Støeda 10. ledna 1849

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Nennbundsechzigste (XVII.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremstier

 am 10. Jänner 1849.

Tagesordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 9. Jänner 1849.

II. Zweite Lesung der Grundrechte.

Anfang: 10  1/4 Uhr.

Vorsitzender: Präsident S t r o b a c h. 

Auf der Ministerbank: Schwarzenberg, Stadion, Bach, Cordon, Thinnfeld.

Präs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Herren Deputaten ist anwesend. Ich erkläre die Sitzung für eröffnet, und ersuche den Herrn Schriftführer, das Protokoll über die gestrige Sitzung vorzulesen.

Schriftf. Gleispach (liest das Protokoll.)

Präs. Hat Jemand eine Einwendung gegen das vorgelesene Protokoll abzusprechen?  Da Niemand sich dazu meldet, so wird das Protokoll als richtig angenommen.  Ich ersuche den Herrn Schriftf. Ullepitsch das vorliegende Urlaubsgesuch vorzutragen.

Schriftf. Ullepitsch. Ich habe der hohen Versammlung mitzutheilen. daß die Zahl der bis heute angemeldeten Herren Abgeordneten 356 beträgt, wovon 21 auf Urlaub abwesend sind. Die Herren Abg. Cavalcabo, Clementi, Engelhafer, Wagner und Paul sind als krank gemeldet.

Präs. Der Abg. Trojan gleichfalls.

Schrifif. Ullepitfch. Auch habe ich der hohen Versammlung bekannt zu geben, daß der Herr Abg. Motyka von seinem Urlaube zurückgekehrt ist, und auf seinen ihm vor einigen Tagen von der hohen Kammer neuerlich bewilligten Urlaub verzichtet hat, weil sich die in seinem Urlaubsgesuche angegebenen Motive mittlerweile behoben haben. Nunmehr aber bittet der Abg. Petrijsein, laut eines in polnischer Sprache eingebrachten Gesuches, um einen zehntägigen Urlaub vom 10. Jänner angefangen, in hässlichen und Wirtschaftsangelegenheiten.

Präs Wünscht Jemand das Wort über das Urlaubsgesuch zu ergreifen? (Niemand.) Diejenigen Herren, die sich für die Bewilligung des Urlaubs gesuchtes aussprechen, wollen es durch aufstehen kund geben. (Majorität.) 

Schriftf. Ullepitfch. Eine vorliegende Eingabe des Herrn Abg. Wenzl Frost lautet wie folgt:

Hohe Reichsversammlung! Nachdem der ehrfurchtsvoll Gefertigte als Lehrdirektor und Religionslehrer an einem Taubstummeninstitute von Seiten seines Vorstandes wiederholt aufgefordert worden ist, seine Rückkehr aus der Ursache zu beschleunigen, weil bei der Schwierigkeit und eigentümlichen Beschaffenheit seines Beruffaches, eine Entbehrung desselben in die Länge hin schwer und hart gefühlt werden müßte, so legt er unterm heutigen Datum sein Mandat mit der beigefügten Bitte zurück, seinen Sitz in der hohen Kammer noch bis Ende dieses Monats einnehmen zu dürfen.

Kremsier am 9. Jänner 1849. Wenzel Frost m. p., Reichstagsdeputierter für den Bezirk Weißwasser in Böhmen, zugleich Lehrdirektor am Prager Privattaubstummeninstitute.

Präs. Ich glaube darüber dürfte kaum eine Debatte zu eröffnen sein, fordern das Ministerium angegangen werden, eine neue Wahl auszuschreiben.

Schriftf. Streit. Der Herr Abg. Winaricky legt aus ähnlichem Grunde sein Mandat nieder.

Präs. Es wird gleichfalls das Ministerium um die Ausschreibung einer neuen Wahl angegangen werden. Es liegen einige Interpellationen vor.

Schriftf. Streit. Es sind 3 Interpellationen des Abg. Pitteri, zwei davon sind sogar gedruckt. (liest.)

Interpellation an das Ministerium des Innern.

