Pátek 25. èervna 1937

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 109. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 25. èervna 1937.

1. Øeè posl. dr Peterse (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! In den Verhandlungen der Ausschüsse, durch welche die Vorlage gegangen ist, hat die Sudetendeutsche Partei dieser Vorlage die Berechtigung und Notwendigkeit zuerkannt. Sie hat ihr nicht zuerkannt die Dringlichkeit, mit der die Sache hier und in den Ausschüssen behandelt wurde, und hat verlangt, daß eine Vorlage von dieser Bedeutung in entsprechender Weise in den Ausschüssen durchberaten werden kann. Unsere Bemühung, dies zu erreichen, war leider vergeblich, so daß die Vorlage im großen Ganzen in der Form hier zur Annahme vorgelegt wird, in welcher sie dem Hause zugekommen ist.

Ich möchte gleich vorwegnehmen die Stellungnahme der Sudetendeutschen Partei zu der Vorlage und ihr Verhalten bei der Abstimmung. Wir sind uns vollständig klar, daß es sich hier um eine sehr ernste gesetzliche Maßnahme handelt, wir sind uns vollständig klar auch darüber, daß die Annahme dieser Vorlage zu einer ernsten Zeit stattfindet, wir sind aber entschlossen, gerade bei einer so ernsten Gelegenheit hier eine ernste Kundgebung zu machen, u. zw. in der Richtung, daß wir, trotzdem wir die Berechtigung der Vorlage anerkennen, für sie nicht stimmen können.

Und nun gestatten Sie mir, dies zu begründen. Die Vorlage ist ernst, weil sie in weitestem Maße in die Erziehungsaufgaben des Staates eingreift und eine psychologische Vorbereitung der Bevölkerung durchführt, die wir an sich für notwendig halten. Wir sehen auch ein, daß die Zeiten sehr ernst sind, wir müssen aber gerade deshalb feststellen, daß wir glauben, daß einerseits die politische Führung des Staates, andererseits die Vorlage selbst diesen zwei Voraussetzungen nicht Rechnung trägt. Meine sehr verehrten Herren! Im großen und ganzen wird diese Vorlage den Behörden überantwortet. Wir haben nie unterlassen, die Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß das Verhalten der Behörden - und leider muß ich auch die Militärbehörden mit einbeziehen - gegenüber dem völkischen Deutschtum ein derartiges ist, daß wir der Anschauung sind, daß auch bei der Durchführung dieses Gesetzes nicht jene Objektivität und jenes Verständnis, vor allem für die nationalen Belange der gesamten und besonders der deutschen Bevölkerung aufgebracht wird; und daher würden wir mit der Zustimmung zu diesem Gesetze eine Manifestation auch für die Verwaltung zum Ausdruck bringen, einer Verwaltung, der wir absolutes Mißtrauen entgegenbringen müssen. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)

Hiezu veranlaßt uns auch der Wortlaut des § 20. Wir haben uns bemüht, beim § 20 dahin zu wirken, daß die Regierung nicht das Recht bekommt, autoritär zu regieren. Es schien uns in einem demokratischen Staat selbstverständlich, daß die Regierung für alles verantwortet, was sie tut, d. h. daß sie nicht nach § 20 das Recht bekommt, einen Verein politisch zu disqualifizieren, ohne gleichzeitig genötigt zu sein, dies bis ins Letzte zu begründen. Hier kommen wir zu dem System, das heute maßgebend ist, nämlich zu dem System immerhin einer Art Kabinettsjustiz. Wenn aber die Regierung gerade in sehr heiklen und empfindlichen Fragen ein Diktat ausüben kann, und wenn sie ohne Begründung einem Verein, der schon die Berechtigung bekommen hat, die Berechtigung nehmen kann, so sehen wir darin einen Widerspruch zu der Verfassung und zum ganzen demokratischen Regime, das ja auf Verantwortung aufgebaut ist. Wir können nicht zustimmen, daß die Regierung eine solche Ermächtigung bekommt, die meines Erachtens politisch von außerordentlich großer Wichtigkeit ist und, meine Herren, nicht im Bereich der Parteipolitik, sondern der Staatspolitik liegt. Wir stehen auf dem Standpunkt, auch im staatlichen Leben gilt der Grundsatz: "Clara pacta, boni amici." Das heißt, es geht nicht an, daß die Verwaltung einen Akt der Persekution nach dem andern vornimmt, und die Regierung schließlich nach § 20 ebenfalls eine Persekution ausspricht, u. zw. ohne ihn zu begründen.

