Das halte ich nicht für richtig und ich halte es insbesondere nicht für rich tig, daß man unterlassen hat uns die Texte vom Haag über die Vereinbarungen mit Ungarn vorzulegen, wenn auch nicht zur Genehmigung, so doch zur Kenntnisnahme, da ja auf deren Basis die Akkorde in Paris getätigt worden sind. Denn eigentlich ist es so, daß nach dem Beschluß im Haag nur die definitive Regelung der Texte die Aufgabe des Pari ser Komitees war und daß die Grundlagen bereits im Haag gelegt worden sind. Wir haben aber nichts davon zur Kenntnis bekommen. Ich möchte daher an den Herrn Minister des Äußern die Bitte richten, daß in Hinkunft bei derartigen Vertragsverhandlungen von größerer Tragweite wir nicht nur dasjenige zur Kenntnisnahme bekommen, was unbedingt nach dem Wortlaute der Verfassung unserer Zustimmung unterliegt und was wir deshalb vorgelegt bekommen müssen, weil sonst eine gültige Ratifikation nicht erteilt werden kann, sondern daß wir alles Material in die Hand bekommen, das zum Verständnis der Texte notwendig ist, über die wir unser Urteil abzugeben haben. Es ist ja schließlich und endlich eines Abgeordneten doch nicht ganz würdig, daß er sich dieses Material, das zum Verständnis notwendig ist, entweder durch das besondere Entgegenkommen des Außenamtes verschaffen muß, das mir ohne weiters gewährt wurde, oder daß er eine französische Zeitschrift wie die "Europe Nouvelle" benützen muß, um sich diese Kenntnis zu verschaffen. In anderen Staaten ist in solchen Fällen ein anderer Modus üblich, in anderen Staaten kennt man die Institution der sog. Farbbücher. Ich will dem Herrn Minister nicht vorschlagen, welche Farbe er wählen soll, aber was die Institution der sogenannten Farbbücher anbelangt, würde ich doch wünschen, daß endlich einmal auch in der Èechoslovakischen Republik von dieser Institution mehr Gebrauch gemacht werde. In einem solchen Farbbuche wäre der gesamte Haager Text enthalten gewesen, die Zuschriften, welche Loucheur und unser Außenminister in Paris ausgetauscht haben, vielleicht auch andere diplomatische Korrespondenz und Aktenstücke, die uns das Verständnis erleichtert hätten, ein Verständnis, das vielleicht den Minister vor mancher unberechtigten Kritik geschützt hätte.
Ich gehe nun nach dieser, wenn Sie wollen, formellen Einleitung dazu über, den Gegenstand selbst zu behandeln und eine gewisse, wenn auch keineswegs ins einzelne gehende Prüfung der Texte vorzunehmen, die unserer Genehmigung unterliegen. Wir haben drei Etappen zu unterscheiden: die Etappe der Friedensverträge, auf deren Basis uns gewisse, ganz überdimensionale Lasten erwachsen sind; zweitens die Etappe vom Haag, drittens die Etappe der Verhandlungen des Pariser Komitees. Über die Friedensverträge ist nicht mehr viel zu sagen. Wir haben alles, was darüber zu sagen ist, von allen Seiten reichlich besprochen. Eigentlich gäbe es nun nicht zwei Etappen mehr nach den Friedensverträgen, sondern nur eine, denn eigentlich hätte Paris nichts anderes bedeuten sollen, als die definitive Textierung "sur ses bases", d. h. auf der Grundlage der Vereinbarungen, die im Haag getätigt und zur Ratifizierung reif erklärt worden sind. Aber Paris ist doch eine neue Phase geworden und ich muß neuerlich feststellen, warum Paris eine eigene Etappe geworden ist. Ich würdige vollkommen, was der Herr Minister des Äußeren im Budgetausschuß gesagt hat: "Die Arbeit der Haager Delegation war eine unerhört große, die Zusammenpressung der ganzen Arbeit über die Ostreparationen in drei Tage und drei Nächte war etwas, was an die Arbeitskraft, an die Fähigkeiten der Delegation die größten Anforderungen stellte." Und doch muß ich hervorheben, daß die Texte vom Haag eine juristische Lückenhaftigkeit und Fehlerhaftigkeit aufweisen, die hätte vermieden werden können, wenn diese Delegation angemessener juristisch adjustiert gewesen wäre.
