Ètvrtek 17. bøezna 1927
Das in Verhandlung stehende Gesetz über
die Bauförderung ist nichts anderes als ein weiterer
Beweis des Klassencharakters der jetzigen Regierung. Die deutsch-èechische
Koalition hat nicht die Absicht, die Wohnungsnot der armen arbeitenden
Schichten zu beseitigen, den Wohungswucher und die Bodenspekulation
zu beheben, sondern sie will es mit Hilfe dieses Gesetzes ermöglichen,
daß sich die bemittelten Schichten auf Kosten der Allgemeinheit
bereichern. Die ganze Gesetzesvorlage bedeutet ihrem Inhalte nach
ein Geschenk an die Bourgeoisie, die durch Enteignung von Staats-
und Gemeindegründen sich bereichern kann. Dabei wird den
privaten Grund- und Bodenbesitzern Tür und Tor für eine
wucherliche Bauplatzspekulation geöffnet. Der Klassencharakter
des ganzen Gesetzes ist schon dadurch gegeben, daß große
Massen der armen Bevölkerung in elenden Hütten, Kellern,
und Dachwohnungen ein fürchterliches Dasein fristen müssen,
während die Bourgeoisie daran geht, sich auf Grund dieser
Vorlage Villen zu bauen. Wohl wird im Motivenbericht sowie von
den Berichterstattern von einer abnormalen Zeit und einer Krise
im Baugewerbe gesprochen, doch wird nichts unternommen, die Wohnungsmisere,
die sich schon zu einem Skandal entwickelt hat, zu beheben. Es
wird in diesem Staate für die Allgemeinheit keine Wohnungspolitik,
sondern private Hausbaupolitik betrieben, die nicht davor zurückschreckt,
Staats- und Gemeindegrund für ihre Zwecke auszunützen
und der privaten Bodenspekulation Vorschub zu leisten. Nirgends
treten die Vorrechte der Bourgeoisie so kraß zu Tage, wie
gerade auf dem Gebiete des Wohnungswesens. Die schönsten
und gesündesten Viertel werden von der Bourgeoisie bewohnt,
die reinsten, mit Gärten und Bäumen bepflanzten Straßen
sind von der besitzenden Klasse bevölkert. Die arbeitende
arme Bevölkerung ist dagegen in die Vorstädte verjagt,
die ein Herd von Epidemien und Laster werden, wie wir es in allen
Staaten ohne Ausnahme sehen. Die bürgerlichen Familien bewohnen
mit allem möglichen Komfort ausgestattete Wohnungen, deren
Zimmeranzahl die Insassen übersteigt und schaffen sich so
alle Annehmlichkeiten des Familienlebens. Die Arbeiter hingegen
werden in einzelnen Zimmern, kleinen Kammern, Dach- und Kellerwohnungen
alter, verfallener, jeder sanitärer Vorschrift hohnsprechender
Häuser zusammengepfercht oder hausen in Baracken, Scheunen
und allen möglichen Magazinen, die ein schreiendes Verbrechen
der heutigen kapitalistischen Zeit bedeuten. Den ganzen Tag der
Fabriksluft, Staub und Rauch ausgesetzt, muß der Arbeiter
die ganze Nacht in einem Raume zubringen, wo häufig 5 bis
8 Personen schlafen.
Es ist daher nichts Verwunderliches, wenn statistisch
nachgewiesen wird, wie schnell die Menschen in den Arbeitervierteln
sterben, deren Arbeitstag lang, Arbeit schwer, Lohn gering, Wohnung
zu eng und deren Leben zu zu kurz ist. Einige Erhebungen in dieser
Richtung eine heftige Anklage gegen die bürgerliche Wohnungsfürsorge,
die eigentlich ein brutales Massenmorden ist. So beträgt
die Sterblichkeit in England 22 Personen auf 1000. In den Vierteln
der Bourgeoisie sinkt sie auf 17, in den eigentlichen Arbeiterbezirken
steigt sie auf 36 und in den Vierteln der ärmsten Bevölkerung
bertägt sie sogar 40 bis 50. In Belgiens Hauptstadt in Brüssel
stirbt einer von 29, in den besten Bourgeoisievierteln einer von
