Úterý 22. června 1937
Hohes Haus! Als Vorsitzender des parlamentarischen Klubs der SdP
habe ich vor dem Hause für den Klub folgende Erklärung
abzugeben:
"Der parlamentarische Klub der Abgeordneten und Senatoren
der Sudetendeutschenund Karpathendeutschenpartei - Vorsitzender
Konrad Henlein - erhebt hiemit schärfsten Protest gegen die
Praxis der čechoslovakischen Pressezensur, die in einem
konkreten Falle der letzten Tage selbst davor nicht zurückschreckte,
den Abdruck des Telegrammes eines Mitgliedes des čechoslovakischen
Abgeordnetenhauses an den Herrn Ministerpräsidenten zu verbieten
und sogar eine kurze Pressenotiz darüber zu beschlagnahmen.
Unser Klubmitglied Abg. Frank hat am 18. Juni 1937 an den
Herrn Ministerpräsidenten folgendes Telegramm gerichtet:
ť"Am Vortage der Enthüllung des Denkmals des ungarischen
Dichters Jókai durch Sie stehen Sie im Begriffe, nach der
Geste des 18. Feber eine weitere Geste gegenüber den ungarischen
Minderheitsangehörigen zu tun. Ich darf Ihnen, Herr Ministerpräsident,
mitteilen, daß im Untersuchungsgefängnisse Prag-Pankrác
der Landwirt Anton Staubner aus Phillipsberg nach 14monatiger
Untersuchungshaft Selbstmord verübt hat. Das ist ein weiterer
Fall unter mehreren binnen kürzester Zeit. Bei allem Verständnis
für Ihre persönlichen guten Absichten und die Schwere
Ihrer Aufgabe scheint mir gerade heute die Feststellung notwendig,
daß nicht mehr Gesten, sondern nur noch die grundsätzliche
Systemänderung dem Staate die notwendige Befriedung bringen
kann. Angesichts der von uns seit Monaten [ ] gegen Polizeiverwaltung
und Justiz erlaube ich mir Ihnen die Einsetzung eines parlamentarischen
Untersuchungsausschusses unter Beiziehung der Opposition vorzuschlagen."Ť
Selbst wegen der bloßen Mitteilung der Tatsache - und nicht
des Textes - eines solchen Telegrammes wurde die "Zeit"
vom 20. Juni 1937, Folge 144, beschlagnahmt. Demgegenüber
wurde eine amtliche Verlautbarung der Presse übergeben, die
den im Telegramme behandelten Fall Stauber in einem Sinne erscheinen
läßt, dessen Richtigkeit zu bezweifeln wir allen Grund
haben.
Damit hat die Behinderung der persönlichen Ausübung
des Mandates im Sinne des § 22 der Verfassungsurkunde der
parlamentarischen Faktoren und die dadurch bedingte systematische
Unterbindung der Bildung der öffentlichen Meinung einen Grad
erreicht, der unerträglich ist.
Wir sind daher genötigt, von der parlamentarischen Tribüne
aus auf diesen Fall und diese Methoden aufmerksam zu machen. Gleichzeitig
fordern wir die Regierung auf, Abhilfe zu schaffen und die Aufrechterhaltung
der gewährleisteten verfassungsmäßigen Rechte
zu sichern.
In Wiederholung des bereits durch Abgeordneten Frank an
den Herrn Ministerpräsidenten gerichteten Vorschlages auf
parlamentarische Untersuchung der gegen die Justiz, gegen die
Polizei- und Sicherheitsorgane erhobenen Vorwürfe haben wir
heute dem Hause selbst einen diesbezüglichen Antrag nach
§ 22 der Geschäftsordnung unterbreitet.
Der parlamentarische Klub der Abgeordneten und Senatoren der Sudetendeutschen
und Karpathendeutschen Partei, Vorsitzender Konrad Henlein, sieht
sich zu diesem Antrage auch deswegen genötigt, weil alle
seit mehr als einem Jahre von uns zunächst bei den zuständigen
höchsten Stellen des Staates so wie schließlich durch
Stellungnahme in diesem Hause gemachten Bemühungen auf wirksame
Abstellung gewisser nun in öffentliche Diskussion gezogener
Methoden von Justiz-, Polizei- und Sicherheitsorganen erfolglos
blieben.
Daher sehen wir uns genötigt, im Interesse der Bevölkerung,
sowie auch im Interesse der Wahrung des Staatsprestiges das Eingreifen
des Parlaments als höchste verfassungsrechtliche Entscheidungsinstanz
in Form eines Untersuchungsausschusses zu verlangen.
In der Überzeugung, daß sich das Abgeordnetenhaus seiner
Verantwortung und Verpflichtung bewußt ist, erwarten wir
die rascheste Verhandlung und Durchführung dieses unseres
Antrages.