Meine verehrten Damen und Herren, Sie werden annehmen, daß ich als Jurist gewissermaßen eine Überschätzung der Juristerei an den Tag lege. Nein, ich bin nur für eine gesunde Mittellinie. Ich weiß ganz genau, daß es viele Fälle gibt, in denen man mit dem gesunden Menschenverstand und mit der politischen Erfahrung ausgezeichnet auskommt, ohne irgend etwas zu wissen von juristischen Formulierungen und juristischen Methoden. Aber leider, bei Verträgen, sowohl zwischen Privaten als auch zwischen Staaten, kommt man manchmal nicht aus ohne die juristischen Methoden und die juristischen Erfahrungen. Ich lehne für mich den Vorwurf ab, daß ich die Juristerei überschätze. Ich kann aber leider das Ministerium des Äußern nicht ganz von dem Vorwurf freisprechen, daß es an einer Unterschätzung der juristischen Vorbereitungsnotwendigkeiten leidet. Das hat es bewiesen bei der Zusammenstellung der Delegation für den Haag, das hat es schon früher einmal bewiesen bei der Formulierung der unglückseligen Pechanote, zu der ich sagen will: Man kann ja eine internationale Note rein politisch gestalten, aber, wenn man sich einmal in einer Note in juristische Deklamationen einläßt, dann müssen diese Argumente Hand und Fuß haben und dürfen nicht mit Leichtigkeit schon von einem Hörer des dritten Jahrganges der Universität als unrichtig erkannt werden. Meine Damen und Herren, das Ministerium ist in der Lage über Juristen zu verfügen, das Ministerium hat durch die Zusammenstellung der Delegation für Paris bewiesen, daß es einen Kronjuristen von ausgezeichneten Qualitäten, auch was die Frage der Formulierung betrifft, hat. Ich sage das alles nicht, um Rekriminationen für die Vergangenheit zu erheben, sondern ich möchte den Herrn Minister des Äußern nur bitten, daß er sich nicht von der vielleicht nicht bei ihm, aber bei anderen Herren vorhandenen Unterschätzung der Jurisprudenz weiterhin leiten läßt, sondern ihr auch den Platz an der Sonne einräumt, der ihr gehört, nicht um der Juristerei willen, sondern um des Interesses des Werkes willen. (Posl. dr Hassold: Das Recht steht auf schwachen Beinen!) Nein, das nicht, das Recht steht nicht auf schwachen Beinen, manchmal sind nur die Beine und vielleicht nicht gerade die Beine, sondern andere Organe desjenigen schwach, der rechtliche Aufgaben zu leisten hat. (Veselost.)
Nun, meine Damen und Herren, ich muß feststellen - und das ist für die Wertung der Arbeit der Pariser Delegation von Wichtigkeit - daß die Pariser Delegation vor sehr unerfreulichen und schwierigen Aufgaben stand. Wenn von Ungarn behauptet wurde, daß eine Verpflichtung da war, 200.000 Morgen von der Enteignung auszulassen, so war das eine Behauptung, die ohne weiters hat zurückgewiesen werden können, denn sie hatte infolge des hypothetischen Charakters des Satzes im Haag, auf den sich Ungarn berief, absolut keine Grundlage. Dagegen war Ungarns Standpunkt in allen anderen Punkten vom Gesichtspunkte der Haager Texte aus nicht übermäßig leicht zu entkräften. Das gilt insbesondere für die Frage, ob sich die Vereinbarungen von Haag bezüglich des Fondes A nur auf schwebende Prozesse bezogen oder auch auf künftig anzustrengende Prozesse ungarischer Großgrundbesitzer in der Èechoslovakischen Republik.
