kronen. Bis zum 30. September dieses Jahres hat die betreffende Stadt an Instandhaltungskosten für diese drei Gebäude den Betrag von 18.000 Kronen ausgegeben. Ich möchte denn doch fragen, wer trägt denn den betreffenden Besitzern - in diesem Falle der Stadtgemeinde - die Ausgaben für die Umlagen und dann auch für die anderen Ausgaben, beispielsweise für die Verzinsung der Hypothek? Das sind zwei Beispiele, die vielleicht aus Tausenden herausgegriffen sind. Ich will ohne weiters zugeben, daß hier und dort vielleicht auch andere Verhältnisse platzgreifen können, wo möglicherweise der Besitzer über den Rahmen des Zulässigen hinausgeht. Man kann aber nicht engherzig und schroff auf dem Standpunkt bleiben, eine Erhöhung des Mietzinses sei unzulässig. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)
Eine zwanzigprozentige Mietzinserhöhung gegenüber einer vielleicht mehr wie 100 %tigen Erhöhung der Instandhaltungskosten und nicht zuletzt wohl gegenüber einer ganz bedeutenden Erhöhung der Ausgabe, die hervorgerufen wird durch die Erhöhung der Umlagen der verschiedensten Art. Und wenn wirklich dieser grundsätzliche Standpunkt, keine Mietzinserhöhung zuzubilligen, von den Parteien des Hauses angenommen wird, so vertrete ich aus meinen wirtschaftlichen Erfahrungen heraus, den einen wirtschaftlichen Standpunkt, daß Sie bloß dem einen Teil der Bevölkerung Rechnung tragen, das heißt jenem Teil, der heute schon im Besitze von Wohnungen ist, während Sie auf der anderen Seite den vielen Tausenden Mietparteien, die auf Wohnung warten, keine Hilfe bringen können. (Sehr richtig!) In Jugoslavien ist durch ein Gesetz vom 23. Juni 1921 eine Erhöhung der Mietzinse zugestanden worden, die das vier- bis sechsfache des gegenwärtigen Zinses beträgt. Und dafür ist in Jugoslavien, ganz besonders in Belgrad, eine ganz besondere Hebung der Bautätigkeit zu verzeichnen gewesen. Und selbstverständlich ist es, daß wir durch die Erhöhung der Bautätigkeit einzig und allein zu dem wünschenswerten Ziel kommen, daß auch entsprechende und hinreichende Wohnungen für jene Parteien zur Verfügung gestellt werden, die heute so zu sagen auf der Gasse liegen. Eine Wohnungsfürsorge - und es ist wohl der springendste Punkt in der ganzen Frage - mü ßte großzügig aufgebaut sein. Sie dürfen nicht dem einen helfen wollen und von dem anderen verlangen, daß er die Kosten dieser Hilfe zu bezahlen hat. Es sei zugestanden, und es ist richtig, daß vielleicht gerade der gegenwärtige Zeitpunkt, wo vor wenigen Tagen die Gehalte der Lehrer und der Beamten durch das Beamtengesetz wesentlich ermäßigt wurden, vielleicht ungünstig ist, um die Mietzinse überhaupt auf gesetzlichem Wege zu erhöhen. Aber Sie dürfen das eine nicht vergessen, daß auch dafür der Hausbesitzer nicht verhalten werden kann, diese Entgänge der Einkommen durch ein Gleichbleiben der Mietzinse wieder gut zu machen. Noch ungerechter stellt sich jedenfalls diese ganze Gesetzgebung dadurch dar, daß eigentlich das Mieterschutzgesetz durch das Beibehalten der alten Mietzinse auch jenen hilft, die wirtschaftlich in der Lage wären, entweder einen höheren Mietzins zu bezahlen oder infolge ihrer Mittel sich selbst ein Haus bauen zu können. Und diese Kreise sollten, wenn wirklich diese Frage vom wirtschaftlichen Standpunkt betrachtet wird, zu einer höheren Miete, oder wenn sie wirklich in der Lage sind, ein Haus zu bauen, im Wege der Gesetzgebung verhalten werden, sich Hausbesitz zu erwerben, das heißt ein Haus zu erbauen. Ich habe bereits vor längerer Zeit durch einen Antrag dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß die Gesetzgebung dem Kapital einen gewissen Anreiz geben sollte, überhaupt an die Erbauung von Wohnhäusern heranzutreten, und ich glaubte diesen Anreiz in dem Antrage gefunden zu