Auf der einen Seite wird somit der größte Einwand gegen diese Vorlage von der nationalpolitischen Seite her von uns gemacht, und zwar aus dem Grunde, weil hier neben den schon bestehenden eine neue allgemeine Bürgerpflicht eingeführt wird und keine Garantien dafür gegeben werden, daß diese allgemeine Bürgerpflicht auch nach den Maßstäben der vollen bürgerlichen Gleichheit durchgeführt wird. Die Herren des Ausschusses werden mir bestätigen, daß wir uns außerordentlich darum bemüht haben, daß uns Garantien gegeben werden, so daß wir annehmen können, daß die mit der Wehrerziehung betrauten Vereine nicht ein Vorbehalt für das èechische Volk und die Wehrzentralen ein Vorbehalt für die Volksgruppen werden. Darin sehen wir Voraussetzungen einer Ungleichheit und Grundlagen für eine nationalpolitische Entwicklung, bei der wir effektiv Bürger zweiter Klasse wären.

Auf der anderen Seite lassen Sie mich darauf hinweisen, was Sie in dieser Vorlage so klar zum Ausdruck bringen, daß Sie nämlich nicht gesonnen sind, den ethnographischen Tatsachen und psychologischen Zuständen, in denen sich die Gesamtheit der Staatsbürger dieses Staates befindet, Rechnung zu trag.en. Das heißt, Sie verlangen von uns die Übernahme einer allgemeinen Bürgerpflicht; wir erklären Ihnen unumwunden: Wir übernehmen diese allgemeine Bürgerpflicht, haben aber keinen Glauben, daß bei der Organisation dieser allgemeinen Bürgerpflicht die absolut gleiche Behandlung garantiert ist. Das kommt daher, daß, wie die Vorbereitung dieses Entwurfes gezeigt hat, man die völkischen Verbände, welche in der hervorragendsten Weise die körperliche Erziehung durchführen und daher von vornherein geeig.net sind, auch die Wehrerziehung durchzuführen, zu der Vorbereitung dieser Novelle nicht herangezogen hat. Das ist meines Erachten eine Unterlassung, die psychologisch vollkommen verfehlt ist. Denn Sie können nicht in einer deutschen Stadt die deutsche Jugend in den Wehrzentralen und die èechische Jugend in den Sokols oder tìlocvièné Jednoty turnen und wehrerziehen lassen! Hier ergeben sich solche Differenzen und Spannungen, daß der Zweck, den wir, wie ich ausdrücklich sage, anerkennen, durch diese Art der Wehrerziehungsvorlage nicht erreicht werden kann. Darauf haben wir Sie ganz offen und ehrlich aufmerksam gemacht. Sie waren nicht entschlossen, in diesem Sinne die Wehrvorlage zu ändern, und infolgedessen sind wir außerstande, ihr zuzustimmen.

Ich muß gleich hier gegen den Koll. Vodièka, der gestern hier den Deutschen Turnverband die illegale Hitler-Armee g.enannt hat, schärfsten Einspruch erheben und ihm sagen, daß das eine grobe Unwahrheit ist; ich muß ihn darauf aufmerksam machen, daß Urteile vorliegen, wo die rote Presse, die dieselben Behauptungen aufgestellt hat, diese Behauptungen zurücknehmen mußte, weil sich die Herren @a la Vodièka überzeugen mußten, daß ihre Behauptungen unwahr sind. Ich stelle das hier fest, muß aber gleichzeitig feststellen, daß leider Gottes solche unbewiesene und unwahre Behauptungen bei Ihnen eine entscheidendere Rolle spielen als die reelle Wirklichkeit und Wahrheit. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.) Nach solchen Gesichtspunkten kann die Politik nicht gemacht werden und wir bedauern feststellen zu müssen, daß auch die Staatspolitik nach solchen Gesichtspunkten gemacht wird. Und deshalb manifestieren wir in dem Augenblicke, wo wir für die Vorlage nicht stimmen, daß wir dieses System und diese Unwahrheit in der Staatspolitik energisch ablehnen.

