Wir haben aber schwerwiegende Bedenken, daß der Erlös dieser Anleihe durchaus nicht vielleicht dazu verwendet wird, um die inneren krisenhaften Verhältnisse zu bessern, irgendetwas zu machen, um das allgemeine Elend milder zu gestalten, sondern wenn wir uns so die gesanten Dinge und Verhältnisse vor Augen führen, wie sie hier in diesem Staate und rund herum bestehen, drängt sich uns die Vermutung auf, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 22. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 50 této tìsnopisecké zprávy.] daß aus dem Erlös dieser Anleihe vielleicht auch der Herr Landesverteidigungsminister einen schönen Brocken bekommen wird, um rüsten zu können, da doch die Abrüstungskonferenz zerschlagen worden ist, Herr Außenminister Dr. Beneš an diesem großartigen Effekt selbst lebhaft beteiligt war und da die ganzen äußeren Verhältnisse so sind, daß man sagen kann, der Friede Europas steht wieder einmal auf des Messers Schneide. Es ist ganz klar: Frankreich kann von Deutschland keine Bezahlung der Reparationsansprüche erhalten und erhoffen, weil Deutschland nichts mehr hat. Die Erklärung des reichsdeutschen Außenministers war lediglich eine deklarative, keine konstitutive. Er hat das ausgesprochen, was seit langem, vielleicht seit Wochen und Monaten schon jeder Mensch gewußt hat. Es ist klar, daß es einen Wirbel verursacht, wenn ein Staatsmann etwas derartiges öffentlich feststellt. Unter anderen Umständen, zu anderen Zeiten hätte man auch da vielleicht eine friedliche und richtige Lösung all dieser Fragen erwarten können. In der heutigen Zeit, wo doch so viel Haß und Mißgunst aufgehäuft ist, gerade in dieser Zeit kann man diese Hoffnung nicht hegen. Wir sind überzeugt, daß Frankreich alles versuchen wird, um Deutschland, trotzdem es am Boden liegt und nicht bezahlen kann, irgendwie zur Zahlung zu pressen und zu zwingen und daß Frankreich auch vor Sanktionen im Sinne des Friedensvertrages nicht zurückschrecken wird. Frankreich wird - und das glauben wir mit Recht und befürchten - ein guter Helfer am hiesigen Staate, an der Èechoslovakei, erstehen. Aber eine derartige Hilfe kostet Geld, man muß vorsichtig sein, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 22. ledna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] (Posl. dr Hanreich: Das wird eine Operette werden!) Das wird eine Operette werden, aber sie kostet Geld, und wenn derartige Entwürfe vorgelegt werden, eine derartige Anleihe von uns gefordert wird, ohne daß ihr Zweck feststeht, ohne daß irgendein Organ geschaffen wird, das unabhängig von der Staatsverwaltung die Einhaltung der im Gesetz festgelegten Zwecke kontrollieren kann, darf man es uns nicht übel nehmen, wenn man zu derartigen Gedanken kommt, die, wie ich schon gesagt habe, mit Rücksicht auf die allgemeine Lage der Außenpolitik durchaus in den Bereich der Möglichkeit gerückt sind.