Farra ist ein Dorf nächst Gradinka im Küstenlande, wo im Anfange des vorigen Jahrhunderts ein Mitglied gedachter Dorfgemeinde Namens Jacob 

Pascoli starb, und eine letztwillige Anordnung folgenden Inhaltes hinterließ: Ich vermache den Fruchtgenus, meines aus Häusern, Gärten, Grundstücken und Kapitalien bestehenden Vermögens dem Weltpriester Franz Driussi gegen dem, daß sowohl er, als auch alle jene Weltpriester in infinitum et perpetuis temporibus, welche nach seinem Tode von der Gemeinde Farra zum Fruchtgenusse dieses Vermögens werden ernannt werden, wöchentlich dreimal in der Pfarrkirche von Farra die heilige Messe lesen, und dem Pfarrer in der Seelsorge und in allen kirchlichen Feierlichkeiten seinen ununterbrochenen Beistand leisten solle, damit dadurch die vermögenslose Gemeinde von der Last enthoben werde, einen Kooperator zu unterhalten. Nach dem Tode dieses Weltpriesters Franz Driussi wurde ein anderer Weltpriester zu diesem Fruchtgenusse berufen, welcher den Namen seines Vorfahrers führte, und welcher nicht ermangelt hat, den Willen des Stifters gewissenhaft bis am 14. März 1808, nämlich bis zu seinem Tode zu erfüllen. Da dieser Todesfall sich im Hause eines gewissen Franz Savio, welcher in Görz die Advokatur ausübte, zutrug, so übernahm er eigenmächtig und unberufen die Verwaltung des Vermögens, welches der frommen Stiftung des gedachten Pascoli zugehörte; und ohne darüber Rechnung zu legen, und den jährlichen Ertrag gerichtlich zu depositiren, führte er die gedachte Verwaltung bis zu seinem Tode fort, bis nämlich sein Sohn und Erbe Leopold Savio dieselbe übernahm, sie bis zu seinem im Jahre 1847 erfolgten Tode fortführte; wo sie sodann dessen Witwe und Erbin übernahm, und welche gegenwärtig dieselbe führt, ohne sich jedoch zu bekümmern, den jährlichen Ertrag zu depositiren, und über ihre Verwaltung dem §. 239 des Gesetzbuches gemäß, Rechnung zu legen.

Das Gubernium und das Fiscalamt des Küstenlandes;  das Kreisamt und das erzbischöfliche Konsistorium von Görz  und das Dekanat von Gradinka sind zwar von Seite der Gemeinde des Dorfes Farra, zu deren Vortheil der Pascoli diese fromme Stiftung angeordnet hat, mit zahllosen Bitten bestürmt worden, damit dafür gesorgt, daß der Wille des Stifters erfüllet; und der Savio Vater und der Savio Sohn und gegenwärtig dessen Witwe und Erbin verhalten werde, alle feit dem 14. März 1808 bezogenen Früchte und Einkünfte gerichtlich zu depositiren; darüber eine genaue Rechnung zu legen und dem §. 1035 des bürgerl. Gesetzbuches gemäß den Schaden zu ersetzen, welchen sie dadurch verursacht, daß sie sich in die Verwaltung eines fremden Vermögens unberufen eingemengt haben. Aber alle diese Bitten, alle diese Vorstellungen, alle diese Betreibungen wurden bisher, nämlich seit dem Jahre 1808, folglich feit 40 Jahren vergeblich. Das Fiscalamt als gesetzlicher Vertreter der frommen Stiftungen hat zwar den wiederholten Auftrag erhalten, seine Amtspflicht 

zu erfüllen; aber anstatt sich an die Witwe Savio zu wenden, in deren Händen sich das zu reklamierende Vermögen befindet, hat sich gedachtes Fiscalamt an den Franz Driussi, welcher schon vor 40 Jahren gestorben ist, gewendet; und anstatt diese so wichtige und so dringliche Angelegenheit mit Eifer und ohne Verzug zum Ziele zu führen, hat es dieselbe unter dem Vorwande liegen lassen, daß einer der Fiscaladjuncten sich in der Pauluskirche zu Frankfurt als Abgeordneter für Istrien, befinde, und folglich nicht Zeit hat, sich mit den fiscalämtlichen Angelegenheiten zu beschäftigen 

In dieser für die Gemeinde Farra sehr traurigen Lage findet sich unterzeichneter Reichstagsabgeordneter für Friaul und folglich auch für die obgedachte Gemeinde, notgedrungen, an das hohe Ministerium des Innern die Frage zu stellen, ob es geneigt sei, diesem Übelstande, welcher bereits 40 Jahre dauert, endlich ein Ende zu machen und zu bewirken, daß der Wille des frommen Stifters Jacob Pascoli, nach einer 40jährigen Unterbrechung erfüllet, und der Gemeinde Farra der Schaden ersetzt werde, welcher von Seite des Leopold und Franz Savio und ihrer Erbin, Witwe Savio in einer bösen Absicht, von Seite aber der obgedachten Behörden, aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit und des gehörigen Fleißes, folglich aus Verschulden, verursacht worden ist.