Zweitens war im Haag eine Berührung der sehr wichtigen Frage der Stiftungen ausgelassen worden, es war mit keinem Wort in dem Haager Übereinkommen die Rede von der Stellungnahme zu den Urteilen der Schiedsgerichte, die gegen Ungarn zugunsten èechoslovakischer Staatsbürger erfolgt sind, beziehungsweise die auf Grund des Vertrages von Trianon noch erfolgen könnten. Allerdings geschah im Haag eine gewisse Reservation. Man hat sich vorbehalten, diese Frage später in Paris zu regeln, aber leider muß ich feststellen, daß diese Reservation im Haag in einem Zeitpunkte erfolgte, der nach den Grundlagen des internationalen Rechtes ein unrichtiger Zeitpunkt war und daher die Reservation bedeutungslos machte. (Ministr dr Beneš: Paøížských?) Nein, das ist alles bezüglich Haag. Im Haag ist eine Reservation bezüglich der Privatansprüche - und ich glaube, auch bezüglich der Stiftungen, das weiß ich nicht bestimmt - der èechoslovakischen Staatsangehörigen erfolgt. Aber die Reservation ist erfolgt vor der Signatur, man hat sie bestritten, und nachher hat man doch signiert. (Min. dr Beneš: Vùèi Maïarsku?) Gegen Ungarn. Sie ist gegenüber Deutschland auch erfolgt. (Ministr dr Beneš: Jen k informaci, pane kolego: Co se maïarské smlouvy týèe, tato reservace byla uèinìna a byla pøijata!) Von wem, das ist aus dem Texte nicht ersichtlich. Bitte schön, der beste Beweis, wie notwendig es wäre, uns in Form eines Farbbuches alles das vorzulegen, was sich ereignet hat ... (Min. dr Beneš: To nikde není v protokole ani v žádném papíru, to bylo uèinìno od pøedsedy a právì proto, že to bylo parafováno - že nebyla smlouva podepsána, nýbrž parafována - proto nebyla pøedložena také parlamentu!) Ich habe ausdrücklich gesagt, Herr Minister, daß ich nicht die Vorlage an das Parlament zur Genehmigung verlange, im Gegenteil, ich habe gesagt, es ist Aufgabe der Regierung, ebenso die Rechte des Parlamentes, wie die Prärogative des Präsidenten und den Bereich der Exekutive zu wahren; das ist für mich als Juristen selbstverständlich, aber ich bin der Ansicht, daß eine Informationsnotwendigkeit für das Parlament besteht und daß es wohl richtig wäre, neben den Verträgen, die man zur Genehmigung vorlegen muß, auch das gesamte Informationsmaterial dem Parlamente in irgendeiner Form, sei es in der Form eines Farbbuches, oder wie immer zur Kenntnis zu bringen. (Min. dr Beneš: Dovolíte pane kolego?) Bitte schön. (Min. dr Beneš: K tomu jsou po mém soudu výbory a tam je ministr s celým materiálem k disposici! To se rozumí samo sebou!) Ja, Herr Minister, ich habe auch lhre Ausführungen in den Ausschüssen dankbar anerkannt, habe dankbar anerkannt, daß Sie alle Fragen sehr offen beantwortet haben, aber es wäre doch wichtig gewesen für das Verständnis, die nötigen Texte selbst an die Hand zu geben. Das war auch im Ausschuß leider nicht der Fall. Wie gesagt, das alles geschieht nicht zum Zweck der Rekriminationen, sondern für die Zukunft. Ein Usus, der sich bereits in anderen Parlamenten mit Erfolg eingebürgert hat, kann auch bei uns verwertet werden.
Ich habe nicht die Absicht, in alle Einzelheiten der Verträge einzugehen, ich möchte nur aus dem Werk von Paris manches hervorheben und darunter auch manches, was zweifellos als Verbesserung der Situation angesehen werden kann. Es ist nunmehr völlige Klarheit geschaffen worden über die Institution, über die Aufgaben und über die Bedeutung des Fonds A. Nach dem Annex 2, Art. 6, des Haager Übereinkommens war es nicht ganz klar, ob nicht eventuell für die Hyperocha bei Nichtzureichen des Fonds A die Èechoslovakei noch hätte in Anspruch genommen werden können. Im Annex 2, Art. 6, heißt es: "... dans les limits des disponibilités du fonds". In diesen Grenzen schien es - der Text war wiederum nicht ganz klar - daß die Èechoslovakei, Rumänien und Jugoslavien ausgeschaltet waren von der materiellen Verantwortlichkeit. Aber heute ist ganz klar, daß unter keinem Titel, der in den Fond A hineingehört, gegen die Èechoslovakei ein Anspruch erhoben werden kann. Was den Fond B anlangt, so will ich nur darauf aufmerksam machen, ohne behaupten zu wollen, daß das eine besondere reale oder praktische Bedeutung besitzt, daß die Prozesse nach wie vor nicht gegen den Fond B geführt werden, sondern gegen die Staaten, der Fond B also keinen anderen Charakter hat - nicht den Charakter eines Passivsubjektes, wie ich das schon in meiner ersten Rede nach den Andeutungen des ersten Exposés des Herrn Ministers sagte - als den einer Befriedigungsmasse, daß aber bei Unzulänglichkeit der Befriedigungsmasse, d. h. wenn Ansprüche gegen uns zuerkannt werden, die nicht mit 33 1/3 Millionen Goldkronen befriedigt werden können, die Èechoslovakei eventuell zu Zahlungen verpflich tet wäre. Der Herr Minister ist nach seinen Berechnungen ebenso wie die Delegation der Ansicht, daß das praktisch bedeutungslos ist mit Rücksicht auf den Ausschluß der Kirch engüter, mit Rücksich auf seine Annahme, daß die Prozesse der Erzherzöge für uns günstig ausfallen müssen, und mit Rücksicht darauf, daß die anderen Summen, die da in Betracht kommen, die 33 1/2 Millionen Goldkronen nicht im entferntesten erreichen. Ich wage von diesen Ziffern nicht zu sprechen, ich kenne die einzelnen Beträge nicht, die in Betracht kommen, weiß auch nicht, ob es so ganz sicher ist, daß die Prozesse der Erzherzöge verloren sind, infolge der bekannten Disparität des französischen und des englischen Textes der Friedensverträge. Immerhin: es ist notwendig, auf diese Möglichkeiten aufmerksam zu machen.