Es wäre auch etwas über die èechoslovakische Währung zu sagen. Gewiß, bis jetzt ist die Krone fest, aber man lese doch nur die Ausweise der Nationalbank, und man wird mit Schrecken feststellen können, daß der Devisenvorrat der Bank von Monat zu Monat um einige 20 bis 30 Millionen zurückgeht. Es ist richtig, daß der Goldvorrat etwas steigt, aber unwillkürlich kommt die Meinung auf, daß diese Herausgabe von Devisen nichts anderes ist als ein krampfhafter Versuch, die èechoslovakische Währung zu halten und wenn man den Devisenvorrat, den wir haben, mit 30 multipliziert, so kommt man unwillkürlich auf einen Zeitraum von 6 Monaten, innerhalb dessen, wenn die Verhältnisse sich nicht anders gestalten, die Nationalbank mit ihrem Devisenvorrat, der zur Deckung der Währung da ist, einfach fertiggeworden ist. Infolgedessen muß ich sagen, daß die Befürchtungen der Bevölkerung draußen bezüglich der Festigkeit unserer Krone nicht von der Hand zu weisen sind, und daß doch gesagt werden müßte, ob nicht auch dafür ein Teil der Anleihe verwendet werden soll. (Posl. Geyer: Dieser Passus wird wieder gestrichen werden!) Es ist schließlich gleich, ob hier die Reden der Parlamentarier zensuriert werden, das macht ja nichts, weil die Bevölkerung es in den Fingerspitzen fühlt, was vorgeht; und wenn man näher zusieht, sieht man auch die Konsequenzen. Man muß sich heute auch nicht mehr auf das Gold als Währungsdeckungsmittel verlassen. Frankreich wird vielleicht einmal sehr schwere Erfahrungen machen, in dem Augenblick, wo die übrige Welt vom Gold abrücken wird. Dann kann Frankreich mit seinem Golde das tun, was heute Brasilien mit seinem Kaffee tut, das ihn ins Meer schmeißt, um den Wert in die Höhe zu treiben.
Meine Herren, wir wissen ja, daß nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch hier im Innern alles durcheinander geht und die Ausführungen meines geehrten Herrn Vorredners waren hiefür der beste Beweis, wie die Verhältnisse in diesem Staate liegen. Wir wissen genau, daß der Kampf in den koalierten Parteien von Tag zu Tag schärfer wird und daß die Koalition sich sozusagen nur von Tag zu Tag frettet. Wir wissen, daß die Tage des Ministeriums Udržal gezählt sind und daß irgendjemand nach ihm kommt. Der Geist Švehlas schwebt ja schon über den Gewässern. Wir wissen aber auch, daß auch diese Umbildung schließlich nichts nützen wird, denn jemand muß ja zum Schluß da sein, um das zu vollbringen, wozu heute nicht einmal die Koalition sich als geeignet erweist, nämlich weitere Kürzung der Beamtengehälter, weitere Senkung der Löhne, Zwangsmaßnahmen gegenüber Privatwirtschaft, um das verkrachte Schiff der Finanzverwaltung flott zu machen, vorausgesetzt, daß nicht große Ereignisse auch über diesem Staate zusammenschlagen. Und diese Aufgabe wird dann die künftige Beamtenregierung haben. Es wird dann vielleicht zur Auflösung des Parlaments kommen und diejenigen, die heute in der Regierung sitzen, werden dann den Wählern sagen: "Sehet, all das hat die Beamtenregierung gemacht, wir waschen unsere Hände in Unschuld, wir haben daran keinen Teil! Das sind die bösen Buben, wir nicht!"
Ich erkläre heute schon, daß diese Verantwortung die Koalitionsparteien nicht von sich abwälzen können, daß sie verantwortlich sind für das, was bisher geschehen ist, aber auch für das, was geschehen wird, auch wenn keine parlamentarische Regierung, sondern eine Beamtenregierung die Dinge machen wird. Zweifellos reifen die Dinge der Erfüllung entgegen. Wir haben sozusagen den ersten Schritt mit dieser Anleihe gemacht. Ich bin überzeugt, sie ist nicht die letzte.