haben, daß jene Parteien oder jene Kapitalisten, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, sagen wir bis 1924 oder 1925, ihr Kapital oder Teile ihres Vermögens in Hausbesitz anlegen, das heißt, sich neue Häuser erwerben, von der Vermögensabgabe befreit sein sollen. Dieser Standpunkt hat eine gewisse Berechtigung. Es ist richtig, daß dadurch dem Staate vielleicht Millionen der Vermögenssteuer entgehen würden. Aber nach und nach würde auf der anderen Seite in absehbarer Zeit der Staat wieder neue Einnahmen durch die Erhöhung der Mietzinse erhalten. Und es darf nicht vergessen werden, daß bei all unseren Handlungen jedenfalls der Gedanke vorherrschen muß, daß wir dazu beitragen müssen, auf natürlichem Wege durch Heranziehung des Kapitals neue Wohnungen oder Häuser zu schaffen. Und wenn der Staat in diesem Falle wirklich verlieren würde, so würde aus der Hauszinssteuer dieser Entgang jedenfalls wieder hereingebracht werden können, ferner dadurch, daß hunderte und tausende Bauhandwerker, aber auch viele Tausende Handwerker des Baugewerbes lohnende Beschäftigung finden würden, und dieses Einkommen aus dieser Beschäftigung wieder befruchtend auf das Einkommen des Staates wirken würde durch eine Erhöhung der Einkommen - und auch der Erwerbsteuer. Von diesen Grundsätzen, die ich in Kürze entwickelt habe, ausgehend, bin ich namens der deutschnationalen Partei zu folgender Erklärung ermächtigt worden:
Die Frage des Mieterschutzes ist nach Anschauung unserer Partei mit der Frage der Bauförderung eng verbunden. Die bisherigen Maßnahmen auf diesem Gebiete haben zu keiner befriedigenden Lösung geführt und konnten es auch nicht, weil es unmöglich ist, diesen Teil der Volkswirtschaft dadurch in annehmbare Bahnen zu leiten, daß man ihn, inmitten eines auf freier Wirtschaft aufgebauten weltwirtschaftlichen Systems, unter staatlicher Zwangswirtschaft hält. Diese war nach unserer Ansicht gerechtfertigt, solange die durch den Krieg bedingten außergewöhnlichen Verhältnisse bestanden; sie verliert jedoch ihre Berechtigung, wenn es sich darum handeln muß, Neubauten in genügendem Maße zu erstellen, um das Wohnungsbedürfnis zu befriedigen. Daraus ergibt sich, daß endlich der Übergang zur freien Wirtschaft auch auf diesem Gebiete der Volkswirtschaft gefunden werden muß, sollen die bereits jetzt unerträglichen Verhältnisse nicht zum Zusammenbruche führen. Es ist selbstverständlich, daß dieser Übergang nicht plötzlich und ohne vernünftige Überleitung erfolgen kann, weil dadurch die auf feste Bezüge angewiesene Mieterschaft obdachlos werden müßte, es ist aber ebenso selbstverständlich, daß die Erstellung neuer Wohnungen und damit die beste Sicherung gegen die Wohnungsnot nur gewährleistet wird, wenn folgende Voraussetzungen zutreffen:
1. Muß die durch die Gesetzgebung und Verwaltung schwer erschütterte Rechtssicherheit wieder hergestellt werden, der Unfug gesetzlicher, oft sogar rückwirkender Eingriffe in bestehende Privatverträge und Privatrechte muß aufhören, jedermann muß sein Privateigentum nicht nur Dritten gegenüber, sondern auch dem Staate gegenüber gewährleistet sein;
2. Dem für Hausbauten verwendeten Kapitale muß die Sicherheit geboten werden, daß seine Verzinsung lediglich von Angebot und Nachfrage abhängen und daß es nicht staatlichen Eingriffen und Beschränkungen unterworfen werden wird.
Für die Übergangszeit muß an eine stufenweise Erhöhung der jetzigen Mietzinse gedacht werden, sollen nicht viele Häuser dem Verfalle preisgegeben und die Verhältnisse dadurch nicht neuerlich verschärft werden. Daher sollte die Gesetzgebung für einen feststehenden Zeitraum die zulässigen Erhöhungen der Mietzinse bestimmen, wobei auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mieter möglichst Rücksicht zu nehmen wäre.