Pitteri m. p., Reichstagsabgeordneter.

Präs. Diese Interpellation wird dem Ministerium mitgetheilt werden.

Schriftf. Streit. Es ist abermals eine gedrückte Interpellation, und zwar an das gesammte Ministerium (liest.)

Interpellation an das Gesamtministerium.

Am 11. April 1838, folglich vor elf Jahren habe ich bei dem Triester Mercantil und Wechselgerichte 266 fl. 43 kr.; und am 23. Februar 1842, folglich vor sieben Jahren, habe ich bei dem dortigen Stadt und Landrechte 533 fl. 53 kr. gerichtlich und unter der ausdrücklichen Bedingung depositirt, daß diese beiden Depositar nur zurückgestellt werden sollen, sobald mein Hofrekurs, der damals noch anhängig war, zu meinen Gunsten und respective zu Gunsten des Rechts und der Gerechtigkeit entschieden werden würde, sobald nämlich entschieden werden würde, daß ein ex officio Vertreter für die Tax und Stempelgebühren der von ihm aus Amtspflicht vertretenen armen Parteien nicht zu haften habe, denn es wäre eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, wenn der ex offoicio Vertreter, nach dem er seine arme Partei unentgeltlich vertreten, und für sie Mühe und Zeit verloren hat, er auch für sie die Stempel und Taxen dem Staate ans Eigenem vergüten mußte.

Dieser Hofrekurs ist endlich am 5. April 1845 nach einer fünfjährigen Erörterung zu meinen Gunsten und eigentlich zu Gunsten und im Interesse 

der Gerechtigkeit von Sr. Majestät entschieden worden, welche Allerhöchste Entscheidung mir am 18. Mai 1845 zu dem Ende mitgetheilt wurde, damit in Folge derselben ich mir meine zwei Depositar von 266 fl. 43 kr. und von 533 fl. 53 kr. zurückstellen lasse; denn beide diese Depositar betreffen Stempel und Taxen, welche zur Last der von mir ex officio vertretenen armen Parteien vorgemerkt waren, für welche ich nicht hafte, denn die Haftung der Advokaten für die Taxen ist nur für die reichen Parteien anwendbar, für jene nämlich, deren Vertretung sie freiwillig übernehmen, und sich von ihnen einen Geldvorschuss leisten lassen, um die Taxen zu bestreiten. Mit Hilfe dieser mir schon am 18. Mai 1845 zugestellten Allerhöchsten Entscheidung habe ich das Triester Mercantil und Wechselgericht sowohl, als auch das Triester Stadt und Landrecht gebeten, meine zwei Depositar von 266 fl. 43 kr. und 533 fl. 53 kr. im Gesamtbetrag von 800 fl. 36 kr. alsogleich zurückzustellen, welches aber noch nicht geschehen ist, und zwar unter dem Vorwande, daß dieselben den Taxatoren ausgefolgt wurden, und die Taxatoren sich dieselben zugeeignet und mit derselben die Flucht ergriffen haben.

Da ich aber diese zwei Beträge mit der ausdrücklichen Bedingung depositirt habe, daß, sobald der damals noch anhängige Hofrekurs entschieden werden wird, sie m i r zurückgestellt und nicht, daß sie dem Taxsamte oder der Cameralverwaltung ausgefolgt werden sollen, so will und kann ich von dieser angeblichen Ausfolglassung keine Notiz nehmen, und will, daß das Merkantilgericht und das Stadtrund Landrecht, welche für die Heiligkeit und Unverletzlichkeit der Gelder, welche bei ihnen hinterlegt werden und wofür sie das Zahlgeld beziehen, in solidem zu haften haben, mir meine zwei Depositar ohne weiteres und ohne Entschuldigung zurückstellen, und den Schaden, den sie mir durch die Entbehrung meiner 800 fl. 36 kr. feit dem 15. Mai 1845 vergüten sollen.

Um diesen gerechten Zweck zu erreichen, habe ich mich 20 Mal an das Triester Mercantil und Wechselgericht gewendet, aber 20 Mal vergebens.

Ich habe mich 20 Mal an das küstenåländische Appellationsgericht zu Klagenfurt gewendet, aber 20 Mal vergebens.

Ich habe mich 20 Mal an die oberste Justizstelle gewendet, aber 20 Mal vergebens!