Meine Herren, wir leben in einer
Zeit, die wahrscheinlich große Opfer fordern wird, auch für uns
Deutsche in diesem Staate. Und Sie können versichert sein, daß
wir Deutschnationale diese Zeit verstehen werden, daß der Ernst
der Zeit uns auf unserem Posten finden wird und daß wir bereit
sind zum Schwersten und zum Höchsten. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage Nr. 1574 kommt, wenn sie ihrer Bestimmung gerecht werden soll, viel zu spät und sie kommt mit überraschender Eile, wenn sie anderen Zwecken dienen soll, als im Motivenbericht angegeben ist. Und es drängt sich ein Vergleich auf: Am 21. Mai vorigen Jahres hat das Haus die Konversionsanleihe verabschiedet, zu einem Zeitpunkt, wo ganz Europa über das Thema der Zollunion sich unterhielt und Frankreich bemüht war, in die Front DeutschlandÖsterreich und dem nahen Osten, der sich mit diesem Problem sehr befreundet hatte, einen Keil zu treiben, respektive sie auseinanderzusprengen. Ich habe damals in meiner Rede darauf hingewiesen, daß die damalige Konversionsanleihe von 1688 Millionen Kè die goldene Fessel war, die auch die Herren an der Moldau vor den Thespiskarren Frankreich weiter spannen ließ. Wir haben heute wieder einen solchen geschichtlichen Augenblick, wo ein solches Problem spruchreif ist, wo Deutschland erklärt, daß es die Schulden nicht zahlen kann, und wo in der kommenden Woche im großen Rat darüber beraten werden soll. Und da ist es, wie Philipp von Mazedonien seinerzeit mit Gold die Mauern überstieg, nunmehr Frankreich, das schon Wochen vorher im ganzen Osten einschließlich Rumäniens eifrig bemüht ist, die Trabanten wieder an sich zu fesseln. Die Wirtschaftsnot wird nun dazu benützt, den Ausweg für die heutigen Koalitionsparteien zu bilden und damit das Rezept nicht verdorben wird. Damit die Öfentlichkeit nichts darüber erfährt, breitet man von allerhöchster Stelle, auch seitens der Koalition die Toga des Schweigens über alle Vorgänge. Man konfisziert die Ausschußberichte, man weist die Staatswanwälte an, jedes Wort über diese Dinge zu streichen, ja man versteigt sich zu der bisher noch nie dagewesenen Devise: "Auch die Koalitionsparteien haben im Hause zu schweigen." Damit haben wir einen Zustand des Unverantwortlichkeitsgefühls und des duldenden Schweigens erreicht, wie er in keinem Parlament der Welt bisher noch aufgezeigt werden konnte. Bestimmt werden die heutigen Koalitionsparteien nicht stolz auf diesen Zustand sein, wir wissen, der Staatsanwalt hat ja momentan nicht nur die Macht über die Opposition, sondern es wird ihm jetzt auch über die treue Koalition die Macht eingeräumt und damit ist vom Parlamentarismus der letzte spärliche und schäbige Rest verschwunden.
Ich habe gesagt, die Vorlage sei ziemlich eilig und eine Überraschung. Eigentlich stimmt das nicht ganz. Denn schon während der Budgetberatung, als eine Pause eintrat und zwischen den Kapiteln 9 und 10 immer wieder geschoben werden mußte, war es schon offensichtlich, daß der Versuch der Budgeteinrenkung an Bedingungen geknüpft sei, die nicht innerhalb des Staates sondern außerhalb desselben gelegen waren. Schon damals hat man gerüchtweise davon gesprochen, daß auf dieses Budget für 1932 eine auswärtige Macht einen großen Einfluß ausüben werde und daß es diese Macht sei, die dafür in Form einer größeren Geldzuwendung seine gut verzinsliche, also teuer bezahlte Hilfe in die Bresche schlagen wird.