Von solchen Anschauungen ausgehend
hätten wir an den Fragen des Mieterschutzes und der Wohnungsfürsorge
gerne mitgearbeitet, wenn es die Mehrheitsparteien nicht vorgezogen
hätten, diese volkswirtschaftliche Frage zum Gegenstande unwürdiger
politischer Schachergeschäfte zu machen, welche sie schließlich
genötigt haben, den Versuch einer Lösung durch einfache Verlängerung
der jetzt bestehenden Vorschriften abermals hinauszuziehen. Wir
erheben gegen diese leichtfertige Behandlung eines so wichtigen
Gegenstandes entschiedenen Widerspruch und werden uns zum Zeichen
unseres Widerspruches an der Abstimmung nicht beteiligen. (Souhlas
a potlesk na levici.)
Meine Damen und Herren! Wenn ich mich in die Rednerliste habe eintragen lassen, so geschah dies lediglich deshalb, um vor allen den schärfsten Protest zum Ausdruck zu bringen, gegen die Art und Weise, wie so wichtige Vorlagen in diesem Hause behandelt werden. Man darf wohl sagen, daß die Verlängerung des Mieterschutzgesetzes und die Vorgänge bei dieser Verlängerung eines gewissen komischen Beigeschmackes nicht entbehren. Die Vorlage, die nun jetzt auf den Tisch des Hauses niedergelegt wurde, ist wohl nichts anderes als das Produkt der Uneinigkeit in der "Pìtka", nichts anderes als ein Verlegenheitsprodukt der dritten Fünfmänner-Oberkammer dieses Hauses und es hat sich ja bei Behandlung dieser Vorlage gezeigt, daß die Gegensätze zwischen Hausherren und Mieter doch so grundsätzlich verschieden sind, daß selbst die "Pìtka" sich über diese grundsätzlichen Fragen nicht zu verständigen vermochte. Um diesen Riß irgendwie zu verkleistern, hat der Herr Minister für soziale Fürsorge mit besonderer Vorliebe nach dem von uns gestellten Antrag gegriffen, die Vorlage zurückzuziehen und das alte Gesetz bis zum April 1922 zu verlängern. Vor allem müssen wir heute, gerade in dem Moment, wo die Verlängerung des Gesetzes in Aussicht gestelltworden ist, den schärfsten Protest gegen die Art dieser Verlängerung erheben. Es ist seit Juni vorigen Jahres die Frage spruchreif. Seit Juni weiß man schon, daß diese Frage gelöst werden muß, seit Juni beschäftigt sich die ganze Öffentlichkeit mit dieser Angelegenheit und trotzdem hat man nichts anderes zu tun vermocht, als wiederum eine Verlängerung von 4 Monaten zu beantragen, eine Verlängerung die einen Zustand der fortwährenden Unsicherheit bei der gesamten Bevölkerung und besonders bei den Mietern wachrufen muß. Ich meine, das ist eine förmliche Marter.
Und wenn Sie mir gestatten, eine Gegenüberstellung vorzubringen, so möchte ich diesen Zustand damit vergleichen, was man gegenwärtig auch am Spielberg sehen kann. Dort gibt es Marterwerkzeuge und unter ihnen auch eine Kette. An dieser Kette wurden die Gefangenen angebunden, der Wärter dazu gestellt und damit der arme Gefangene ja nicht einschlafen könne, wurde an der Kette gezogen, um ihn wieder wachzurufen. So werden die Mieter auch mit dem Mieterschutzgesetz gemartert. Vier Monate sollen sie Ruhe haben und nach vier Monaten entsteht neuerlich die bange Frage, was wird jetzt geschehen? Wir erklären daher: die Frage des Mieterschutzgesetzes bedarf unbedingt einer anderen Behandlung. Es ist doch klar, daß sich in längerer Zeit eine Änderung unserer Wohnungsverhältnisse nicht ergeben kann und nicht ergeben wird. Es ist klar, daß man den Schutz, der durch das Mieterschutzgesetz für die Mieter bestimmt ist, schon für einen längeren Zeitraum und in einer anderen Form zu lösen hätte, als es hier in diesem Parlamente der Fall ist. Wir müssen aber gleichzeitig auch darauf verweisen, daß das Mieterschutzgesetz allein nicht alle Übel und Unannehmlichkeiten aus der Welt zu schaffen vermag, die sich für den Mieter ergeben.