Ich bin daher genöthigt, das gesammte hohe Ministerium hiermit zu interpellieren und zu fragen:

1. ob es wahr ist, daß ich im Monat Juni 1848 dem Ministerium der Justiz eine Bittschrift eingereicht und gebeten habe, mir jene 800 fl. 36 kr. ohne fernern Verzug und Ermüdung zurückstellen zu lassen, welche ich den 11. April 1838 beim Triester Merkantilgerichte im Betrage von 266 fl. 43 kr. und den 23. Februar 1842 beim Triester Stadt

und Landrechte im Betrage von 533 fl. 53 kr. depositirt habe? und 

2. warum feit 6 Monaten über diese meine gerechte Bitte weder ein günstiger noch ein ungünstiger Bescheid erfolgt sei, da es sich doch um eine sehr dringliche und zugleich sehr delikate Frage, nämlich, um Depositen handelt, welche heilig und unverletzlich sind, und welche auf jedesmaligen Begehren des Deponenten auf der Stelle und ohne den mindesten Verzug zurückgestellt werden müssen, und bei welchen keine Retention und keine Abrechnung Platz finden kann und darf?

 Pitteri,

 Reichstagsabgeordneter.

Abg. Rieger. Ich bitte um das Wort.

Präs. Eine Debatte über eine Interpellation ist nicht zulässig.

Abg Rieger. Ich wünschte nur zu wissen, wer die Kammer mit dieser Interpellation heimgesucht hat.

Schriftf. Gleispach. Ich habe den Namen verlesen. Pitteri.

Abg. Neumann. Ich erlaube mir über die Interpellation selbst eine Bemerkung zu machen.

Abg. Löhner. Ich bitte, es ist keine Debatte zulässig.

Abg. Neumann. Interpelliren heißt: eine Beschwerde oder ein Gesuch im Namen seiner Committenten, oder zum allgemeinen Besten an die Exekutivgewalt richten, aber nicht in einer individuellen Angelegenheit; in letzterer Beziehung gehört es an den Petitionsausschuß.

Präs. Ich muß bitten, sich jeder Debatte zu enthalten, weil die Interpellation, wenn das Ministerium anwesend gewesen wäre, demselben unmittelbar zur Kenntniß gebracht worden wäre.

Schriftf. Streit. Es liegt noch eine dritte schriftliche Interpellation desselben Abgeordneten vor, welche lautet:

Interpellation an das Gesamtministerium.

Da die Thronrede vom 22. Juli 1848 die inhaltsschweren Worte enthält, daß der Krieg in Italien nicht gegen die Freiheitsbestrebungen der italienischen Völker gerichtet fei; so wurden am 7. und 9.August 1848 an das hohe Ministerium folgende Fragen gestellt:

1. Ob es die nöthigen Schritte gethan habe, um diese Freiheitsbestrebungen zu begünstigen oder wenigstens, um zu verhindern, daß dieselben von irgend einer Seite von oben oder von unten hintertrieben, erschwert, oder gar unmöglich gemacht werden?

2. Ob es nach Italien volkstümliche Vertrauensmänner geschickt habe, um das schöne, das edle, das göttliche Werk der Pacificirung der dortigen Völker zu Stande zu bringen?

3. Ob es dem, in dem lombardischvenetianischen Königreiche commandirende Feldmarschall die Weisung ertheilt habe, daß er die Bewohner dieselkönigreiches im Geiste des Friedens, folglich im Wege der Milde, der Güte, der Liebe, der Versöhnung und der Humanität behandeln solle?

Auf die erste und zweite Frage hat der damalige Minister des Innern die Zusicherung gegeben, daß das Ministerium in Betreff der Politik, welche es in Italien beobachtet wissen will, genau dargestellt habe; nämlich, daß es strenge an dem festhalten wolle, was in der Thronrede dießfalls ausgedrückt worden ist, und daß zu diesem Ende alles Mögliche geschehen sei.

Auf die dritte Frage aber, hat der damalige Kriegsminister erklärt, der Feldmarschall habe in Lodi mit dem englischen Gesandten eine Unterredung gehabt, und es sei zu hoffen, daß Mailand sich ohne Widerstand, wie es Pavia gethan, ergeben werde. 