Die Überraschung ließ auch nicht lange auf sich warten, als der Preis dieser Einrenkung genannt wurde: Die Gehaltskürzungen im Dezember und die neuen Zuschläge auf die Einkommensteuer und Erhöhung der Zündholzsteuer, als Abschlagszahlungen für Frankreichs Anleihe, die ja bereits durchgeführt sind. Der Motivenbericht führt dann weiter an, daß weitere solche Abschlagszahlungen auf Kosten der Steuerträger noch nötig sein werden, um diese Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland einzuhalten. Wir erfahren darüber nichts, wie ja der ganze Bericht und das ganze Gesetz äußerst dürftig sind. Es besteht genau wie im Vorjahr bei der 1688 Millionen-Konversionsanleihe aus 18 Zeilen, die eine Ermächtigung enthalten und wenn man ganz gerecht sein will, so enthält der Bericht auch noch einen Satz, daß die Regierung am Ende des Jahres über die Art der Verwendung dieser einer Milliarde Kè einen Bericht geben wird. (Posl. dr Hassold: Das wird kein Mensch erleben!) Ob das ein Mensch erleben wird, wie hier gesagt wurde, sei dahin gestellt und selbst wenn es der Fall sein sollte, bleibt es doch weiter dahin gestellt, ob die Anleihe und der Verwendungszweck tatsächlich übereinstimmen, ob es auch da wieder zu den berühmten Virements und Irrtümern kommen kann oder gekommen ist. Ich war heute im Landesamt, eine Gemeinde hatte um Zustimmung zu einem Darlehen von 30.000 Kronen ersucht. Anderthalb Jahre muß diese Gemeinde auf die Erledigung warten. Nach anderthalb Jahren kommt der Referent darauf, er kann die Anleihe nicht bewilligen, solange das Geldinstitut nicht genannt ist, trotzdem der Zinsfuß und alle möglichen Bedingungen klar sind. Das Gesuch muß zur Gemeindevertretung zurück, sie kann dann in einem eigenen Beschluß den Namen des Instituts nennen. Die Nennung durch den Gemeinderat gilt nicht, es muß die Nennung durch die Gemeindevertretung erfolgen. Hier aber im Parlament genügt es, zu wenigen Minuten zusammenzutreten und einfach dem Minister eine Ermächtigung über Milliarden zu geben. Da haben Sie auch wieder einen Tiefstand des Verantwortungsgefühls, der nicht mehr zu überbieten ist. Es fehlt jede Spur einer Angabe, wie hoch die Verzinsung ist, man weiß nicht, ob die Verzinsung durch einen niedrigen Übernahmskurs verschleiert und entstellt wird. Wohl aber steht drin, daß die Zeichner der Anleihe ein Sondergeschenk in der Form der Befreiung von allen Steuern und Abgaben und künftigen Zuschlägen bereits heute sicher in der Tasche haben. Das alles steht im Widerspruch zur kaufmännischen Gebarung und auch zur Rechnungslegung, die mit einem Antrag im Parlament verbunden sein soll. Wir sehen da wieder ein Stück der Krise des Parlamentarismus vor uns. Ich habe dieses Zusammentreffen der eigenartigen Umstände der Konversionsanleihe, aus der angeblich nichts geworden ist, und der heutigen sog. Überwindungsanleihe zur Ankurbelung der Wirtschaft besprochen und muß jetzt noch ausdrücklich auf einen Widerspruch in der bisherigen Finanzpolitik des èechoslovakischen Staates verweisen. Solange der frühere Finanzminister Dr. Engliš im Amte war, wurde ängstlich jede Auslandsanleihe als Gefährdung der künftigen Unabhängigkeit nicht nur der Währung, sondern auch der politischen Beziehungen vermieden. Der Widerstand gegen Auslandsanleihen war einer der Gründe, die neben dem Zusammenbruch seiner Steuerreform, den Finanzminister zum Verlassen seines Postens veranlaßt haben oder durch die man ihn dazu gezwungen hat. Es geht aber auch aus dem Text nicht klar hervor, wer der Geldgeber ist. Es ist aber vorhin ausgesprochen worden, was das Haus nicht wissen darf, das erfährt man durch die Zeitungen, daß dahinter Frankreich steht. Bezüglich der Sicherstellung der Anleihe wird darauf verwiesen, daß der Finanzminister zu neuen Abgaben, Steuern u. s. w. ermächtigt wurde. Bei den Gemeinden verlangt das