Wir müssen bei dieser Gelegenheit vor allem einmal darauf verweisen, daß es unbedingt notwendig erscheint, mit der Schaffung des Mieterschutzgesetzes an die Neuerrichtung, d. h. an die Neugestaltung des Wohnungsbeschlagnahmegesetzes zu denken. Wenn das Mieterschutzgesetz ohne das Wohnungsbeschlagnahmegesetz besteht, so wäre das nur halbe Arbeit, die geleistet wird und wenn die Behauptung aufgestellt wird, daß es keine Wohnungen mehr gibt, die zu vermieten wären, daß fast alle verfügbaren Wohnräume an die Mieter abgegeben worden sind, so ist das nicht richtig. Denn wir sehen es ja jetzt, seitdem das Beschlagnahmegesetz nicht mehr besteht und die Gemeinden das Anforderungsrecht nicht mehr haben, daß alle frei werdenden Wohnungen einfach unter der Hand verschwinden und daß sich zur Beschaffung dieser freiwerdenden Wohnungen in den großen Städten geradezu Wohnungsmärkte gebildet haben, die für hohe Provisionen, Bestechungen und Beziehungen solche Wohnungen an den Mann abgeben, während auf der anderen Seite Hunderte und Aberhunderte von Menschen in tiefstem Wohnungselend dahin leben müssen. Wir fordern daher, daß vor allem, wenn nun dieses Mieterschutzgesetz verlängert wird, oder wenn die Herren von der "Pìtka" es für nötig finden, innerhalb dieser Frist ein neues Gesetz auszuarbeiten, daß gleichzeitig auch damit die Frage der Wohnungsbeschlagnahme neu geregeltwerden müßte, weil sonst dieses Gesetz nur eine halbe Arbeit ist. Die Regelung der Wohnungsfrage ist notwendig. Vor allem in den Städten sehen wir, daß das Mieterschutzgesetz allein, zwar den Mieter zu schützen vermag, daß die freiwerdenden Wohnungen nicht unter den Schutz des Gesetzes fallen. Wenn wir uns die Zustände in den einzelnen Städten betrachten, so finden wir, daß ganze Familien in Wohnräumen eingepfercht sind, die man nicht mehr Wohnräume nennen kann, wir sehen, daß in den Städten Hunderte von Bewohnern in Baracken untergebracht werden müssen, daß in diesen Baracken die unglaublichsten Zustände herrschen, daß dieses ungeheure Wohnungselend geradezu himmelschreiend ist. Und trotzdem gibt es in verschiedenen Städten Wohnungen, die frei werden, die aber, weil sie dem Beschlagnahmegesetz nicht mehr unterliegen, vom Hausbesitzer nach seiner Art und nach seinem Vorteil weiter vergeben werden, umsomehr, nachdem für diese Wohnungen die Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes nicht anzuwenden sind, und daher ein Lizitieren des Mietpreises einsetzt. Aber eines muß ich noch sagen: Wenn nun das Mieterschutzgesetz verlängert wird, so müßte darauf Bedacht genommen werden, daß vor allem die Justizverwaltung sich vor Augen hält, daß dieses Mieterschutzgesetz die Mieter schützen soll. Wir haben in der letzten Zeit Fälle erlebt, daß einzelne Bezirksgerichte die Frage des Mieterschutzes einseitig behandeln. Wir haben es erlebt, daß es Bezirksgerichte gibt, die in der Frage des Mieterschutzes sich mehr auf die Seite des Hausherrn als auf die der Mieter stellen.
Wir haben es erlebt, daß vielfach ganze Familien einfach delogiert worden sind, ja daß es Gerichte und Richter gibt, die den Mieter beeinflussen, einen Ausgleich zu treffen, in der Form, daß er innerhalb der festgesetzten Zeit die Wohnung zu räumen hat. Aus Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen hat der Mieter diesen Ausgleich unterzeichnet und ist dann, ohne daß er eine Wohnung finden konnte, mit seinem Hab und Gut auf die Straße gesetzt worden. Wir glauben, daß auch die Richter eine menschliche Empfindung gegenüber den Mietern an den Tag legen müssen und es wäre sehr gut, auch einzelnen Richtern begreiflich zu machen, daß sie ja nicht Vollzugsorgane des Hausherrn sind, sondern daß sie alle nach gleicher Schablone zu behandeln haben.