53, d. h. die Sterblichkeit in den Arbeitervierteln ist zweimal
so hoch wie in denen des Bürgertums. Die mittlere Lebensdauer
der Bourgeoisie, die in hellen, trockenen und warmen Wohnungen
lebt, ist fast 11/2mal länger als die
der Vorstadtbewohner, die auf Grund ihrer elenden sozialen Lage
gezwungen sind, in finsteren nassen Löchern zusammengepfercht
zu hausen. In Budapest betrug die mittlere Lebensdauer der Personen,
die im Alter über 5 Jahre gestorben sind, bei ein bis zwei
Bewohnern auf ein Zimmer 47,16 Jahre, bei zwei bis 5 Bewohnern
auf ein Zimmer 39,51 Jahre, bei 5 bis 10 Bewohnern auf
ein Zimmer 37,10 Jahre und bei 10 und mehr Bewohnern auf ein Zimmer
32,03 Jahre. Aus diesen Ziffern, die in der Èechoslovakei
nicht viel anders sind, ersehen wir: Je schlechter die Wohnverhältnisse,
desto größer die Sterblichkeit,
desto kürzer das Leben.
Noch mehr wächst die Sterblichkeit unter
den Arbeiterkindern im Verhältnis zu der Bourgeoisie. Beim
Bürgertum, wo auf 1 Person ein Zimmer entfällt, sterben
Kinder bis zu einem Jahre viermal in der Anzahl weniger als in
Wohnungen, wo auf jedes Zimmer drei Bewohner entfallen. Im Alter
von 1 bis 5 Jahren ist die Sterblichkeit in den Bourgeoisiewohnungen
zweimal geringer als unter den Arbeitern. Die Arbeiter müssen
in ihren verpesteten dunstigen Wohnungen nicht nur durchschnittlich
um 15 Jahre früher sterben, sondern sie müssen dieses
Vergnügen auch noch sehr teuer bezahlen. Der Wohnungszins
verschlang immer einen großen Teil des Arbeitsverdienstes,
u. zw. ungefähr 15 bis 25% des gesamten Monatseinkommens
und dabei sind die Ausgaben ständig im Steigen begriffen.
Alle statistischen Erhebungen haben ergeben, daß je geringer
die Einnahme, desto größer der Prozentsatz für
die Wohnung; je größer die Einnahme, um so kleiner
die Ausgabe in Prozenten für die Wohnung, die bei der Bourgeosie
ungefähr sechsmal geringer ist. Die große Teuerung,
die elenden Verdienstmöglichkeiten und die Wohnungsnot versuchen
die breiten Massen dadurch auszugleichen, daß sie zu dem
Mittel der Untermieter greifen, um so ein wenig ihr Budget in
Ordnung zu bringen. Durch Einschränkung auf das äußerste
vermieten sie ihre ohnedies kleine Behausung an Fremde. Die daraus
entspringenden Nachteile liegen klar auf der Hand. Kinder beiderlei
Geschlechtes müssen mit den Eltern und oft mit Fremden im
gleichen Raume schlafen, und dieser Zustand ist so die Ursache
der Zerrüttung des Familienlebens, der ökonomischen
und moralischen Grundlage der Familie, aber insbesondere der heranwachsenden
Jugend. So sagt Forel: "Wenn Vater, Mutter und Kinder in
derselben Stube nicht nur wohnen, kochen und essen, sondern auch
schlafen und oft sogar in gleichem Bett zusammen liegen, bleibt
für das Schamgefühl wohl keine Stelle übrig. Die
Kinder wohnen direkt dem Begattungsakte ihrer Eltern bei und werden
von frühester Jugend in schmutzigster Weise mit den sexuellen
Verhältnissen bekannt." Die Früchte der jämmerlichen
Wohnungsverhältnisse bleiben denn auch nicht aus. Wer durch
die engen, elenden Wohnungen der Vorstadtbewohner geht, in welchen
die Armut haust und in denen die Kinder aufwachsen, der wird leichter
eine Erklärung für so manches Verbrechen finden. Es
ist nicht so schwer, von hoher Warte aus gegen Unsittlichkeit
und Unmoral Worte zu finden, als in dumpfen, engen Wohnungen,
in Not und Entbehrungen allen Verlockungen zu widerstehen.