Gesetz, daß neben dem Antrag auf eine Anleihe gleich auch der Bedeckungsplan dabei liegt. Wir müssen das auch hier vermissen und es hat infolgedessen weder der Innenminister noch der Finanzminister ein moralisches Recht auf andere Gesetze hinzuweisen, wenn sie gegenüber den Gemeinden und Bezirken als die Staatsautorität auftreten wollen. Dieser Widerspruch in der Behandlung des einen Haushalts gegenüber dem andern Haushalt bleibt bestehen und kann das Vertrauen zur staatlichen Führung nicht festigen. Diese Anleihe wird mit den ungeheueren Abgängen begründet, die sich im Staatshaushalt im Vorjahre gezeigt haben. Es sind bis November - laut Zeitungsberichten - nicht weniger als 570 Millionen, dazu 606 Millionen, die aus laufenden Kassabeständen gedeckt wurden und dazu kommt noch der altbekannte Ausweg, sich durch vorübergehende Wechsél und Kassenscheine Geld zu beschaffen. All diese Löcher sollen gestopft werden und der Rest wird vielleicht verfügbar sein, um für die Milderung der Krise verschiedene Maßnahmen zu treffen und hunderte von Anträgen, die bereits gestellt wurden, langsam in die Tat umzusetzen. Wir müssen uns hier aber mit allem Nachdruck gegen alle Maßnahmen wenden, wie sie auch im Motivenbericht angeführt werden, die scheinbare Ersparungen mit sich bringen und innerpolitisch dieselbe Denkmünze zeigen wie außenpolitisch die Goldfreundschaft mit Frankreich. Wie ich bereits im Budgetausschuß nachgewiesen habe, wurden seit September die erneuten Sprachprüfungen bei deutschen Angestellten durchgeführt und zeigen eine unglaubliche Verwirrung des Rechtsgefühls und können nur mit dem Chauvinismus bis in die höchsten Stellen begründet werden. Man hat in den letzten Tagen in verschiedenen Direktionsbezirken deutsche Eisenbahner, die vor 5 bis 6 Jahre nicht nur die Prüfung aus der Staatssprache, die überdies die Verkehrsprüfung in der Staatssprache abgelegt haben und seither anstandslos Dienst tun, die gut und sogar sehr gut qualifiziert sind, die vorgerückt sind und definitiv wurden, jetzt neuerlich zur Prüfung vorgeladen. Aber während früher ein Prüfungssenat bestanden hat, geht man jetzt zu der Praxis über, daß man einen jungen Doktor oder Eisenbahningenieur hinausschickt, der prüft unter 4 Augen den Mann und die einzigen Fragen sind die schwierigsten Abwandlungsformen der Grammatik, bei denen die meisten Gymnasialmaturanten an èechischen Gymnasien selbst stolpern. Das ist die neue Praxis, die Fortsetzung des Švehla kurses, die Fortsetzung der Hegemonie, wahrscheinlich zur Überbrückung der Gegensätze, die jetzt unter der neuen Koalition zu derartig skandalösen Entrechtungen führen. Die weitere Folge dieser Sprachprüfungen sind Entlassungen von Deutschen, die bereits definitiv sind und wenigstens über die 10 Anwärterjahre hinaus sind und provisorisch angestellt waren. Im Postdienst macht man es zum Teil anders. Leute mit 55, 57 oder 58 Jahren werden einfach zur Marodenvisit vorgeladen, ärztlich untersucht und als dienstuntauglich befunden. Mit diesem Befunde gehen sie nachhause und warten; sie tun vielleicht noch ein paar Tage Di nst, dann kriegt der eine oder andere den blauen Bogen. Auf diese Weise will man für èechische Stellenlose einige Plätze freimachen und verfällt von neuem in den Fehler, daß man definitive deutsche Kräfte, die letzten Reste, nun pensionieren muß und zu keiner Entlastung des Budgets, sondern zu einer neuerlichen Belastung kommt. Wir müssen gegen diese Praktiken entschieden protestieren. Es ist bereits vom Vorredner auf andere Sparmaßnahmen verwiesen worden, auf Militär, Minderheitsschulen u. s. w., ich will sie nicht wiederholen. In der letzten Zeit herrscht bei den politischen Behörden der unteren Instanzen eine direkt fieberhafte Tätigkeit. In jede Vereinsversammlung, in jede Ausschußsitzung, in jede kleine private Zusammenkunft werden