Was die Stiftungen anlangt, muß ich zunächst einen kleinen Irrtum des Exposés korrigieren. Zur Frage der Stiftungen und Kollektivitäten hat der Herr Minlster des Äußeren gesagt, daß wir durch den Frieden von Trianon darauf verwiesen waren, alle diese Fragen durch besondere Übereinkünfte mit den Staaten, auch mit Ungarn, zu lösen. Das ist richtig nach Art. 256 des Vertrages von Trianon für die sogenannteni Kollektivitäten, ist aber nicht richtig für die Stiftungen, denn für die Stiftungen ist im Art. 249, Abs. 6 genau vorgesehen, daß alle Stiftungen auf ungarischem Boden, die für unsere Staatsangehörigen bestimmt sind, auch zu übergeben sind in Verwaltung und Eigentum des èechoslovakischen Staates. Die Delegation von Paris hat die Lösung der leidigen Stiftungsfrage nach dem Prinzip der Territorialität anerkannt. Ich weiß nicht, ob wir damit ein gutes Geschäft gemacht haben. Es erscheint mir auch im allgemeinen gleich gültig zu sein. Ich bin kein so begeisterter Verfechter der Friedensverträge und jedes Wortes, das darin steht, als daß ich mich darüber kränken würde, wenn man ein Recht aufgegeben hätte, das in den Friedensverträgen verankert ist. Aber ich muß bei dieser Gelegenheit aufmerks am machen, daß hier durch die Verhandlungen von Staat zu Staat Eingriffe in die Privatrechtssphäre geschehen sind und daß durch die Verhandlungen von Staat zu Staat wohlerworbene Rechte èechoslovakischer Staatsangehöriger verletzt wurden. Und zwar zunächst bezüglich der Stiftungen. Nach Art. 249, Abs. 7 des Vertragen von Trianon haben auch bei jenen Stiftungen, die in der Verwaltung des ungarischen Staates verbleiben, unsere Staatsangehörige das Recht, ihre Ansprüche auf die Stiftungen geltend zu machen, welches Recht ihnen vorbehalten wurde durch die ausdrückliche Bestimmung von Paris in der Einleitung zum Accord 3; aber dieser Anspruch ist ein Anspruch auf Stiftungsbezüge, die nicht valorisiert sind, während, wenn wir nach Art. 249, Abs. 6, die ganzen Stiftungen bekommen hätten, wir die Stiftungen hätten valorisiert bekommen müssen - nach dem Wortlaut des Vertrages "im Stande, den sie am 26. Juli 1914 hatten" und nach der Diktion der Friedensverträge "im Stande vom 26. Juli 1914" das heißt soviel, wie dem inneren Werte nach, den das Stiftungsvermögen am 26. Juli 1914 hatte diese Bezüge valorisiert wären. Und ein zweiter Verzicht auf jura quaesita, ein teilweiser, möglicher, eventueller Verzicht, ich will mich vorsichtig ausdrücken, liegt in der Bestimmung, die von den Schiedsgerichten handelt. Schiedsgerichte, die Urteile hinausgegeben haben oder hinausgeben werden zugunsten èechoslovakischer Staatsbürger gegenüber dem ungarischen Staate, haben diese Urteile - ich spreche von den vergangenen - hinausgegeben lautend auf einen sofort fälligen Betrag mit 6% Zinsen vom Klagstage angefangen. Nach dem Übereinkommen bekommen die Leute "le montant" mit 3% Zinsen ab 1933 verzinst, in Jahresraten, beginnend mit 1933 und endend mit 1944. Das ist gewiß eine Entwertung ihrer Ansprüche. Bei dieser Gelegenheit möchte ich den Herrn Minister auf einen Umstand