Daß diese den Volksvertretern feierlich gemachten Zusicherungen nicht in Erfüllung gegangen sind, beweisen folgende Thatsachen:

a) Die Thatsache, daß, um Italien zu pacificiren, ein Congress noch nicht zu Stande gekommen ist, sondern daß er erst zu Stande kommen wird; und zwar, nicht in Italien, als ob in Italien keine Stadt vorhanden wäre, um würdig zu sein, daß innerhalb ihren Mauern ein Congress gehalten werde, sondern in der Hauptstadt Belgiens; und

b) die Thatsache, daß die Stadt Mailand, obgleich sie sich freiwillig und Kraft einer Capitulation ergeben hat, alsogleich in Belagerungs-  Zustand erklärt wurde, und daß die Einwohner theils mit Pulver und Blei vertilgt, theils durch Confiscationen, durch Kontributionen und durch Requisitionen an den Bettelstab gebracht worden sind, und fortwährend noch gebracht werden. 

Ich stelle demnach an das hohe Ministerium folgende Fragen:

1. Wie kommt es, daß zur Pacificirung Italiens feit fünf Monaten, das ist seit dem Monate August 1848 noch nichts geschehen ist, nachdem der Herr Minister des Innern am 7. und 9. August im Angesichte der hohen Kammer feierlich versichert hatte, daß alles Mögliche bereits geschehen fei. 

2. Da es sich um die Pacificirung Italiens handelt, warum wird der dielfällige Congress in Belgien und nicht in Italien gehalten?

3. Warum werden zu diesem Pacisicirungscongreß nicht auch die Vertreter der Völker Italiens gezogen; nämlich, die Vertreter des Volkes von Sizilien, von Neapel, von Rom, von Toskana, von Moden, von Parma, von Sardinien, von der Lombardien und von Venedig?

4. Sind die österreichischen Truppen, welche die Staaten von Moden und Parma besetzt halten, von den Völkern gerufen worden? Denn, wenn dieses nicht der Fall wäre, so wäre diese militärische 

Besetzung gegen die Freiheitsbestrebungen der gedachten Völker gerichtet und stünde mit der Thronrede im offenbaren Widerspruche.

5. Ob kein Anstand obwaltet, daß die Instructionen, welche seit dem 1. Juli 1848 an den in Italien commandirende Feldmarschall erlassen, so wie alle Verhandlungen, welche wegen der ostgedachten Pacificirung Italiens gepflogen worden sind, auf den Tisch des Hauses zur beliebigen Einsicht der Volksvertreter niedergelegt werden?

Pitteri m. p., 

Reichstagsabgeordneter.

Präs. Diese wird gleichfalls dem Ministerium übermittelt werden. Den zweiten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die 2. Lesung der Grundrechte. Es ist gestern der Beschluß gefaßt worden, daß die Spezialdebatte über den §. 1 für geschlossen anzusehen fei. Die noch eingeschriebenen Redner haben ihre Generalredner gewählt und zwar diejenigen Herren, welche für sprechen, wählten den Abg. Löhner, jene, welche dagegen sprechen, wählten den Abg. Lasser. Ich ersuche den Herrn Abg. Lasser die Tribüne zu besteigen, weil der letzte Redner, der gestern gesprochen der Abg. Schuselka war, der dafür sprach.

Ich bitte, mir noch ein Wort zu gestatten. Der Herr Abg. Laufenssein ließ mir noch einen Antrag vom §. 1 zukommen, er lautet:,, Alle Staatsgewalt ruht im Volke und im Staats oder haupte, das mit dem Volke Eins ist. Sie wird auf die in der Constitution festgesetzte Weise ausgeübt. " Dieser Antrag ist mir erst heute zugekommen, und da gestern die Debatte für geschlossen erklärt wurde, so glaube ich nicht ermächtiget zu sein, ihn zur Unterstützung oder Abstimmung zu bringen.