Nun hat sich, wie ich bereits eingangs erwähnte, der Herr Minister für soziale Fürsorge sofort bereit erklärt, mit Rücksicht auf die Unstimmigkeiten innerhalb der "Pìtka" die erste Vorlage zurückzuziehen und sich mit einer Verlängerung des Gesetzes zu begnügen. Meine Damen und Herren! Man wird den Gedanken nicht los, daß auch da eine gewisse Absicht dahinter stecken dürfte, und diese Absicht mag wohl die sein, daß wir jetzt gerade eine ziemlich große Aufregung hinter uns haben, die eigentlich noch nicht hinter uns ist, sondern erst im Entstehen begriffen ist, daß die Reduktion der Bezüge der Staatsangestellten einen Sturm der Entrüstung wachgerufen hat. Auf der anderen Seite sehen wir wieder deutlich, wie bereits diesem Vorgehen die Unternehmer folgen. Die Unternehmer haben schon das Bestreben, einen Lohnabbau durchzuführen. Das geschah in den letzten Tagen in Mährisch-Ostrau und vor kurzem wurde in der Maschinenfabrik Neutitschein eine große Kundmachung angeschlagen, in der gesagt wird, daß von einem bestimmten Tage an 25 % des Lohnes in Abzug gebracht werden. Wer damit nicht einverstanden ist, hat ganz einfach die Arbeit zu verlassen. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)
Es folgen also dem Beispiele des
Staates wahrscheinlich sehr bald die Herren Unternehmer und ich
glaube es ist vielleicht nur auf diesen Umstand zurückzuführen,
daß die Verlängerung des Mieterschutzgesetzes bis April ausgesprochen
wurde, weil man nicht wollte, daß die Reduzierung der Gehälter
gleichzeitig mit der Steigerung der Mietpreise zusammenfällt.
Daher halten wir es für notwendig, hier offen darüber Kritik zu
üben. Wir verlangen, daß ein solches Gesetz nicht so oberflächlich
behandelt werden darf, da dieses Gesetz tief einschneidet in das
Leben aller Menschen, besonders aller Mieter. Diese Unsicherheit,
die mit den kurzen Fristen geschaffen wird, müßte endlich verschwinden
deshalb, weil eine solche Behandlung das Parlament herabwürdigt.
(Souhlas a potlesk na levici.)
Es wäre der Wunsch der Partei
gewesen, welche ich zu vertreten habe, daß eine sachgemäße grundsätzliche
Beratung über den Abbau der Zwangswirtschaft auf diesem Gebiete
stattfände, denn wir erkennen es als unbedingt notwendig an, daß
man im Interesse des heute bereits bedrängten und schwergeschädigten
Hausbesitzes übergeht zu einem entschiedenen Abbau dieser Bestimmungen,
welche heute dazu dienen, die Baubewegung geradezu zu verhindern.
Es ist nicht möglich, auf der Grundlage dieses Entwurfes hier
in derartig sachgemäße Verhandlungen einzutreten, und wir haben
uns deshalb veranlaßt gesehen, hier folgende Erklärung abzugeben:
"Im Namen der deutschdemokratischen Freiheitspartei habe
ich zu erklären, daß wir grundsätzlich die freie Wirtschaft auch
auf dem Gebiete der Baubewegung und des Wohnungswesens anstreben.
Wir sind der Ansicht, daß man an dem System des Zwangs für das
Vertragsverhältnis der Hausbesitzenden und Mieter bereits allzulange
festgehalten hat und daß gerade daraus die Schwierigkeiten des
Übergangs sich ergeben. Die Mutlosigkeit der Mehrheitsparteien,
diesen Schwierigkeiten des Mieterschutzgesetzes durch sachgemäße
Abänderungsvorschläge gegenüberzutreten, benimmt uns die Möglichkeit,
den energischen Abbau der Zwangsmaßnahmen unter Berücksichtigung
der berechtigten Interessen der Mieterschaft durch wirksame Mitarbeit
im gegenwärtigen Augenblicke zu befördern. Wir lehnen es unter
diesen Umständen und mit Rücksicht darauf, daß die èechischen
Parteien ohnedies entschlossen sind, alle Abänderungsanträge von
vornherein zurückzuweisen, ab, uns an der Beratung und Beschlußfassung
des vorliegenden Gesetzentwurfes zu beteiligen." (Souhlas
a potlesk na levici.)