Dies sollten sich insbesondere die Christlichsozialen aller Nationen
ins Gewissen rufen und daran ermessen, welches Verbrechen sie
durch ihre Politik an dem Armen begehen. Doch das Gewissen der
deutschèechischen Koalitionsparteien zu wekken, erscheint
bei den heutigen Verhältnissen in diesem
Parlamente ganz hoffnungslos. Denn was sie einstens parlamentarische
Sitten und Demokratie nannten, enthüllt sich immer mehr als
eine brutale Diktatur der kapitalistischen Klasse, der nicht das
Wohl und Wehe der gesamten Bevölkerung im Sinne liegt, sondern
die maßlose Ausbeutung und Profitsucht auf Kosten der sozial
Schwachen. Ihre Sozialpolitik sinkt zur Komödie herab und
nur hin und wieder unternehmen sie den Versuch, durch kleine unwesentliche
Konzessionen die Massen zu täuschen, um sie mit dem heutigen
System auszusöhnen.
Auch die in der Debatte stehende Vorlage ist
nichts anderes als ein Täuschungsmanöver, hinter dem
sich die Profitsucht des Privatkapitalismus verbirgt. Sie verbergen
Ihre Intentionen hinter das Wort Provisorium und wollen so den
Anschein erwecken, als ob Sie die Absicht hätten, ernstlich
an eine Lösung der Frage zu schreiten, was Sie ja gar nicht
wollen, und in der privatkapitalistischen Welt ja auch nicht möglich
ist. Es ist nicht richtig, wenn behauptet wird, daß wir
uns in einer abnormalen Zeit befinden, wo eine Baukrise eingetreten
ist, die der Krieg verursacht hat. Denn Tatsache ist, daß
wir schon vor dem Kriege, also einer Ihrer Meinung nach normalen
Zeit, eine Wohnungsmiserie aufzuweisen hatten, die vielen Volkswirtschaftlern
Veranlassung gab, sich mit dieser Frage zu befassen. Die trostlosen
Wohnungsverhältnisse der armen Bevölkerung und die hieraus
entspringenden sanitären und sozialen Gefahren veranlaßten
zur Veranstaltung von vielen Kongressen, die schauerliche Bilder
der Betroffenen entrollten. Wohl gab es leerstehende Wohnungen,
auf den Haustoren prangten die Ankündigungen "Zu vermieten",
doch der Arbeiter war durch die Hungerlöhne gezwungen, in
Löchern zu wohnen, da er die Mittel für eine gute gesunde
Wohnung nicht aufbringen konnte. Der jetzige Zustand ist nicht
viel anders, auch jetzt gibt es viele freistehende Wohnungen,
die aber durch wucherische Mieten und riesengroße Ablösungsgebühren
oder Baubeiträge für die Arbeiterschaft zu erhalten
unmöglich sind. So sind Hausbesitzer-, Bau- und Wohnungskrisen
eine ständige Begleiterscheinung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung,
die durch Kriege und Wirtschaftskrisen jeweils verstärkt
werden. So kennt Prag in den Jahren 1869 bis 1902 drei gewaltige
Baukrisen, die vorwiegend durch wucherische Bauspekulation hervorgerufen
wurden und die den Verfasser einer Studie über die Mietzinse
und Bodenwerte in Prag, Dr Mildschuh, zu der Feststellung zwingen:
"Denn die Spekulanten - es sind meist reiche Leute, Advokaten,
Fabrikanten, Geschäftsleute, Financiers, die ihr Kapital
festlegen können - kaufen den Boden meist, nicht um ihn bald
wieder weiterzuverkaufen,... es ist der spekulative Geist jener
Zeit, der die Bodenpreise erhöht." So weit sich feststellen
läßt, gelangten in den Jahren 1869 bis 1873 mindestens
110 Joch, d. i. ca 700.000 Quadratmeter in Holešovic-Bubna
in den Besitz von Spekulanten.