aufmerksam machen, auf den ich ihn schon im Budgetauschuß aufmerksam machte; ich möchte nämlich den Herrn Minister bitten, festzustellen vonseiten unserer Regierung, daß unter dem sogenannten "Montant" nicht nur die Klagesumme zu verstehen ist, sondern diese zuzüglich der im Urteile zugesprochenen Zinsen. Das ist keineswegs eine Kleinigkeit. Da es sich hier um Millionenbeträge handelt, so wäre dieser Standpunkt rechtzeitig von uns klar zu beziehen. Ich glaube, daß man in Paris darüber einig war, daß in den Montants auch 6% Urteilszinsen einzubeziehen sind. (Ministr dr Beneš: Ano!) Wie ich höre, steht das ungarische Finanzministerium heute auf dem gegenteiligen Standpunkte und es wäre wünschenswert, wenn von Seite unserer Regierung in irgendeiner Weise klar unser Standpunkt betont werden würde, denn es handelt sich, wie ich schon sagte, um große Ansprüche von èechoslovakischen Staatsbürgern. Ich will die juristische Frage nicht aufrollen, was mit diesen Ansprüchen èechoslovakischer Staatsbürger, die durch das Abkommen ein bißchen zu kurz gekommen sind, noch geschehen kann, ob nicht die Möglichkeit besteht, noch einmal zu Gericht zu gehen und gegen Ungarn trotz des Übereinkommens diese Ansprüche durchzusetzen. Ob nicht ferner Ansprüche gegen den eigenen Staat bestehen auf Schadloshaltung. Ich verzichte darauf, diese Fragen aufzurollen, denn ich bin der Ansicht, daß es insoweit eine Schädigung der èechoslovakischen Staatsbürger durch die Verträge erfolgt ist, Aufgabe der Regierung wäre, an eine freiwillige Entschädigung der eigenen Staatsbürger zu schreiten. Denn meiner Ansicht nach ist die Sache so: Aus allgemeinen staatsfinanzpolitischen und allgemeinen politi schen Erwägungen ist es zu einem Kompromiß gekommen, das wir verstehen und begrüßen. Wenn aber dadurch private Interessen unter den Schlitten gekommen sind, so soll der Staat nicht auf den Rücken von einzelnen Privatpersonen seine eigenen Zwecke fördern, sondern eine entsprechende Entschädigung eintreten lassen und er soll diese entsprechende Entschädigung auch in einer ganzen Reihe anderer Fälle eintreten lassen.
Hieher gehört die Frage der Heereslieferanten, die noch nicht befriedigt sind, ferner auch die Frage der Kriegsanleihe, die schon von mehreren Seiten hier aufgeworfen wurde. Der Herr Minister des Äußern hat sich im Ausschuß über diese Frage geäußert. Aber er wird mir verzeihen - ich glaube, daß seine Antwort eine abwegige war, es hat niemand von uns, auch nicht der Abg. Zierhut, behauptet, daß diese Frage nicht international längst erledigt wäre. International ist die Frage der Kriegsanleihen zweifellos durch die Friedensverträge erledigt und das hätte uns der Herr Minister des Äußern nicht besonders sagen müssen. Aber worum es geht, das ist, daß der Staat nunmehr, nachdem er das ganze Reparationsproblem gelöst vor sich hat, nachdem die so großen Hemmungen, die uns früher immer gegen eine befriedigende Bereinigung der Kriegsanleihefrage vorgeführt wurden, weggeräumt erscheinen, daran denken sollte, aus freien Stücken eine entsprechende Remedur eintreten zu lassen.