Lassen Sie mich nun mit der Vorlage selbst beschäftigen, und zwar zunächst vom Standpunkt der Erziehung. Diese Vorlage ist eine Erziehungsvorlage, weil nach § 1 der Vorlage die bisherige Erziehungs- und Bildungsfürsorge des Staates um die Wehrerziehung erweitert wird. An sich wäre diese Erweiterung im Geiste der Zeit durchaus begründet, aber linear schaffen Sie in diesem Gesetz einen Unterschied zu der sonstigen Organisation und der sonstigenTendenz derSchulerziehung. Die Schulerziehung war immer und ist auch durch die letzten Verordnungen über die Lehrpläne aufgebaut auf der nationalen Kultur; es wäre daher eine Selbstverständlichkeit, daß bei der Erweiterung der Erziehung auf ein so großes Gebiet ebenfalls der Grundsatz der Bindung dieser Erziehung mit der nationalen Kultur gelten würde. Wir haben auch in dieser Richtung einen Antrag eingebracht, der sich ausdrücklich darauf berief, daß, da das Erziehungswesen bei uns auf der Grundlage der nationalen Kultur aufgebaut ist, es sogar-logisch wäre, es auch so in der Wehrerziehung zu machen. Sie haben diesen Antrag abgelehnt, ich glaube zum Nachteil des Zweckes dieses Gesetzes. Denn ich kann Sie versichern - ich glaube, daß es allgemein bekannt ist, daß der zweitgrößte körpererzieherische Verband der Èechoslovakei ein deutscher Verband ist, der vorbildliche körpererzieherische Arbeit vollführt - daß es eigentlich widersinnig ist, daß Sie die doch so stark auch auf die körperliche Ertüchtigung eingestellte Wehrerziehung nicht von vornherein körpererzieherischen Vereinen zuteilen, die von Bedeutung sind und die nachgewiesen haben, daß sie sachlich und fachlich auf der Höhe stehen.

Es ist im Motivenbericht und in den Ausführungen der einzelnen Sprecher in den Ausschüssen und auch von den Herren aus dem Ministerium für nationale Verteidigung festgestellt worden, daß durch die Wehrerziehung zunächst eine große moralische Beeinflussung erzielt werden soll, d. h. man will eine Art neue Ethik in der Bevölkerung schaffen. Es scheint mir geradezu verhängnisvoll zu sein, daß man sich nicht bemüht, auf dem gleichen Wege dieselbe Ethik in der Gesamtbevölkerung herauszubilden.