Denselben Spekulantentum mit Baugründen
leisten Sie durch dieses Gesetz Vorschub, in dem nach § 1
desselben in erster Reihe Staatsgründe für den Privaten
enteignet wer den sollen. Dadurch werden alle privaten Gründe
in der nächsten Umgebung automatisch steigen und durch Zurückhaltung
im Preise heraufgetrieben. Der Staat erhält für seinen
Besitz, wie es im Abs. 2 § 1 heißt, den ortsüblichen
Verkaufspreis, während die angrenzenden privaten Bodenspekulanten
auf Kosten des Staates Wucherpreise erzielen werden. Die Bodenspekulative
beginnt damit, daß sie sich in den Besitz verfügbaren
Landes setzt und einen weiten Ring um die Stadt legt. Mit der
Steigerung der Bodenpreise erhöhen sich auch die Herstellungskosten
der Häuser, umsomehr, da auch die gesamte Bauindustrie durch
Kartelle eine Erhöhung der Verkaufspreise der Baumaterialien
erreicht und infolgedessen die Mieten unerschwinglich werden.
Mit der Vorlage wird also an den bestehenden
Verhältnissen nichts geändert, sondern die Wohnungskrise
als schleichende Krankheit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung
stabilisiert. Während die Regierung für den Militarismus
jährlich Milliarden heraus wirft, hatte sie bis heute im
ganzen nur 2 4 Milliarden für die Bauförderung übrig.
Sogar die christlichsoziale "Deutsche Presse" ist zu
dem Ausspruche "eine furchtbare Anklage der Zivilisation"
gekommen, aber trotzdem werden die deutschen Christlichsozialen
für dieses Gesetz stimmen und mit demagogischem Janusgesicht
Sozialpolitik mimen. Wie wirkungslos das Gesetz für die Wohnungssuchenden
sein wird, zeigen uns die Ziffern von Prag. Nach den Ausweisen
des städtischen statistischen Amtes ergibt die Bautätigkeit
in Groß-Prag während der letzten drei Jahre folgendes
Bild: 1924 wurden 1278 Baubewilligungen erteilt, 1925 3196 und
1926 5329. Trotz der zahlreichen Neubauten wurden 1926 nur 5116
neue Wohnungen gewonnen, 1925 5359. Da wir in Prag ca 20.000 Wohnungssuchende
haben, so wird nur ungefähr 5000 Petenten entsprochen. 15.000
drücken sich als Untermieter unter den schlechtesten Bedingungen
durch und bei 10.000 Menschen hausen in Baracken um Prag, die
eine ständige Gefahr von Epidemien sind.