Wenn ich schon von den eigenen Staatsangehörigen rede, ist noch etwas zu sagen. Wir haben Stiftungsvermögen bekommen, wir verwenden es zwar schon eine ganze Reihe von Jahren soweit die Pálffystiftung in Betracht kommt, aber formell sind wir erst heute berechtigt, über dieses Vermögen der Pálffystiftung und andere Güter zu verfügen. Dieses Vermögen sollte in erster Linie dazu verwendet werden, um die stark im Argen liegende soziale Fürsorge für die studierende Jugend zu beleben. Was wir sowohl auf èechischer wie deutscher Seite an Stiftungen für die studierende Jugend besitzen, ist absolut unzulänglich. Wenn wir heute an der Fakultät oder Universität Stiftungen mit einem Jahresbezug von 150 oder 240 Kè ausschreiben müssen, so ist das etwas, worüber nicht nur die Studenten sondern auch die Hühner lachen und was dazu führt, daß die Stiftungen überhaupt außer Bewerbung bleiben, oder an jemanden verliehen werden, der sie nicht verdient, weil man selbstverständlich bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine solche Stiftung nicht streng sein kann. Ich glaube daher, daß das Geld, welches wir bekommen haben, und das doch Stiftungszwecken zugeführt werden soll, dazu verwendet werden soll, um eine längst notwendige, großzügige Permutationsaktion für die Stiftungen durchzuführen. Wir wollen nicht hunderte kleine lebensunfähige Stiftungen für die studierende Jugend, sondern weniger, aber ausreichende Stiftungen haben. Allerdings sage ich von allem Anfang an: wir wollen eine angemessene Beteiligung der deutschen akademischen Jugend an diesen Stiftungen. Heute ist es nicht immer so, wobei ich dem Ministerium für Schulwesen und Volkskultur den geringsten Vorwurf mache. Aber wir haben in diesem Staate eine groteske Institution, das Hochschuldepartement des Landesamtes. Dieses Hochschuldepartement des Landesamtes ist überhaupt ein Anachronismus. Warum es noch existiert, weiß kein Mensch. Es ist einfach eine Zwischenstellte zwischen dem Ministerium und der Universität, trotzdem diese beiden Instanzen gar keine Zwischenstelle zwischen einander brauchen. Die Universität in Preßburg, die rä umlich entfernt vom Ministerium liegt, hat dieses Zwischenglied nicht, im alten Österreich hatten die Wiener Hochschulen dieses Zwischenglied rein bürokratischen Charakters auch nicht. Wir brauchen es absolut nicht, weil sich der Verkehr zwischen den Hochschulen und dem Ministerium für Schulwesen und Volkskultur im allgemeinen in reibungsloser Weise vollzieht. Wenn noch dazukommt, daß dieses Hochschuldepartement des Landesamtes seine Hauptaufgabe darin erblickt, die deutschen Hochschulen in sprachlicher Hinsicht und auch sonst zu schikanieren, so bin ich dafür, diese überflüssige Institution endgültig zu rasieren. (Sehr gut!) Das wäre auch ein sehr richtiger Anfang der Rationalisierung der öffentlichen Verwaltung. In dieser Hinsicht stehen wir deutschen und èechischen Kollegen von den Hochschulen auf einem Standpunkt.
Ich will ein Beispiel geben, wie da vorgegangen wird. Abgesehen davon, daß dieses Hochschuldepartement seine Aufgabe darin erblickt, einen seit mehr als einem Jahrzehnt eingebürgerten und bewährten sprachenrechtlichen Zustand aus eigener Machtvollkommenheit zu durchbrechen, geht es auch folgendermaßen vor: Das Ministerium schreibt einen Stipendienkonkurs aus, vollkommen rechtzeitig, bestimmt eine Frist, diese Frist läuft - ich nenne eine Hausnummer - am 12. Mai ab. Das Ministerium schickt rechtzeitig den Erlaß an das Hochschuldepartement des politischen Landesamtes und dieses Departement übermittelt die Konkursausschreibung zur Aushängung an der Tafel der deutschen Universität am 11. Mai, wenn am 12. Mai die Konkursfrist endigt. Gott sei Dank ist dem Herrn Taschke seine Absicht nicht gelungen, wir haben auch am 11. noch jemanden gefunden, der sich um das Stipendium bewerben kann. So arbeitet man nicht seriös. Gestatten Sie, daß ich diesen kleinen Exkurs auf ein Gebiet gemacht habe, das mir einigermaßen am Herzen liegt.