Abg. Lasser. Eine zahlreiche Kohorte von Rednern, welche gegen den §. 1 der Grundrechte eingetragen waren (es waren unser nicht weniger als 24) haben mir die ehrenvolle Rolle zugetheilt, als sogenannter General  oder Collectiv  Redner in dieser hochwichtigen Frage die Tribüne zu besteigen. Diese Wahl siel auf mich, den minder Würdigen, gewiß nur deßwegen, weil meine politischen Freunde so gütig sind, mir ein ähnliches Verdienst zuzuweisen, wie es der Abg. Brauner in seinem Kreise mit Recht in einem höheren Grade für sich in Anspruch genommen hat, nämlich das geringe Verdienst, nicht bloß ein Gemäßigter, sondern auch maßhaltend und mäßigend zu sein, und das Verdienst nicht bloß in der Mitte zu sitzen, sondern auch für das Vermitteln einige Befähigung zu besitzen. Obschon Generalredner, muß ich doch gleich Anfangs erinnern, daß ich durchaus keine Instruction empfangen oder angenommen habe; und ich muß dieß erklären im Interesse derer, die mich gewählt haben, und in meinem eigenen Interesse. Im Interesse der mich wählenden Collegen, weil ich nur allein berufen, das Princip zu vertreten und an keine Instruction gebunden, im Voraus bekennen muß, daß, wo ich irre, und wo ich durch Weglassung oder Unterlassung fehle, dieß lediglich mein Irrthum und mein Fehler sei; und im eigenen Interesse, weil ich den mich wählenden Collegen, eben weil sie nicht meine Mandanten sind (was juridisch bei allen nicht an eine Instruction gebundenen Vertretern zu gelten hat) für den Fall, als ich ihrem Vertrauen nicht entsprechen sollte, im Vorhinein das Recht, mir ein nachträgliches Misstrauensvotum zu dekretieren, absprechen muß. (Heiterkeit.) Ich komme nun zur Sache selbst, nämlich zu dem Satze:,, Alle Staatsgewalten gehen vom Volke aus. " Dieser Satz in seiner Allgemeinheit ausgesprochen, erscheint mir als das Produkt staatsrechtlicher und philosophischer Spekulation. Man behauptet zwar, dieser Satz fei in der Theorie unbestreitbar, er sei eine ewige Wahrheit, er sei ein wesentliches Axiom des konstitutionellmonarchischen Princips. Diese Behauptungen scheinen mir aber leichter anzusprechen, als zu beweisen; und ich gestehe offen,. ich halte etwas auf das Beweisen; und selbst dort, wo man mir von unmittelbaren Offenbarungen spricht, stelle ich mich lieber gerne auf den Standpunkt des Abgeordneten für Berchtholdsdorf, der das Wissen und Erkennen dem Glauben vorzieht. Ich thue dieß mit um so mehr Recht, nachdem wir Gebirgsländler dafür bekannt sind, daß wir zwar in übersinnlichen Dingen recht gläubig sind, Dinge aber, die unser Verstand fassen und begreifen kann, lieber durch Prüfung und Selbstanschauung uns eigen machen, als auf bloße Autorität hin glauben wollen. (Beifall im Centrum.) Auch ich, meine Herren, habe einige metaphysische und staatsrechtliche Studien mitgemacht, und zwar nicht bloß in der Schule, und nicht bloß etwa feit dem 15. März, und ich habe dabei nicht bloß aus dem Rottekäschen Staatslexikon geschöpft. Bei dem Worte "Schule" muß ich einschaltungsleise bemerken, daß auch ich so glücklich war, wenn auch zwei oder drei Jahre später an derselben Hochschule und vor demselben Professor zu sitzen, wie jene beiden Herren, die gestern in der Rede des Herrn Abg. Schuselka erwähnt worden find, und ich kann Sie mit Beziehung auf diese Rede nur versichern, daß zu meiner Zeit derselbe Rechtslehrer die sogenannte Vertragstheorie mit ihren Consequenzen als antiquiert erklärt, und als mit den vorgeschrittenen wissenschaftlichen Forschungen unvereinbar verworfen hat. (Heiterkeit.) Ich komme nun auf das Wesentlichere, nämlich darauf zurück, daß meine Studien mich dahin geführt haben, daß der Satz: "die Quelle aller Staatsgewalten sei das Volk" zwar fortan von den Publizisten wiederholt und ausgebeutet worden ist, daß er aber von den eigentlichen Männern der Wissenschaft in seiner Allgemeinheit und namentlich in seiner Anwendbarkeit auf die erbliche Monarchie, besonders in der neueren Zeit, bestritten und verworfen wurde.