Aber nicht nur die vollständige Unzulänglichkeit
des Gesetzes zur Behebung der Wohnungsmisere kommt zum Vorschein,
sondern auch der antisoziale Charakter. Während bis jetzt
in allen Bauförderunggesetzen die Bestimmungen über
Preisgerichte enthalten waren, die die Aufgabe hatten, dem Preiswucher
der Bauindustrie einen Riegel vorzuschieben, sind sie aus dieser
Vorlage verschwunden. Dem Bauindustriekapital soll kein Haar gekrümmt,
der Profitsucht freie Bahn gelassen werden. In dem Augenblicke,
wo dem Baukapitalismus, den Bodenspekulanten keine fetten Gewinne
winken, sind sie an der Bautätigkeit des interessiert, und
darin liegt die Unmöglichkeit der Lösung der Wohnungsmiserie
im kapitalistischen Staate. Sie müssen also entweder auf
Kosten des Staates und der Gemeinde oder auf Kosten der Mieter
durch Abbau des Mieterschutzes und wucherische Mietzinse dem Baukapital
fette Gewinne zuschanzen.
Anders begegnen sie den Bauarbeitern in diesem
Gesetze. Das Kapitel II der Vorlage spricht von den Lohnschiedsgerichten,
die eine bedeutende Verschärfung gegen die Lohnbewegungen
der Arbeiterschaft und ihrer Gewerkschaften bedeuten. Mit Hilfe
dieser Bestimmungen soll der Versuch unternommen werden, durch
bürokratisch-fascistische Methoden jede Lohnbewegung abzuwürgen.
Das Organ des Ministerpräsidenten Švehla, der
"Venkov", brachte vor nicht langer Zeit eine Abhandlung
über die Funktion der Gewerkschaften, in welcher dem Bestreben
Ausdruck gegeben wird, die Gewerkschaften in den Dienst der Öffentlichkeit
und des Staates zu stellen, es sollen also die Gewerkschaften
nach Mussolinischem Muster zu Staatsorganen herabgesetzt werden,
um so dem schwankenden Kapitalismus die Stabilisierung leichter
zu ermöglichen. Diese Bestrebungen finden in dem Kapitel
II der Vorlage bereits ein bedeutendes Entgegenkommen; denn die
Fassung dieser Paragraphen ist nichts anderes als die Konkretisierung
fascistischer Methoden. Die Entscheidung der Lohnkämpfe soll
der Bürokratie ausgeliefert werden. Das System des Polizeistaates,
das in die berüchtigte Verwaltungsreform gelegt wurde, findet
auch bei den erwähnten Schiedsgerichten volle Anwendung.
Wenn der Einwand erhoben wird, daß auch in den früheren
Gesetzesvorlagen Schiedsgerichte enthalten waren, so ist darauf
zu erwiedern, daß die Fassung der einzelnen Paragraphe dieses
Kapitels in der heute verschärften reaktionären Zeit
eine ganz andere Bedeutung erlangten. Zu deutlich stehen uns die
Wirkungen des Schutzgesetzes, des Terrorgesetzes, die Auslieferung
von Abgeordneten, die Klassenjustiz in diesem Staate vor Augen.
Nicht anders wird die Wirkung dieser Gerichte sein.
Nach dem § 13 sind die interessierten
Organitionen verpflichtet, alle Massenstreite, die aus dem Arbeitsverhältnis
entspringen, dem Schiedsgerichte vorzulegen. Wie die Zusammensetzung
der Schiedsgerichte aussieht, sagt uns der § 14, wo an der
Spitze der Senate ein Berufsrichter steht, der ebenfalls das Stimmrecht
besitzt, und gegen deren Entscheidung es kein Rekursrecht gibt.