Regierungsvertreter entsendet. Ich habe in einem kleinen Dorf eine Versammlung mit ca 30 Personen gehabt; dazu erschien ein Regierungsvertreter aus Podersam und 8 Mann Gendarmerie. (Posl. Kasper: Hunderte von Strafmandaten werden verhängt!) Ja, hunderte von Strafmandaten werden verhängt. Wo sich irgendwo eine Gruppe einer politischen Oppositionspartei bildet, da erscheint nicht nur der Regierungsvertreter, sondern in seiner Vertretung der betreffende Postenkommandant und hält Hausvisitationen ab. Wird aber in der Gemeinde etwas gestohlen, oder brennt es in der Gemeinde, da läuft kein Gendarm herum, da läßt man es brennen und die Diebe davon laufen. So schaut die Wahrung des Eigentums und des Besitzes aus. Man hat weit er nichts als politische Schnüffelei im Sinn, da muß man die Posten verstärken, Überstunden zahlen, und das Budget für die Gendarmerie und die Staatspolizei wächst immer mehr und mehr aber auch die Unsicherheit und Unzufriedenheit der Bevölkerung. Es gehen zwei junge Leute auf der Straße, auf der Reichsstraße ganz allein. Es ereignete sich der Fall, wie aus einigen Interpellationen hervorgeht, daß der Postenkommandant in Zivil auf die Leute zugeht und den einen jungen Mann fragt, was er am Rock habe. "Das ist ein Abzeichen," sagt er. "Das muß herunter, Sie müssen mit." Der junge Mann fragt: "Wer sind Sie," und er antwortet: "Ich bin ein Gendarm." Der andere sagt ganz logisch: "Das kann jeder sagen." Jetzt wird er arretiert, auf den Posten gebracht, dort zieht der Gendarm, den Staatsrock an, legt den Überschwung um setzt den Helm auf, und es beginnt ein Protokoll. So werden Verbrechen konstruiert. (Výkøiky.) Da könnten Sie viel sparen, nicht nur an Geld, auch an etwas noch wertvollerem, daß nämlich die Bevölkerung den Glauben an Recht und Ordnung nicht verliert. Das ist in solchen Zeiten wie jetzt vielleicht ein Verlust, den Sie nicht wieder einholen können.
Noch eine Warnung, eine große Mahnung muß ich aussprechen, die ich schon so oft ausgesprochen habe. Diese Anleihe wird ihren Zweck nicht erfüllen, wenn sie die bisherige Wirtschafts- und Währungspolitik fortsetzen. Seit 1929 tun Sie das, was man in Amerika macht, nämlich Goldwertsteigerung, Deflationspolitik. Die Folge davon ist das Trümmer- und Leichenfeld der Wirtschaft. Diese Milliarde Kronen wird verpuffen, wenn sich der èechische Staat nicht endlich von der verkehrten Währungspolitik abwendet. Es wird hier immer von der stabilen Krone gesprochen. Ich habe bereits im Dezember darauf verwiesen, daß wir keine stabile Krone im Sinne eines gleichbleibenden Preisstandards haben, wir haben eine im Werte gesteigerte Krone. Man braucht infolgedessen nicht einen Kurssturz befürchten oder auf ihn warten, wenn die bisherigen Wirtschafts- und Währungsmaßnahmen fortgesetzt werden. Aber es ist sicher, es ist eins zu tausend zu wetten, daß bei Fortführung der Deflation alle noch so guten Maßnahmen der Regierung sich als verfehlt erweisen werden, daß sie das Fortschreiten der Wirtschaftskrise nicht aufhalten können. Denn nach dem dynamischen Hebelgesetz wirkt jede Deflation produktionshemmend und produktionshindernd. Die Fabriken bleiben stillestehen, die Arbeiter fliegen auf das Pflaster, die Beamten müssen entlassen werden. Ein Stück dieses Verfalles ist schon herum und nun sind auch die Staatskassen unter diesen Hebeldruck genommen.
Die Einnahmen gehen von Monat zu Monat zurück, jeder Monat steigert die Zahl der Konkurse und Ausgleiche. Mögen auch dabei schwindelhafte sein, aber der Großteil ist echt, wir dürfen uns darüber nicht hinwegtäuschen. Diese Milliarde wird wie ein Tropfen auf dem heißen Stein verpuffen, wenn Sie die Deflationspolitik fortsetzen, wie in der ganzen Welt, in Amerika, Deutschland, Frankreich und Österreich die Deflation die Hauptursache des wirtschaftlichen Niederbruches und Zusammenbruches ist.