Wenn ich nun selbst auf die Gefahr hin, Bekanntest zu wiederholen, meine Ansichten über diese Theorie Ihnen vorzutragen mir erlaube, so entschuldiget mich das Beispiel mehrerer Redner vor mir, die gleichfalls in Theorien eingingen, es ermutiget mich, die Wichtigkeit der Sache, und es bewegt mich dazu noch ein höherer politischer Grund. In jener vielbesprochenen Erklärung vom 4. d. M. hat das Ministerium den §. 1 der Grundrechte als,, den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen unseres Staates nicht entsprechend" und zugleich sich gegen die Betheilung an dieser rein theoretischen Discussion erklärt. Ich bedaure  sie sehen meine Herren, daß auch ich dafür etwas zu bedauern finde  ich bedauere, daß dem Ministerium vielleicht nach diesen Aussprüchen der Vorwurf gemach.: werden könnte, als ob es diesem Satze selbst nur aus dem Wege gehen wollte. Mir wäre es viel angemessener erschienen, statt mit vornehmer Wegwerfung auf eine sogenannte Theorie hinzublicken, in die Sache selbst einzugehen, einen Grundsatz, dem man eine so große Tragweite zuerkannt, scharf ins Auge zu fassen und ihn allseitig abzuwägen; denn nur dadurch, daß man in die Geltung der Theorie selbst eingeht, daß man ein Princip prüfst, von dem doch immerhin höchst belangreiche Consequenzen abgeleitet werden müssen, nur dadurch wird man dahin gelangen, die tatsächlichen Verhältnisse unseres Staates nicht bloß deshalb, weil es das Ministerium erklärt, für rechtlich zu halten, sondern nachweisen zu können, daß sie wirklich vor dem historischen, vor dein Vernunftrechte gerechtfertigt seien, folglich im höheren Sinne zu Recht bestehen. Dieß sind die Gründe, meine Herren, die mich bewegen, in die theoretische Discussion selbst einzugehen. In subjektiver Hinsicht unterscheide ich in jedem Staate zwei Faktoren, das Herrschende und das beherrschende Element. So wie ich den Begriff "Staat" setze, so muß ich auch den Begriff des Herrschenden setzen, keines kann ohne das Andere, und das Eine nicht früher als das Andere gedacht werden, denn erst mit dem Momente, in dem ich ein bestimmtes Subjekt als Träger der Staatsgewalt, als Repräsentanten des auf die Erreichung des Staatszweckes gerichteten, und mit der notwendigen äußeren Gewalt ausgestatteten vernünftigen Willens  anerkenne, erst mit diesem Momente wird der Staat etwas Reales. Zwischen dem Individuum, das sich unterwirft und zwischen dem Elemente im Staate, welches sich als herrschendes darüber erhebt, ist nun ein steter Gegensatz, der seine Lösung durch die Staatseinrichtung finden muß.  Behufs dieser Lösung ist vor Allem nothwendig, Attribute beider Elemente in's Auge zu fassen und gegenseitig abzuwägen. Ich meine nur jene Rechte, welche dem Herrscher im Staate als solchen, bei was immer für einer Regierungsform zukommen, die Staatsgewalt, Souverain, denjenigen, der sich im Besitze dieser Hoheits-

rechte befindet, und ich nenne Volksrechte den Inbegriff derjenigen Rechte, die den Individuen theils als Einzelnen, theils in der Gesammtheit, ungeachtet ihrer Unterwerfung unter das herrschende Element, im Verhältnisse zur Staatsgewalt zuerkannt werden müssen.