Hohes Haus! Die Debatte, die uns
jetzt beschäftigt, ist verwandt mit jener, die über das Baugesetz
abgeführt wurde. Namens der Deutschen christlichsozialen Partei
erkläre ich in Übereinstimmung mit zwei schon abgegebenen Erklärungen,
daß wir uns der Abstimmung enthalten werden aus dem Grunde, weil
dieses Gesetz so eilig zwischen Tür und Angel verhandelt wurde,
daß weder die berechtigten Interessen der Mieter noch auch jene
der Vermieter gewahrt wurden. Aus diesem Grunde enthalten wir
uns der Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß in diesem Hause die allerselbstverständlichsten sozialen Gesetze stets im letzten Moment sozusagen vor Torschluß im schnellsten Tempo erledigt werden müssen, wirft auf das Wesen des Parlamentarismus dieses Staates und andererseits auf das Pflichtbewußtsein der Mehrheitsparteien den Arbeitern gegenüber ein sehr trauriges Licht. Als im Vorjahre, ziemlich um die gleiche Zeit, das jetzt zur Verlängerung vorgelegte Gesetz beraten wurde, haben die Koalitionsparteien mit großem Pathos die Ansicht vertreten, daß dieses Zwerggesetz von einem großen Reformwerk abgelöst werden wird, das alle Zweige der Sozialversicherung enthalten wird und das zugleich auch ein Stolz des demokratischen Staatsgedankens sein soll. Inzwischen ist die Zeit verstrichen, ohne daß etwas geschaffen worden wäre. Und wir halten nun soweit, daß der Herr Minister für soziale Fürsorge zu der Überzeugung gelangt ist, daß der hohe Stand der Valuta einen Stillstand in der sozialen Fortentwicklung bedingt. Wenn man also nach der Sachlage damit zu rechnen hat, daß auf eine absehbare Zeit eine gesetzliche Neuorientierung bezw. eine organische Fortentwicklung der bestehenden Sozialversicherung nicht möglich ist, so wäre es doch notwendig, darauf hinzuweisen und zu erwirken, daß wenigstens im Rahmen des bestehenden Gesetzes von allen jenen Möglichkeiten, die das Gesetz in Bezug auf die Erweiterung und Ausdehnung der Unterstützung bietet, ausgiebig Gebrauch gemacht werden soll. Ich möchte vor allem die Mehrheitsparteien darauf verweisen, daß sie jenen Abänderungsanträgen, welche von der deutschen sozialdemokratischen Partei im Hause vorgelegt werden, tatsächlich näher treten. Andererseits möchte ich den Herren Minister für soziale Fürsorge auf einige Gesichtspunkte aufmerksam machen, welche uns aus der Slovakei ganz besonders interessieren und von denen ich annehme, daß sie auch den Herrn Minister interessieren dürften. In der Slovakei wurde ja bekanntlich nach Einverleibung derselben in den èechoslovakischen Staatsverband das alte ungarische Gesetz übernommen, während in Böhmen und Mähren das alte österreichische Gesetz in Wirksamkeit ist. Der wesentlichste Unterschied zwischen dem ungarischen Gesetz und dem alten österreichischen ist der, daß das alte ungarische Gesetz auf dem Prinzipe des Zentralismus, der Zentralverwaltung, aufgebaut ist, während das Kassenwesen in Böhmen und Mähren auf dem Prinzipe der Selbstverwaltung beruht. Nun hat der Herr Minister für soziale Fürsorge im Jahre 1919 in der Slovakei auf Grund des ungarischen Gesetzes eine sogenannte Landesversicherungskasse ernannt. Er hat es aber unterlassen, dieser Landesversicherungskasse zugleich auch die Lebensmöglichkeit zu geben. Dazu kommt, daß dieses Versicherungsamt, das schon von Geburt aus zur Fruchtlosigkeit verdammmmt ist, auch nicht in der Lage ist, wirklich die dringenden sozialen Probleme in der Slovakei zu lösen. Ich möchte nun einige Kostproben geben, womit sich das Landesversicherungsamt in Preßburg befaßt. Es wurde da in der letzten Zeit an die Beamten sämtlicher Kassen ein Rundschreiben gerichtet, in welchem die Beamten aufgefordert wurden, ihr Nationale dem Amte mitzuteilen. Unter den verschiedenen Fragen war es die erste, welches Religionsbekenntnis die Beamten haben. Ich will bemerken, daß das