Es ist ein Unterschied im Motivenbericht, dem das Malheur passiert ist, daß einige Abschnitte von der 'Nation' und andere wieder von der 'Bevölkerung' sprechen. Ich stelle auch fest, daß von dieser Stelle gestern auch der Minister für nationale Verteidigung Machník eigentlich, wenn Sie wollen, denselben lapsus linguae begangen oder dieselbe grundsätzliche Unterscheidung gemacht hat. Dagegen erheben wir Einspruch, und zwar deshalb, weil es psychologisch untrag.bar ist, daß man von einer Nation spricht und das èechoslovakiche Volk meint. Es ist von Ihnen Wahnsinn, daß Sie eine Unterscheidung zwischen 'národ' und 'obyvatelstvo' machen, daß Sie also gewissermaßen 33% der Bevölkerung sagen, sie hätten mindere Rechte und mindere Ansprüche also die 66 %. (Potlesk.) Sie wissen, meine Herren, ich persönlich bin davon weit entfernt, in irgendeiner Weise zu demonstrieren oder zu provozieren, aber ich erkläre Ihnen, daß damit von Ihnen selbst eigentlich die ganze Frage des Staates aufgeworfen ist (Potlesk.) und zwar deshalb, weil es unerträglich ist, daß Sie unklar bleiben und von dem einen zum anderen Begriff jonglieren und vergessen, daß es sich nicht um 100% èechoslovakische Volksangehörige handelt, sondern bloß um 66.9% nach der Volkszählung vom Jahre 1930. Und wenn Sie glauben, daß der Weg der deutschen Regierungsparteien dazu führt, daß Sie auf kaltem Wege diesen Prozentsatz erhöhen, so sage ich mit dem ganzen Ernste, den ich für mich in Anspruch nehme; auf diesem Wege ist das nicht zu erreichen. Ruhe erreichen Sie nur, indem Sie das ganze System ändern, indem Sie einfach den realen Tatsachen Rechnung tragen und darauf verzichten, die ganze Staatspolitik auf einem Schein, auf einer Unklarheit und auch auf einer Selbsttäuschung aufzubauen.

Sehen Sie, ich habe mit Erstaunen und gleichzeitig mit Befriedigung die Beschlüsse des nationaldemokratischen Parteitages gelesen. Dort wurde das, was Sie im Stillen anstreben und was Sie im Stillen denken, offen ausgesprochen. Dieser Parteitag hat gezeigt, daß man dort eigentlich viel mehr Mut hat als Sie, meine Herren! Denn dort wird nichts mehr von Versprechungen und Zusagen gesagt, sondern einfach festgestellt, 33% der Bevölkerung - ich g.laube, der Parteitag hat sich übrigens über diese Zahl getäuscht - also die nationalen Minderheiten haben nur zwei Möglichkeiten: entweder sich assimilieren zu lassen oder national bewußt zu bleiben und damit gegen den Staat als Gegner aufzutreten. Das kann vielleicht in einem Staate der Fall sein, wo nicht 33%, sondern 3% nationale Minderheiten vorhanden sind, aber in einem Staate, wo ein Drittel der Bevölkerung eine andere Sprache spricht und kulturell aufgeschlossen ist, ist es unmöglich, nur diese Wahl zu sehen: Assimilation oder Unterdrückung! Wenn ich aus der Resolution des Parteitages noch etwas hervorheben soll, so ist es ein unlösbares Problem, nämlich die alte Palacký,sche These von dem historischen Kampf zwischen den Deutschen und den Èechen, von dem angeborenen und unausrottbaren Antagonismus zwischen Germanen und Slaven. Es ist doch außerordentlich bezeichnend, daß die Partei der èechoslovakischen Intelligenz derart über Thomas Masaryk hinweggeht, der ja bekanntlich die These Palacký's so ausführlich bekämpft hat und von der ich angenommen habe, daß er sie auch bei Ihnen liquidiert hat. Wir können zu dieser Resolution des nationaldemokratischen Parteitages nur feststellen, daß der Parteitag ausgesprochen hat, was man gegen die Tatsachen und Bedürfnisse dieses Staates der öffentlichen Meinung einredet und was unter keinen Umständen das ist, was einer friedlichen Entwicklung in diesem Staate Nutzen bringen kann.