Ich bitte Sie, meine Herren, diesen wesentlichen Unterschied zwischen Staatsgewalt und zwischen Volksrecht wohl zu beachten, und nicht etwa als eine bloße theoretische Erfindung über Bord zu werfen. Die Nichtbeachtung dieses Unterschiedes hat nur zu viele Mißverständnisse veranlaßt; die Beachtung desselben hingegen wird Sie vor Allem auf den Begriffsumfang der Grundrechte führen, einen Begriff, den wir in der bisherigen Discussion vermißt haben, und er wird sie führen auf die Constitution selbst, denn die Constitution ist eben der Inbegriff jener Rechtsregeln, welche in einem Staate die Organisation der Staatsgewalt und der Volksrechte, und ihr gegenseitiges Verhältniß normieren. Erlauben Sie mir nun nach dieser Unterscheidung die eigentliche Natur dieser beiden Potenzen näher zu erörtern. Zuerst von der Staatsgewalt. Seit lange bemühten sich Philosophen und Juristen den Rechtsgrund des Staates, d. h. den obersten Rechtfertigungsgrund, warum ein Staat und darin eine herrschende Gewalt bestehe, und warum Einzelne sich dieser herrschenden Gewalt unterworfen, aufzufinden. Ich will nicht sprechen von den historischen Theorien, weil wir uns ja bei der vorhabenden Discussion nicht auf dem positiven Boden bewegen; ich erwähne nur der rationalistischen Theorien, die zu oberst alle darin übereinkommen, daß sie den Rechtsgrund des Staates, in dem Rechtsgesetze selbst finden, daß sie das Bestehen des Staates, folglich auch das Bestehen der Staatsgewalt als ein Postulat der praktischen Vernunft erkennen, folglich den Rechtsgrund des Staates unmittelbar im Staatszwecke finden. Diese Theorien zerfallen aber wieder in zwei Schulen. Nach der Ansicht der Einen, genügt das bloße Bewußtsein der praktischen Vernunftforderung zum Bestehen des Staates; nach der Ansicht der Andern, muß noch ein weiterer Act dazu kommen, nämlich ein Willensakt oder ein Vertrag. Ich bekenne mich vor Allem selbst zu der ersten Ansicht, obwohl gerade Juristen es sind, die vielleicht an das Formalwesen zu sehr gewohnt, die letztere Theorie am meisten verfochten haben. Bei dieser letzteren Theorie muß ich aber etwas verweilen, weil der Satz:,, Alle Staatsgewalten gehen vom Volke aus" gerade ein Ausfluss der Vertragstheorie ist, und als solcher auch gestern von einem der Herren Redner ausdrücklich bezeichnet worden ist. Will ich nun den Satz selbst bekämpfen, so ist es nothwendig, daß ich die Mutter dieses Satzes, nämlich die Vertragstheorie selbst bestreite. Der Vertragstheorie, meine Herren, liegt Vorzugsweise ein doppeltes Motiv zu Grunde, erstens, das Bestreben, den Staat als einen sogenannten Rechtsstaat zu constituiren, das heißt, als einen Staat zu begründen, worin den Individuen gegenüber der Staatsgewalt, noch unantastbare und heilige Rechte zuerkannt werden, und zweitens, der Wunsch, auf die Folgerung zu kommen, daß die Staatsgewalt nur zum Besten des Staates und Volkes ausgeübt werden dürfe. Beide Motive, als so edel und richtig sie auch von mir bezeichnet werden müssen, genügen doch nicht, um die Theorie, die durch sie veranlaßt wurde, selbst zu rechtfertigen. Was das erstere Motiv betrifft, so frage ich, kann man denn überhaupt zugeben, daß unter irgend einem Verhältnisse, ein Individuum rechtlos werde? und brauche ich, um mir als Individuum das unveräußerliche, heilige Recht zu wahren, ein Rechtssubjekt zu bleiben, und im rechtlichen Zustande sich zu befinden; brauche ich dazu gerade im Staate eine vertragsmäßige Anerkennung? genügt nicht vielmehr dazu das Princip der Vernunftmäßigkeit des Staates selbst, und würde die Möglichkeit eines Zustandes der Rechtlosigkeit im Staate, nicht schon dem Principe des Staates selbst widersprechen, und zwar deßwegen, weil ein Zustand, wo Jemand rechtlos gedacht werden könnte, oder wo er, um dieß nicht zu sein, eines speciellen Actes, eine vertragsmäßige Anerkennung besitze, vor der Vernunft und vor den Rechtsgesetzen nun und nimmermehr begehen könnte.

Ich brauche mich also nicht auf eine Vertragstheorie zu berufen, damit ich dem Volke im Staate unverjährbare und unantastbare Rechte wahre. Was das zweite Motiv betrifft, so unterschreibe ich, und das, meine Herren, werden Sie ersehen aus dem gedruckten vor Ihnen liegenden Minoritätsvotum, das ich im ConstitutionsAusschusses gestellt, und worin ich als Aufgabe des Staates den Schütz der Rechte und die Förderung des Gesamtwohles bezeichnet habe, so unterschreibe ich unbedingt und vollständig den Satz, daß die Staatsgewalt zum Besten des Staates, zum Besten des Volkes, einzig und allein bestehen und ausgeübt werden dürfe. Dieser Satz, meine Herren, ist es, der ein für das Volk wahrhaft praktisches Axiom enthält, ein Axiom, das man am häufigsten und geläufigsten mit den Worten:"die Regierung ist um des Volkes willen, nicht das Volk um der Regierung willen da", ausspricht, ein Axiom, das von den Verfechtern des §. 1 der Grundrechte auch gestern als ein sehr triftiges Argument gehandhabt worden ist. Allein ich frage, ist denn der Grundsatz: "Alles für das Volk" identisch mit dem Satze: "Alles von dem Volke, aus dem Volke"; ist Zweck und Ursprung gleich ; habe ich nothwendig, um zu der Maxime zu gelangen: "die Staatsgewalt bestehe nur für das Wohl des Volkes und dürfe nur zum Besten desselben ausgeübt werden", habe ich da nothwendig,


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