Ich kehre zu dem zurück, was Gegenstand der Debatte ist, und komme dazu, daß der Herr Minister des Äußern die Ergebnisse von Paris in einer Bilanz zusammengestellt hat. Der Minister des Äußern ist kein Bilanztechniker, er ist auch nicht verpflichtet, das zu sein. (Posl. Srba: To mu spoèítá parlament!) Bitte! Der Herr Minister des Äußern - ich will nur einige Ziffern herausgreifen - hat eine einigermaßen seltsame Methode. Er sagt z. B.: Von den 31 Milliarden, die wir nach den Friedensverträgen zu zahlen hatten, muß allerdings "ein wenig" auf die sogenannten fundierten und nichtfundierten Vorkriegsschulden abgestrichen werden. Wenn wir im Text weiterlesen, so finden wir, daß diese Abstriche 5 Milliarden betragen. Zweitens müssen wir feststellen, daß auch die Ziffer von 5 Milliarden nicht ganz richtig ist, sondern nach unserer Berechnung sind es 7 Milliarden. (Min. dr Beneš: Ja vám pøipustím 7!)
Zweitens sagt der Herr Minister des Äußern bei der Zusammenstellung der Bilanzziffern, daß wir durch den Fond B eine Ersparung von 226 Millionen machen. Sehr schön; machen wir aber wirklich eine Ersparnis von 226 Millionen? Ausgeschlossen aus dem Fond B sind die Kirchengüter. Die Aussichten der Erzherzogsprozesse schätzt der Herr Minister des Äußern gleich Null ein, und als ich ihn im Ausschusse fragte, was übrig bleibe, so sagte er: Ganz wenige Millionen für die Handelsgesellschaften u. s. w. Wir ersparen also nach dieser Rechnung nicht 226 Millionen, sondern wir ersparen diese paar Millionen, welche außerhalb der Kirchengüter und außerhalb der Erzherzöge die Ansprüche darstellen, welche durch den sichtsreich erklären ... (Min. dr Beneš: Pane kolego, ja bych vám vypoèítal právì vaším poètem, že získáme více než 226!) Wenn Sie die Erzherzogsprozesse plötzlich für aussichtsreich erklären ..... (Min. dr Beneš: Právì proto! Pak vyzískáme nìkolik set milionù!) Bitte schön, Herr Minister. Eines oder das anderes. Auch an anderen Stellen haben Sie sich in einem kleinen Irrtum befunden. Sie sagen, daß wir 172 Millionen ersparen durch die Annahme des sogenannten territorialen Prinzips bei Stiftungen. Der Herr Minister hat eifach die Summen gerechnet, die bei uns bleiben, aber die Summen, die in Ungarn bleiben, hat er nicht abgezogen. Ob das viele oder wenige Millionen sind, weiß ich nicht. Ich glaube, es wäre richtig gewesen, wenn man schon bilanziert, das zu erwähnen. Der Herr Minister hat diese besondere Methode der Mathematik, diese Exposémathematik (Veselost.), gar nicht notwendig. Wenn er mit einem schlechten Geschäft nach Hause gekommen wäre, würde ich verstehen, daß er den Wunsch hat, durch frisierte Ziffern den schlechten Eindruck zu verwischen. Er ist aber nach meiner Überzeugung mit einem guten Resultat nach Hause gekommen, und da hat man es nicht notwendig, die Aktivposten sehr dick und die Passivposten nur mit Haarstrichen geschrieben uns vorzuführen.
Die große Debetpost bleiben die 10 Millionen durch 37 Jahre, und daran knüpft nun ein großer Teil der Kritik an. Ich muß fast sagen, daß ich den Minister des Äußern um diese Kritik beneide. Jede Außenpolitik ist anfechtbar, auch die des Herrn Ministers Beneš, und wenn die Kritik als Angriffspunkte nichts anderes findet als diese 10 Millionen, die von der Riesenschuld übriggeblieben sind, muß ich sagen, daß das eine angen ehme und leicht widerlegliche Kritik ist. Besonders dann, wenn sich alles zuspitzt auf die Frage, ob diese 10 Millionen Dette de liberation heißen oder anders. Wir schauen auf diese Befreiungstaxe ganz anders als Sie. Wir sind sehr nüchtern. Wir müssen nur zahlen und sind nicht befreit worden. (Sehr richtig!) Aber wir wollen uns in Ihre Psyche hineindenken. Da können wir nicht verstehen, warum Sie es als entwürdigend empfinden, daß Sie jemandem, der Ihnen geholfen hat, sich zu befreien, etwas für diese Anstrengungen zahlen müssen. Wenn Sie schon etwas Entwürdigendes oder, ich will bloß sagen, Ignobles feststellen wollen, so ist es eher wenig nobel von den anderen, etwas zu nehmen für eine Befreiung, die sie angeblich aus rein idealen Motiven vorgenommen haben. Aber aus diesen Gründen zu zahlen ist meiner Ansicht nach nichts Kompromittierendens, es ist nur traurig, was wir ohne weiters zugeben. Abgesehen davon habe ich über die Zusammenhänge zwischen den 10 Millionen und der Dette de liberation meinen eigenen Standpunkt, den ich schon in meinen ersten Ausführungen zum Exposé des Herrn Ministers dargelegt habe.