Wenn auf der einen Seite von uns gesagt wird, daß wir uns entweder assimilieren sollen oder in einem ewigen Kontraste zum Staate auf der Basis des alten Antagonismus zwischen Slaven und Germanen stehen müssen, dann kann der Staat doch nicht zur Ruhe kommen! Sie, meine sehr geehrten Herren, werden doch endlich einsehen müssen: Assimilieren lassen wir uns nicht! (Potlesk.) Es kann auch kein solches Erstens oder Zweitens geben, - wie es die Resolution sagt: Die Aufgabe des èechoslovakischen Staates ist es, einen Mittelweg zu gehen, und wenn dieser Mittelweg nicht gefunden wird, dann gibt es eben ewigen Kampf, ewige Unruhe, etwas, was uns, die wir noch die Tradition der braven Staatsbürger in den Knochen haben, durchaus nicht genehm ist. Sie bilden sich ein oder glauben, es sei unser Streben, es sei unser höchstes Ziel, Unruhe zu schaffen. Nein! meine sehr geehrten Herren, fragen Sie uns, wie wir unter den Übergriffen, unter der Unordnung, unter den Ungerechtigkeiten leiden, seelisch leiden, weil wir noch immer glauben, daß diie staatliche Grundlage Ordnung, Gerechtigkeit und Recht sein muß!

Wenn wir die Dinge so betrachten, so müssen wir wieder sagen, daß die Wehrerziehungsvorlag.e verfehlt ist, weil sie den Tatsachen nicht mit klaren Augen ins Gesicht schaut, weil sie glaubt, irgendwie die nationale Kultur ersetzen zu können durch staatlichen Drill, weil sie glaubt, daß sie keine Mittler zwischen der breiten Masse von jungen Leuten, die aus 31/2 Millionen Menschen eben alljährlich herauswachsen, und dem Staat benötigt, und weil sie der Meinung Ausdruck gibt, daß sie sozusagen abseits der nationalen Kultur des Sudetendeutschtums eine Erziehung durchführen kann, die vollkommen der nationalen Kultur entbehrt.

Meine Herren, wir haben nicht nur in dieser Legislaturperiode, sondern seitdem Deutsche in dieses Parlament eingezogen sind, immer davor gewarnt, in der èechoslovakischen Politik die Psychologie sozusagen auszuschalten. Wir haben bei unendlich vielen Anlässen immer darauf hingewiesen, daß die Tatsache, daß nur etwas über zwei Drittel der Bevölkerung sich zur èechoslovakischen Nationalität bekennen, notwendig macht, eine ganz eigene Art staatlichen Zus ammenlebens zu finden. Wir haben stets von Ihnen verlangt, einzusehen, daß man zwar eine Zeit lang die Wahrheit über die Entwicklung beschönigen kann, daß man dies oder jenes tun kann, was nach außen schön aussieht, das aber nach innen nichts bedeutet. Auch bei dieser Vorlage warnen wir vergebens, indem wir feststellen, daß gerade dieses Gesetz wiederum der Ausgangspunkt für eine Fülle nationalpolitischer Beschwerden unsererseits wird, denn ein Gesetz, das 31 Regierungsverordnungen ankündigt, ist geradezu dazu geschaffen, die Unklarheit und den Wirrwarr in der staatspolitischen Entwicklung zu erhöhen. Dafür machen wir uns nicht mitverantwortlich, indem wir dieser Vorlage zustimmen.

Ich möchte aus parlamentarischer Akkuratesse feststellen, daß vor allem die Verhandlungen im Wehrausschuß auf der Basis einer guten Kollegialität geführt wurden. Ich will auch feststellen, daß der Herr Referent des Wehrausschusses manches in seinem Ausschußbericht aufgeklärt hat, was uns beunruhigt hat und worauf wir hingewiesen haben. Aber wir können - verzeihen Sie diese Selbstverständlichkeiten nicht quittieren, indem wir nun glauben, daß alles geschehen sei, und der Vorlage zustimmen. Ich will die Frage, wie dieses Gesetz zu bewerten ist, abschließen und vom Standpunkte der Erziehung sagen: Sehen Sie doch nach 18 oder bald 19 Jahren ein, daß das Experiment der Assimilation auf kaltem Wege mißlungen ist, ein Experiment, von dem sehr namhafte Denker auf èechischer Seite die Überzeugung haben, daß es unrichtig ist. Ein verfehltes Experiment setzt man aber nicht fort.