Wenn man bedenkt, daß der Senat aus zwei Arbeitgeber- und
zwei Arbeitnehmervertretern besteht, dem Berufsrichter das Stimmrecht
zusteht, so kann man sich sehr leicht die Entscheidungen dieser
so zusammengesetzten Senate vorstellen. Damit der Erfolg der Schiedsgerichte
für die Bourgeoisie ganz sicher ist, wurde gleichzeitig ein
ganzer Polizeiordnungskodex in Form von Geldstrafen hinzugefügt,
die der Berufsrichter als Vorsitzender aus eigener Machtvollkommenheit
erteilen kann, ohne daß gegen diese ein Beschwerderecht
besteht. Wenn z. B. die Arbeitervertreter gezwungen sind, energisch
die Forderungen der im Kampfe stehenden Arbeiter zu vertreten,
so können nach Gutdünken des Vorsitzenden, wenn er darin
eine Störung der Ruhe erblickt, die Beisitzer mit je 300
Kronen bestraft werden. Oder sind die Arbeiter nach der Sachlage
gezwungen, die Verhandlungen zu verlassen, so können sie
mit einer Geldstrafe von 300 Kronen, bei Nichterscheinung bis
2000 Kronen belegt und zum Ersatz der Verhandlungskosten verurteilt
werden. Solcher Geldstrafen gibt es noch mehrere, die einfach
vom Vorsitzenden diktiert werden und gegen die keine Berufung
erhoben werden kann. Daß die Bestimmungen gegen die Arbeiter
ausgelegt werden, ist bei der heutigen politischen Atmosphäre
erklärlich.
In der Fassung der Schiedsgerichte liegt ein
bestimmtes System, das in der Verwaltungsreform wiederkehrt, wo
man mit brutalen Polizeivorschriften, die von Bürokraten
gehandhabt werden, jeder Lohnkampf der Bauarbeiter abgewürgt
werden kann. Das ist, wie aus dem wenigen hier Angeführten
ersichtlich ist, ein trockener Fascismus. Die revolutionäre
klassenbewußte Arbeiterschaft, die in der kommunistischen
Partei organisiert ist, wird den schärfsten Kampf gegen diese
bürokratisch-fascistischen Methoden zur Abwürgung von
Lohnkämpfen aufnehmen und das reaktionäre Polizeiknüppelsystem
der deutsch-èechischen Regierung entlarven.
Und nun will ich mit einigen Worten die Vorkehrungen
streifen, die im proletarischen Sovjetrußland zur Behebung
der Wohnungsnot getroffen wurden. Die proletarische Revolution
vollführte eine vollständige Umwälzung durch. Die
Sovjetmacht trat an die Nationalisierung der großen Besitzungen
und der Bauindustrien heran, setzte die Wohnungszinse nach dem
Einkommen fest. In größeren Städten wurde eine
systematische Einquartierung der Arbeiter aus den Kellerräumen
in die bürgerlichen Villen und großen Häuser durchgeführt.
Außerdem werden die Arbeiter systematisch mit Möbeln
und Hausgeräten versehen. Die nationalisierten Häuser
werden vor Vernachlässigung geschützt. Indem aber die
Sovjetmacht in ausgedehntem Maße die Nationalisierung des
großkapitalistischen Hausbesitzes betreibt, hält sie
es für nötig, die Interessen des kleinen Hausbesitzes
aus den Reihen der Arbeiter, Angestellten und kleinen Leute zu
schützen. Die Wohnungsabteilungen der Sovjets üben die
Evidenzhaltung der freien Wohnungen und verteilen sie nach einem
bestimmten Plane. Die Anzahl und der Rauminhalt der Häuser
wird festgestellt und die Wohnungen an Familien und Einzelpersonen
dementsprechend vergeben. Und wenn in Sovjetrußland noch
Merkmale der Wohnungsnot sind, ist dies darauf zurückzuführen,
daß die Lotterwirtschaft des alten zaristischen Staates
nicht so rasch überwunden werden kann. Während in Sovjetrußsland
eine große Bautätigkeit sich entwickelt, werden die
kapitalistischen Staaten von Wohnungsnot und Baukrisen erschüttert.
Es muß die Arbeiterschaft, aber auch die ganze Bevölkerung
erkennen, daß die Wohnungsfrage in einem kapitalistischen
Staate allein nicht gelöst werden kann, sondern ihre Bekämpfung
nur eine Teilaktion gegen den Kapitalismus ist und mit der Bekämpfung
des Kapitalismus wird auch die Wohnungsnot bekämpft. (Potlesk
komunistických poslancù.)