Es ist heute bereits auf England verwiesen worden. Verfolgen Sie nur die Verhältnisse und ihre Entwicklung in England. England hat sich am 21. September von der Goldbindung freigemacht. Es hat in der Zwischenzeit seine Währung nicht nach irgendwelchen Goldpunkten, sondern nach dem Durchschnittspreis der englischen Wirtschaft gerichtet. Es ist zu einer Art Indexwährung übergegangen. Wenn sich auch dieser Zustand heute noch nicht vollständig auswirkt, ist der Segen, die Befruchtung auf das englische Wirtschaftsleben so augenscheinlich, daß man heute England eine "Insel" unter den europäischen und überseeischen Staaten nennen kann. Sie haben gestern und vorgestern in den Zeitungen Statistiken gelesen, wie die Arbeitslosigkeit in Europa, Amerika und Asien rapid gestiegen ist. Die einzige Ausnahme ist England, das, trotzdem überrall die Schwierigkeiten größer geworden sind, eine Abnahme von hunderttausend Arbeitslosen zu verzeichnen hat. Eine weitere Abnahme steht in Aussicht. Sie konnten gestern und auch heute lesen, daß ein Phänomen in England beobachtet wird, wo sich die Leute zu den Steuerschaltern drängen, um ihre Steuern loszuwerden. Bei uns kann man jetzt schon mit dem Militär ausrücken, weil die Exekutoren machtlos geworden sind, weil nichts mehr zu pfänden ist. Das Beispiel Englands müßte die verantwortungsvollen Staatsführer in der Èechoslovakei, nicht nur den Finanzminister, sondern auch die oberste Leitung der Nationalbank vor das große Problem stellen: Abkehr von der Deflation, vom Lohn- und Preisabbau. Denn diese erwürgt unsere Wirtschaft. Geschieht diese Abkehr, wird sich die Anleihe auf unser Wirtschaftsleben günstig auswirken. Dann wird sie die Kaufkraft entfesseln, die Nachfrage anregen und die Möglichkeit bieten, daß der unterbrochene Kreislauf der Wirtschaft, der Austausch der im überreichen Maße vorhandenen Güter - bei Überschuß und Hunger zugleich - wieder möglich wird und die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Geschieht das nicht, wird auch die Anleihe versagen.
Auf den letzten Einwand will ich hinweisen. England hat mit seinem Abrücken von der Goldwährung zugleich auch in den letzten Wochen trotz den wütendsten Angriffen von amerikanischer und französischer Seite die von mir schon oft aufgestellte Behauptung praktisch erwiesen, daß dauernd für die Zahlungsverhältnisse nicht der Goldpunkt, der obere und der untere, oder eine Goldquantität maßgebend sind, daß vielmehr für die Preisbildung zweier Währungen einzig und allein der Index der beiden in Betracht kommenden Länder für die Bildung des Wechselkurses ausschlaggebend ist. Das ist eine Lehre, die auch unsere Nationalbank beherzigen muß und auf die der Finanzminister als Verwahrer der Staatsgelder und der Staatswirtschaft hinweisen und sich dabei durchsetzen müßte. Abkehr von der irrsinnigen Politik der Aufrechterhaltung des Wechselkurses nach der Goldparität, dafür die Ersetzung durch den Inlandsindex, der unverändert zu bleiben hat.