Ich möchte hier aus dem schönen Traktat von Komenský "Unum necessarium" nur einen Satz herausgreifen: "Zu einer vollkommenen Einheit ist notwendig eine würdige Gleichheit oder eine würdige Regierung, so würdig wie der Gehorsam oder die allgemeine Freiheit, die die Führerin und das Licht freier Taten ist." Sie werden mir sagen, das seien die Richtlinien Ihrer Politik seit jeher! Ich sage Ihnen aber: Sie irren, Sie sind im absoluten Widerspruch zu Ihren Denkern, zu Ihrer Tradition, zu Ihren großen Menschen. Die Praxis der Staatsführung und der Verwaltung entspricht nicht den Traditionen und Auffassungen, die Sie oft sehr emphatisch sich selbst und der Welt vorreden. (Potlesk.)

Ein zweites Gebiet, das ich hier behandeln möchte, bezieht sich auf das Gesetz selbst. Ich habe schon im Wehrausschuß darauf hingewiesen, daß der Motivenbericht so tut, als ob erst die Wehrerziehung kommen mußte, damit eine moralische Erziehung unserer Bevölkerung beginnt. Viele Stellen des Motivenberichtes zeigen, daß die Wehrerziehung sehr stark in die allgemeine Schul- und Bildungserziehung hineinwachsen soll, was ich vielleicht als alter Schulmann - nicht für richtig halte. Es scheint mir ein gewisses Mißtrauen gegen unsere Pädagogik zu bestehen, wenn der Motivenbericht zum Wehrerziehungsgesetz dazu anfeuert, daß die öffentliche Moral gehoben werde. Ich zweifle gar nicht, daß das auch eine Aufgabe der Wehrerziehung ist, glaube aber, daß es in erster Linie eine Aufgabe der allgemeinen Bildungs- und Schulerziehung ist und daß der Pädagogik in dem Motivenbericht in großem Maße Unrecht getan wird. Man sieht daraus zweierlei:

Erstens: Die Militärverwaltung tritt im gewissen Sinne als Korrektor der bürgerlichen Erziehung auf. Da stehe ich auf dem durchaus sachlichen Standpunkt, daß das unrichtig und unpraktisch ist, abgesehen davon, daß ich glaube, daß es auch gar nicht verfassungsmäßig ist. Ich bin der Anschauung, daß eine sehr genaue Trennung zwischen Gesetzgebung und Verwaltung und innerhalb der Verwaltung zwischen den einzelnen Verwaltungszweigen bestehen muß. Wir haben darauf Acht zu haben, daß der Soldat die bürgerliche und politische Entwicklung mit anderen Augen ansieht und in gewissem Sinne auch mit anderen Augen ansehen muß, und deshalb glaube ich, daß der ungeheuer starke Einfluß des Militärs auf diese Vorlage unrichtig ist. Wir haben gerade, weil die Durchführung dieser Vorlage so plötzlich erfolgen soll, nämlich bis zum 1. September d. J., und alle die Verordnungen und Weisungen im Einvernehmen mit der Militärverwaltung erfolgen sollen, die sehr bedenkliche Tatsache festzuhalten, daß sehr rasch und noch dazu während der Ferien - die sind bekanntlich bei uns immer ausgiebig! - alles gemacht werden muß, und daß bei dieser Raschheit infolge der Terminierung des Beginns des Gesetzes alles von den Soldaten gemacht wird, ohne entsprechende Rücksichtnahme auf die schulerzieherischen und sonstigen Fragen, die dabei in Betracht kommen.

Als Zweites möchte ich hervorheben: Wir haben doch hierzulande an Psychose schon genug. Wir wissen gar nicht mehr, wo reale Tatsachen und wo die Psychose entscheidet. Die Skrupellosigkeit der Prager èechischen Presse und die allgemeine Meinung, wie sie auch in Wehrfragen vorherrscht, tragen eigentlich jeden Tag dazu bei, daß die Psychose stärker wird als der klare nüchterne Verstand. Das gilt nicht nur an den Stammtischen oder in der Bevölkerung, sondern ich glaube, daß diese Psychose auch sehr stark bei den Entscheidungen der Regierung mitwirkt.


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