Ich glaube, die Sache ist gar nicht so, wie sie immer dargestellt wird. Trotzdem es der Minister bestritten hat und mit Recht darauf verweisen kann, daß die 10 Millionen schon in Paris vor Haag festgesetzt waren und dann erst die Fonde A und B gekommen sind, wittere ich Zusammenhänge zwischen den 10 Millionen und den Zuschüssen der Großmächte in die Fonde A und B. Nicht deshalb, weil Snowden im englischen Parlamente das gesagt hat, sondern weil ich das auf Grund meiner Einblicke in die Psyche von Leuten, die zahlen müssen und suchen, woher sie zahlen können, erschließen kann. (Veselost. - Ministr dr Beneš: Tady se to dá dokázat, pane kolego!) Ich gebe selbst zu, daß Sie zeitlich vollkommen recht haben. In Paris sind 10 Millionen vereinbart gewesen, bevor die erste Haager Konferenz zusammentrat, und von den Fonden A und B ist von Brocchi erst im Haag gesprochen worden. Deshalb können Sie mit voller Ruhe sagen, es ist eine formelle Unabhängigkeit da. Inwieweit aber die Zuschüsse der Großmächte und die Bereitschaft dazu durch die 10 Millionen beeinflußt worden sind, ist eine andere Frage, und der Herr Minister des Äußern hat selbst gesagt, diese 10 Millionen, die wir jährlich durch 37 Jahre zahlen werden, waren die große Kanone, mit der wir die Großmächte zu ihren Zahlungen veranlassen konnten. Das sind Nuancen, kleine Unterschiede, im wesentlichen sind wir nicht so weit von einander entfernt. Ich sehe also nichts Entwürdigendes darin - verzeihen Sie, wenn ich als Außenseiter, weil ich nicht zu den Befreiten gehöre, mir ein Urteil anmaße - daß Sie für die Befreiung etwas zahlen müssen. Wenn Sie schon etwas Peinliches und Kompromittierendes in diesen Übereinkommen suchen wollen, werden Sie es schon finden. In der Tatsache z. B., die nunmehr international anerkannt ist, daß nach Ihren Bodenreformgesetzen die Entschädigung, die Sie zahlen, unangemessen ist und daß Sie mindestens 226 Kè für den Morgen betragen sollte. Sie werden das finden, trotzdem der Minister sagt, diese 226 Kè sollen nicht so genommen werden, denn sie sind nur in 4%igen Obligationen zu zahlen, deren Gegenwartswert zweifelhaft ist. Wie werden die Beträge gezahlt, die das Bodenamt bezahlt, bar oder auch in Obligationen? Wir sind doch, glaube ich, berechtigt, diese Zahl von 226 Kè mit dem Übernahmspreis des Bodenamtes zu vergleichen und wir kommen nicht darüber hinweg, daß international anerkannt ist, daß nicht angemessen entschädigt wird. Ferner ist noch eine Tatsache da, die auch nicht unpeinlich ist, daß nämlich, aus welchen Fonden und Titeln immer, die ungarischen Großgrundbesitzer mehr bekommen als die inländischen Eigentümer, die bis zu 100% Steuerträger sind und schon unter diesem Gesichtspunkte mehr berücksichtigt werden müßten. (Souhlas.) Ich konstatiere diese Peinlichkeit, will aber nicht ungerecht sein. Diese Peinlichkeiten sind nämlich nicht die Folge von Haag und nicht die Folge von Paris. Denn Sie hätten Zauberer nach Paris und Haag schicken können: Sie hätten nie die internationale Anerkennung durchsetzen können, daß Ihre Bodenreform unter angemessener Entschädigung, also gerecht erfolgt ist. Die Peinlichkeiten liegen also begründet in der Bodenreformgesetzgebung, für die sämtliche èechischen Parteien des Parlamentes voll verantwortlich sind.