Wir haben uns, mit der Vorlage
eingehend befaßt, wir haben das Für und Wieder erwogen. Trotz
all den großen Mängeln, die ich aufgezeigt habe, die uns veranlassen
müßten, die Vorlage abzulehnen, haben wir demgegenüber auch die
ungeheuere Not erwogen, die sich heute überall in steigendem Maße
breitmacht. Ich bin beauftragt heute neuerdings auf unseren 3-Milliarden-Antrag
zu verweisen. Wir warten vergeblich auf seine Verhandlung im Budgetausschusse
oder im sozialpolitischen Ausschusse oder sonst wo. Wir glauben
neuerdings einen Appell an Sie richten zu müssen hinsichtlich
der Beurteilung unseres Antrages, den ich anläßlich der Budgetdebatte
zur Währungsreform gestellt habe. Wir kommen immer tiefer ins
Elend und nur die Änderung aller Auffassungen über die Wechselbeziehung
und die Funktion des Geldes und dessen Behinderung der wirtschaftlichen
Entwicklung kann uns aus den heutigen unhaltbaren Verhältnissen
herausführen. Um aber wenigstens den guten Willen zu zeigen, sind
wir übereingekommen, trotz all diesen von uns aufgedeckten Mängeln
und Schwächen, trotz aller unparlamentarischer Erscheinungen,
die sich im Laufe der Behandlung dieses Antrages Nr. 1574 herausgestellt
haben, zuzustimmen, weil wir auch nach Außen hin den Beweis erbringen
wollen, daß wir bemüht sind, für jede mögliche Besserung, für
jeden kleinen Weg und für jede Hilfe, die wir der Arbeitslosigkeit
entgegenbringen können, einzutreten. Diese Gründe veranlassen
uns allein, trotz aller schwerwiegenden Bedenken für die Vorlage
zu stimmen. (Potlesk.)
Verehrte Versammlung! Ich habe gestern im Budgetausschuß gesagt, daß das Gesetz, das die Abgeordnetenkammer heute zu bewilligen hat, ein Appell an ein Vertrauensvotum der Versammlung ist und daß es sich hier um ein sehr weitgehendes Vertrauen handelt, weil nichts weniger als eine Biankovollmacht vom Parlament verlangt wird. Der Herr Berichterstatter hat mich beim Wort genommen und gemeint, es sei keine Biankovollmacht, denn der Betrag der Anleihe, deren Bewilligung angefordert wird, sei mit einer Milliarde genau beziffert. In dieser Beziehung hat der Herr Referent gewiß recht gehabt; nichtsdestoweniger bleibe ich bei meiner Behauptung deshalb, weil wir in dieser Gesetzesvorlage eigentlich sehr wenig erfahren, und ich hätte gehofft, daß wenn schon der Zweck dieser Anleihe in der Vorlage so wenig genau angegeben ist, wenn schon im Motivenbericht nicht einmal rahmenmäßig etwas von den Konditionen dieser Anleihe abgesteckt ist, wenigstens dieses hohe Haus, die Mehrheit dieses Hauses, so neugierig sein wird, bevor sie in die Verhandlung dieses Gesetzes eingeht, schon aus eigener Gewissenhaftigkeit vom Herrn Finanzminister zu verlangen, daß er unmittelbar nach dem Antrag des Herrn Budgetreferenten einige Aufklärungen über die Details dieser gewiß sehr wichtigen, aber auch sehr interessanten Anleihe gibt. Denn wir haben heute in den Zeitungen gelesen, daß die Anleihe bereits abgeschlossen ist und somit dürfte dem Finanzministerium heute schon wohl etwas darüber bekannt sein, wie groß die Verzinsung dieser Anleihe ist, in welcher Zeit sie zurückgezahlt werden wird, welche Unterlagen die Èechoslovakei als Sicherheit für die Anleihe zu geben hat, kurz alle diejenigen Umstände, welche zur Beurteilung der Tatsache maßgebend sind, wie weit eigentlich die Staatsbürger der Èechoslovakischen Republik durch diese Anleihe belastet werden. Ich bitte, wäre die Notwendigkeit dieser Anleihe über Nacht auf uns hereingestürmt und der Herr Finanzminister hätte erklärt: "Ich habe jetzt Gelegenheit, an dem einzigen Ort, wo heute eine Anleihe abzuschließen ist, in Paris, eine Anleihe zu machen, ich kann Ihnen darüber nichts Näheres sagen, geben Sie mir die Generalvollmacht bis zu einer Milliarde!" - man hätte vielleicht unter dem Eindruck der Krise nichts machen können als zuzustimmen. Aber was finden wir im Motivenbericht? Daß schon lange Zeit über diese Anleihe Verhandlungen gepflogen werden. Und was wird gemacht? Obzwar heute die Anleihe abgeschlossen wurde, wurde erst gestern der Antrag hier eingebracht, der Budgetausschuß am Abend einberufen und heute erfolgt prompt die Verhandlung im Plenum des Hauses.