Versicherungsgesetz in der Slovakei seit dem Jahre 1890 besteht. Aber es ist notwendig, zugleich festzustellen, daß es in diesen vielen Jahren kein einziger Bürokrat des alten Ungarn gewagt hätte, in die Versicherung den Gedanken der Religiosität oder des Glaubensbekenntnisses hineinzutragen. Diese Rückständigkeit wurde dem Staate der Èechoslovakischen Republik vorbehalten. Ein anderesmal wurde von diesem Amte eine Verordnung an sämtliche Kassen verschickt, in welcher die Forderung aufgestellt wurde, daß die Kassen nur berechtigt sind, von je 10.000 Mitgliedern ein Mitglied in ein Sanatorium zu schicken. Nun beruht aber gerade das Gute in dem Gesetz darin, daß die Arbeiter mit dem Eintritt in die Arbeit ohne Rücksicht darauf, ob sie durch den Arbeitgeber angemeldet wurden, mit dem Momente des Eintrittes in einen versicherungspflichtigen Betrieb sofort auf alle Rechte, die das Gesetz vorsieht, auch tatsächlich Anspruch haben. Andererseits gibt es natürlich Dinge, deren Lösung tatsächlich im Interesse der Arbeiter, der Mitglieder, wäre. Dazu hat allerdings das Versicherungsamt keine Zeit und auch kein rechtes Verständnis. In diesem Amte liegt eine Menge Akten, die unerledigt sind, unerledigt deshalb, weil es im Sinne dieses Gesetzes notwendig ist, daß zwei Schiedsgerichte bestehen und diese Schiedsgerichte auch in Funktion sind. Nun besteht ja in einzelnen Kassen oder Kassensprengeln ein Schiedsgericht erster Instanz, aber die bestehende Landkasse will dieses Schiedsgericht für die Erledigung der sogenannten Unfallsrentenangelegenheiten nicht anerkennen. Vielleicht wäre es notwendig, auch ein anderes Schiedsgericht, das berufen ist, in zweiter Instanz zu urteilen, zu errichten. Ein solches besteht überhaupt nicht. Mit 1. Oktober 1919 unterliegen auch die Feldarbeiter in der Slovakei der Versicherungspflicht. Es ist ja begreiflich, daß die landwirtschaftlichen Arbeitgeber sofort gegen die Höhe der Beiträge aufgeschrieen haben. Anstatt daß sich aber das Landes-Versicherungsamt die Mühe gegeben hätte, die widerspenstigen Arbeitgeber zur Raison zu bringen, hat es die Möglichkeit eines bestehenden Paragraphen des ung. Gesetzes ausgenützt und gestützt auf diesen Paragraphen angeordnet, daß sofern die Arbeiter vom landwirtschaftlichen Grundbesitzer sämtliche Verpflegung bekommen, im Erkrankungsfall das Krankengeld dem Arbeitgeber auszuzahlen ist. Wir Sozialdemokraten und ganz besonders die Feldarbeiter erblicken in diesem Zustand ein Unrecht deshalb, weil auch sie die Hälfte des Versicherungsbeitrages an die Kasse entrichten. Hier wäre es notwendig, daß klargestellt würde, wie das Krankengeld auszufolgen wäre in jenem Falle, wenn der Arbeiter krank wird, daß er auch während dieser Zeit vom Arbeitgeber Kost und Quartier bekommt. Jedenfalls ist der heutige Zustand dringend der Revision bedürftig. Weiters wird auch Klage gegen das Landesversicherungsamt in der Richtung erhoben, daß es sich um solche Gesetze, welche hier geschaffen werden und die auch auf die Arbeiter der Slovakei auszudehnen sind, nicht kümmert. So wurde beispielsweise am 12. August dieses Jahres ein Gesetz beschlossen, laut welchem der zu berechnende Grundlohn für die Unfallsberechnung von 6000 auf 12.000 Kronen erhöht wird. Das Landesversicherungsamt hat es bis auf den heutigen Tag noch nicht der Mühe wert gefunden, dieses Gesetz auch für die Arbeiter der Slovakei in Wirksamkeit treten zu lassen. So kommt der geradezu empörende Zustand, daß Arbeiter mit blutenden Wunden schon in die Arbeit gehen, weil sie von den 333 Kronen monatlich weder für sich selbst, noch weniger für die Familie ihr Auskommen finden. Sie sehen also, wie notwendig es wäre, daß sich das Ministerium für soziale Fürsorge auch mehr um die Aufgaben dieses Amtes kümmert, damit da Ordnung gemacht wird und damit auch die Arbeiter zu ihrem Rechte gelangen.